Kriminelle dürfen nicht als Sieger vom Platz

Samstag vor einer Woche. Stunden vor einem Fussballspiel zwischen dem FC Zürich und dem Grasshopper-Club kommt es in der Stadt Zürich zu Ausschreitungen. Stühle und Eisenstangen fliegen, die Polizei setzt Wasserwerfer ein und schiesst mit Gummischrott. 22 Uhr, das Spiel ist aus. Ein Mob aus Hunderten von Fussball-«Fans» marodiert erneut auf den Strassen. Flaschen und Steine fliegen gegen fahrende Autos. Ein 22-Jähriger wird mit einem Messer attackiert – ein 14-Jähriger spitalreif geschlagen.

Dieses Wochenende das Spiel Zürich gegen Basel und Grösstaufgebot der Polizei. Auf den Strassen war weitgehend Ruhe – «nur» eine Behinderung des öffentlichen Verkehrs, weil es ein Basel-Chaot lustig fand, im Zug die Notbremse zu ziehen. Die Folge: Zugsausfälle und Verspätungen. Wer sich einen Abend im Opernhaus leistet, scheint gut beraten, diesen künftig mit dem Spielplan der Zürcher Klubs abzustimmen. Dies aber kann es nicht sein, weil es Kriminelle zu Siegern macht.

Blockierte SBB-Strecken wegen «spasseshalber» gezogenen Notbremsen, demolierte Zugskompositionen, Pöbeleien gegenüber anderen Passagieren in Zügen und an Bahnhöfen. Hooligans foutieren sich um unsere Gesellschaft, um unsere Gesetze. Sie machen Stadien, Strassen, Bahnhöfe und öffentliche Transportmittel zum rechtsfreien Raum. Sie sind zur Landplage geworden.

Im Stadion blieb es wie vor Wochenfrist ruhig. Je überwachter und sicherer die Fussballarenen werden, desto mehr verschiebt sich die Gewalt auf die Strasse – hinein in die Zentren der Städte. Was hier abgeht, ist keine Schlägerei mehr – es geht um Bandenkrieg. Laut Zürcher Polizei hatten sich die GC-«Fans» vor Wochenfrist für ihren Strassenkampf mit Söldnern verstärkt, die sie in Montpellier und Chemnitz rekrutiert hatten. Was tun? Das Hooligan-Konkordat und Stadionverbote können auf der Strasse nicht greifen und sich die Vereine so aus der Verantwortung stehlen.

Was Hooligans begehen, ist Landfriedensbruch. Deutschland definiert den Begriff in seinem Strafgesetzbuch mit «Teilnahme an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Gegenstände oder die Androhung von Gewalttätigkeiten gegen Menschen, aus einer Gruppe von Menschen ausgehend». Strafandrohung? Bei Mitführen von Waffen oder bei Todesgefahr bis zu zehn Jahre Haft. In der Schweiz kommt Artikel 260 des Strafgesetzbuches zur Anwendung und hier es geht um ein «Vergehen», das mit Busse oder Gefängnis sanktioniert wird.

Besser sind (Straf-)Drohungen, die präventiv wirken. Abhilfe schaffen dürfte, wenn die Polizei Randalierer nicht nur zur Aufnahme der Personalien auf den Posten «bitten», sondern gleich für 24 oder 48 Stunden arrestieren könnte. So würden sie am Montag am Arbeitsplatz, in der Schule fehlen und kämen in einen Erklärungsnotstand. Gewaltexzesse oder Arbeitsplatz, das müsste den «Hardcore»-Fans im übertragenen Sinn in den Kopf gehämmert werden.

Wie transportiert man «Pyros» – die Gott sei dank immer weniger zum Einsatz kommen – und dergleichen an den Kontrollen bei den Stadioneingängen vorbei? Hier geht es um Helferinnen. Wird eine Frau als Begleiterin eines Krawallanten erkannt und registriert, gilt sie nicht automatisch als Mittäterin und Gehilfin. Aber warum kein Haus-, ein Stadionverbot? Setzen Sie oder ich mich ins Auto eines Betrunkenen und müssten dies realisieren, sind auch wir unseren Führerausweis los.

Hooligans stellen im öffentlichen Raum ein ähnliches Risiko dar wie ein Auto- und Töff-Raser auf der Strasse. Auch die hat man (noch) nicht im Griff. Aber wir haben Gesetze, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Richterinnen und Richter, die mit Beschlagnahmungen von Fahrzeugen und drakonischen Strafen ein ehemaliges «Kavaliersdelikt» in die Nähe eines Verbrechens rücken.

Eigentlich ist Fussball ein grossartiges Spiel. Die Regeln sind leicht verständlich, überschaubar und im Vergleich zu anderen Sportarten benötigt Fussball nur minimale Ressourcen. Das ist ein Grund dafür, dass sich mehr als 250 Millionen Menschen in mehr als 200 Ländern regelmässig zu Spielen treffen. Eine Wiese mit Kleidungsstück als Torpfosten, und schon hat man ein Spielfeld. Irgendein Ball oder sogar eine leere Getränkedose, und schon kann es zum Anpfiff kommen. Im Verbandsfussball ist die Zahl der Spieler mit Migrationshintergrund in den Teams aller Ligen signifikant: die integrative Kraft des Fussballs unübersehbar.