
Auf dem Weissenstein gab es fast das Ende einer Durststrecke
Es hätte wenig gefehlt, und Andreas Döbeli hätte eine knapp sieben Jahre dauernde Durststrecke des Nordwestschweizer Schwingerverbands (NWSV) beendet. Der Freiämter stand im Schlussgang des Weissenstein-Schwingets. Mit einem Sieg wäre er der erste Bergfest-Gewinner des NWSV gewesen, seit im August 2014 Mario Thürig auf der Schwägalp triumphiert hatte. Im selben Jahr hatte sich übrigens Christoph Bieri zusammen mit Kilian Wenger und Matthias Sempach den Festsieg auf dem Weissenstein geteilt.
Lang ist es her. Und das Warten geht weiter. Denn Andreas Döbeli fand im Schlussgang gegen den Nordostschweizer Überraschungsmann Damian Ott keine Mittel. Der 21-jährige St. Galler bodigte den Sarmenstorfer mit einem Münger. Auch Joel Strebel, der zweite Freiämter Topschwinger, war im vierten Gang an Ott auf dieselbe Weise gescheitert und sah sich damit seiner Chancen auf eine Schlussgang-Teilnahme beraubt.
Weder Döbeli noch Strebel sahen gegen den unkonventionellen Schwinger aus der Ostschweiz Land. «Das Rezept wäre eigentlich einfach gewesen: Er darf einen nicht an den Boden bekommen. Oder man sollte ihn am besten selber bodigen, was bei seiner Grösse aber nicht einfach ist», befanden die beiden Aargauer Eidgenossen unisono. Und doch landeten beide schnell in der Bredouille – und konnten sich nicht mehr aus ihr befreien.
Döbeli trotz verlorenem Schlussgang happy
Während sich Strebel mit zwei weiteren Siegen doch noch souverän in die Kränze rettete, sah sich Döbeli auf der Zielgeraden Richtung Festsieg abgefangen. Was überwiegt denn nun: Die Freude über einen insgesamt überaus gelungenen Auftritt an einem sehr gut besetzten Bergfest? Oder doch der Ärger über den im letzten Augenblick entglittenen Triumph? «Keine Frage. Wenn man mir so einen Verlauf vor dem Fest angeboten hätte, dann hätte ich sofort unterschrieben», sagte Döbeli, nachdem er sich von den Strapazen des Schlussgangs erholt hatte.
Nach den beiden letzten Schwingfest-Auftritten des 23-Jährigen durfte man tatsächlich nicht unbedingt mit so einem Topresultat rechnen. Beim Rigi-Bergfest vor einer Woche war er mit nur zwei Siegen in der Rangliste unter ferner liefen gelandet. Ebenso vor zwei Wochen beim Innerschweizer Verbandsfest. Auch darum nutzte Döbeli die Tage vor dem Weissenstein, mal das ganze System herunterzufahren und den Kopf zu lüften. «Die Pause hat mir gutgetan. Ich bin ruhig geblieben, habe den Glauben an meine Fähigkeiten nicht verloren, auch wenn es zuletzt nicht so gut gelaufen ist», befand Döbeli.
Belohnt wurde er mit dem ersten Bergkranz-Gewinn seiner Karriere. Und mit der Gewissheit, dass er dem weiteren Saisonverlauf zuversichtlich entgegenblicken darf. Schon am kommenden Sonntag steht auf dem Brünig das nächste Bergfest auf dem Programm.
Zufriedener Auftritt mit kleinen Makeln auf dem Weissenstein
Dort werden auch Joel Strebel und Patrick Räbmatter an den Start gehen. Beide mit einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen im Gepäck. Neben Strebel notierte sich auch Räbmatter vier Siege auf dem Weissenstein: Der 29-jährige Uerkner Doppeleidgenosse unterlag gegen die beiden Eidgenossen Reto Nötzli und Armon Orlik, erledigte den Rest seiner «Pflichtaufgaben» aber souverän und sicherte sich mit 56,50 Punkten eine Woche nach dem Rigi-Schwinget den nächsten Bergkranz – den insgesamt neunten seiner Karriere.
Restlos zufrieden zeigte sich Räbmatter mit seinen Auftritten allerdings nicht. «Es wäre noch mehr möglich gewesen», sagte er und bezog sich damit vor allem auf die beiden Niederlagen. «Den Gang gegen Nötzli muss ich anders angehen. Gegen Orlik schwanden meine Kräfte und ich spürte die Kälte in den Fingern», erklärte er. Nichtsdestotrotz erfüllte ihn die Kranz-Ausbeute mit Stolz. «Ich bin sehr zufrieden», meinte «Räbi».
Keine Spur von Müdigkeit zu erkennen
Nur wenige Stunden später stand der Leader des Schwingklubs Zofingen erneut im Sägemehl. Räbmatter startete gestern Sonntag beim Menzberg-Schwinget, dass wegen der starken Regenfälle in die Schwinghalle nach Willisau verlegt wurde. Mit seiner Teilnahme dankte Räbmatter wie schon 2018 dem gastgebenden Schwingklub Wiggertal, der mit seinen Athleten jeweils das Niklaus-Thut-Schwinget beehrt.
Trotz des intensiven Vortags zeigte der Favorit keine Spur von Erschöpfung: Räbmatter gewann alle sechs Duelle und entschied das Regionalfest zu seinen Gunsten. Im Schlussgang bodigte er Nachwuchsmann Fabian Scherrer aus Uffikon nach nur 33 Sekunden mit Kurz. «Die Gänge waren relativ kurz, deshalb hält sich meine Müdigkeit in Grenzen. Wenn am Ende ein Sieg herausschaut, nimmt man diese Strapazen aber gerne in Kauf», sagte Räbmatter, der den gestrigen Erfolg als «schöne Zugabe» bezeichnete.
Nach dem Rigi-Dämpfer eine gute Reaktion geliefert
Freuen durfte sich im Übrigen auch Roger Erb: Der Landmaschinenmechaniker aus dem solothurnischen Metzerlen, der für die Baselbieter Schwinger an den Start geht, kämpfte sich auf dem Weissenstein als vierter Nordwestschweizer klammheimlich in die Kränze. Somit war das Fest auf dem Solothurner Hausberg für den NWSV unter dem Strich ein Erfolg. Der technische Leiter Guido Thürig befand, «dass ich für so ein Resultat sofort unterschrieben hätte. Uns ist eine gute Reaktion auf den unbefriedigenden Auftritt am Rigi-Schwinget gelungen.» Dort hatte die knapp 20-köpfige NWSV-Delegation vor Wochenfrist dank Patrick Räbmatter nur einen Kranz erschwungen.
Solothurn. Weissenstein-Schwinget (90 Schwinger, keine Zuschauer). Schlussgang:
Damian Ott (Dreien) bezwingt Andreas Döbeli (Sarmenstorf) nach 2:43 Minuten mit Münger. – Rangliste: 1. Ott 58,25. 2. Armon Orlik (Maienfeld) 57,50. 3. Andreas Döbeli und Werner Schlegel (Hemberg), je 57,25. 4. Sven Schurtenberger (Buttisholz) 57,00. 5. Joel Strebel (Aristau), Domenic Schneider (Friltschen), Roger Erb (Metzerlen), Roman Schnurrenberger (Dussnang) und David Dumelin (Hüttlingen), je 56,75. 6. Werner Suppiger (Wauwil), Patrick Räbmatter (Uerkheim), Reto Nötzli (Pfäffikon) und Marco Reichmuth (Cham), je 56,50 (alle mit Kranz). – Ferner: 11. Kaj Hügli (Reitnau) 55,25. 14. Pirmin Reinhard (Attelwil) 54,50.
Willisau. Menzberg-Schwinget (47 Schwinger, keine Zuschauer). Schlussgang: Patrick Räbmatter (Uerkheim) bezwingt Fabian Scherrer (Uffikon) nach 33 Sekunden mit Kurz. – Rangliste: 1. Räbmatter 59,25. 2. Scherrer 58,50. 3. Niklaus Scherer (Escholzmatt), Marcel Grüter (Hohenrain) und Ivan Achermann (Rengg) je 58,00.