Wie Insekten im Generellen und Heuschrecken im Speziellen schmecken, ist schwer zu beschreiben. Das Beste ist, sich selber einen Eindruck davon zu machen. Genau dies taten am Samstag die Besucher des Piazza-Flohmis. Vormittag, 10 Uhr: Am Stand des Zofinger Tagblatts kredenzt der Aargauer Jungkoch Michel Bucher sein exklusives Häppchen für Gwundernasen, Naschkäfer und Experimentierfreudige. Was Verwunderung und Ekel auslöst, entpuppt sich für die Allermeisten als tatsächliche mögliche Alternative zu Fleisch.

Unglaublich? Nicht einmal für die Vegetarierin, die nach der Geschmacksprobe meint: «Seit vielen Jahren esse ich kein Fleisch. Aber das hier, das könnte für mich wirklich eine Variante werden.» Insekten – auch die seit Mai in der Schweiz legalen Heuschrecken, Hausgrillen und Mehlwürmer – sind gesund: verdauungsregulierend, kohlenhydratarm, proteinreich.

«Du Gruusige, du!»

Dass Skepsis und Ekel am Stand zunehmend dem Appetit weichen, hängt auch mit der Gourmet-Kreation des Kochs zusammen: Gewürz-Heuschrecke mit Frischkäse-Espuma, Radieschengrün-Quinoa, süss gepickelten Radieschen, Zitronen-Aceto-Gel, Schnittlauchöl und Blutampfer.

«Das ist fein», sagt der eine. «Alles nur im Kopf. Das isst doch jeder, der nicht weiss, was es ist», die andere. «Nein, das schaff ich nicht», wiederholt ein Gast mehrmals, bevor er zubeisst. «Du Gruusige, du», lästert eine Frau über ihren Mann, der dann fragt: «Und in welchem Restaurant kann ich das nun bestellen?»

Angst, dass es mich «lüpft»

Michel Buchers Antwort: «Leider nirgends, das dauert noch einige Jahre. Aktuell sind Insekten noch schwer lieferbar.» Der Anlass selber ist für den erklärten «Allesverwerter» und «Nose-to-tail»-Anhänger ein Erfolg: «Die Leute kommen, sind offen. Das hätte ich gar nicht gedacht. Megacool.» Über 200 Portionen gehen über den Tisch. Nebenbei bemerkt: Gute Vorzeichen auch für den Aarburger Koni Begert von Hannibal Events, der an den Streetfood-Festivals künftig ebenfalls Insekten anbieten will.

Speiübel wird keinem, auch wenn ein Besucher sagt: «Ich hatte schon Angst, dass es mich lüpft.» Wer den Ekel überwindet, dem schmeckts. Überrascht ist vielmehr der Koch. Denn entgegen der Vorahnung sind es nicht die ganz jungen Gäste, die sich am wenigsten sträuben. Vor allem ältere Damen und Herren beweisen Biss. Und bilanzieren: geschmacklich irgendwo zwischen Chips, gerösteten Nüssen und Poulet.

Auch Christoph Heer, Präsident des Altstadtvereins Piazza, geniesst den seltenen Imbiss. Und sein Vater sagt: «Das könnte man auch ein zweites Mal probieren. Könnte. Muss man aber nicht.»