
Aargauer Bürgerliche wollen Flüchtlingen Sozialhilfe kürzen – das sorgt für heftige Kritik
«Für die Bevölkerung ist es unverständlich, warum Personen, die teilweise keinen einzigen Tag gearbeitet haben, die gleichen Sozialhilfeleistungen erhalten wie Schweizer, die jahrelang Steuern und AHV-Beiträge bezahlt haben.» Das ist das Hauptargument von einigen bürgerlichen Gemeindepolitikern, die per Motion eine Abstufung der Sozialhilfe verlangen. Zu den Motionären zählen Martina Bircher (SVP, Aarburg), Renate Gautschy (FDP, Gontenschwil) und Susanne Voser (CVP, Neuenhof).
Ein zweiter Vorstoss will Gemeinden mehr Kompetenzen bei der Sozialhilfe geben. Federführend ist hier Adrian Schoop, der FDP-Grossrat und Gemeindeammann von Turgi sagt: «Aus meiner Sicht muss eine differenzierte Behandlung der verschiedenen Gruppen in der Sozialhilfe möglich sein.» Er verstehe nicht, wieso mit den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) im Aargau ein starres System gelte, das kaum Spielraum für regionale Unterschiede lässt.
Verweis auf Genfer Konvention
Staaten gewähren Flüchtlingen die gleiche Fürsorge und öffentliche Unterstützung wie Einheimischen.» Dieser Satz aus der Genfer Flüchtlingskonvention, die auch die Schweiz unterzeichnet hat, ist das Hauptargument des Netzwerks Sozialer Aargau. Die Forderungen der bürgerlichen Gemeindepolitiker seien diskriminierend und untauglich, heisst es weiter in der Mitteilung des Netzwerks, dem zehn Organisationen angehören. Es sei offensichtlich, dass die Motionäre vor allem anerkannte und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge im Blickfeld haben. Es wäre aus Sicht des Netzwerks aber zynisch, Flüchtlingen einerseits den Asylstatus zu geben und ihnen gleichzeitig nicht die notwendige Hilfe für ein Leben in Würde zu gewähren.
Pool für Sozialhilfekosten?
Es wirke hilflos, die Kassen auf Kosten der Schwächsten zu sanieren. Das Netzwerk anerkenne zwar, dass viele Gemeinden durch hohe Sozialhilfeausgaben belastet seien. Doch die Sozialhilfequoten sind sehr unterschiedlich. So beziehen in Seengen nur 0,4 Prozent der Einwohner Sozialhilfe, in Aarburg sind es 5,3 Prozent. Insgesamt liegen die Sozialhilfekosten im Aargau laut dem Netzwerk aber deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt. Statt die Ansätze für gewisse Gruppen zu senken, müsste eine Regelung eingeführt werden, welche die Sozialhilfe-Kosten solidarisch und gleichmässig auf alle Gemeinden verteile. Leider sei eine solche Lösung, die es zum Beispiel in Bern und Solothurn gibt, beim neuen Finanzausgleich abgelehnt worden. Abzulehnen sind aus Sicht des Netzwerks auch die zwei bürgerlichen Sozialhilfe-Vorstösse, die morgen im Grossen Rat behandelt werden.