
Flüchtlinge fordern und fördern
Gemeinde sucht Helfer für Integrationsprojekt «Gemeinsam bauen wir an unserer Zukunft».
Möchten Sie Ihr Fahrrad flicken lassen, hat eines Ihrer Elektrogeräte den Geist aufgegeben oder benötigen Sie sonst irgendeine kleine Reparatur? Vielleicht sind Sie ja auch auf der Suche nach handgemachten Gebrauchsgegenständen oder Geschenkartikeln? In Aarburg werden derartige Dienstleistungen und Produkte bald von jungen Flüchtlingen angeboten. Mit dem Projekt «Gemeinsam bauen wir an unserer Zukunft» geht die Stadt neue Wege. Dafür greift der Regierungsrat ihr mit 89 315 Franken aus dem Swisslosfonds unter die Arme. Insgesamt eine knappe Viertelmillion für Flüchtlingsprojekte hat er im Februar gesprochen.
Flüchtlinge «fähig machen»
Die Aarburger Idee geht weiter als Beschäftigungsprogramme wie etwa «jobwärts». Flüchtlinge zwischen 18 und 28 Jahren sollen aktiviert und auf den Schweizer Arbeitsmarkt vorbereitet werden. «So können wir die Chancengleichheit zwischen Flüchtlingen und Schweizern fördern», erklärt Martin Amacher, neuer Leiter der Sozialen Dienste. Gleichzeitig könnte die Massnahme die Stadtkasse entlasten.
Der Zeitpunkt stimmt. Rund die Hälfte der anerkannten Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen sind auch viele Jahre nach ihrer Einreise auf Sozialhilfe angewiesen. Eine Analyse von zofingenregio zeigt zudem: Von den 500 Flüchtlingen im Bezirk Zofingen beurteilen die Sozialdienste nur 62 als potenziell arbeitsfähig (wir berichteten). Martin Amacher: «Erfolgreiche Integration kann nicht allein über Faktoren wie die Sprachförderung erreicht werden.» Das legt auch ein Vergleich mit dem Kanton Graubünden nahe: Dort sind die Fachstellen davon weggekommen, Flüchtlinge nach Sprachkursen direkt den regionalen Arbeitsvermittlungszentren zuzuweisen, weil die RAV-Programme zu wenig auf das kulturfremde Klientel ausgerichtet waren.
Werkstatt aufbauen
Oberstes Ziel von «Gemeinsam bauen wir an unserer Zukunft» ist eine bessere Integration junger Flüchtlinge. Das Projekt ruht auf zwei Pfeilern: Zum einen wird eine Werkstatt eingerichtet, in der die jungen Flüchtlinge mit Unterstützung von Freiwilligen kleinere Reparaturen vornehmen und verschiedene einfache Artikel herstellen. Geld gibt es gemäss Sozialvorsteherin Martina Bircher (SVP) dafür zwar direkt keines, dafür stellt die Gemeinde die Alte Turnhalle als Standort zur Verfügung und die Sozialdienste erledigen das Backoffice. Laut Amacher ist die Aktivierung von Flüchtlingen deshalb gewinnbringend, weil es diesen einerseits eine Tagesstruktur bietet, «andererseits aber auch hilft, Fähigkeiten und Ressourcen der jungen Menschen auszuloten».
Beziehungen aufbauen
Der zweite Projektpfeiler ist der Aufbau eines Spiel- und Begegnungsplatzes. Dieser soll nach den Ideen der Flüchtlinge und der Helfer aus der Bevölkerung gestaltet werden, Arbeiten sollen möglichst direkt durch die neue Flüchtlingswerkstatt erledigt werden. Der Grundgedanke gemäss Projektbeschrieb: «Durch den Einfluss verschiedener Kulturen einen abwechslungsreichen Platz gestalten, der zu einem Treffpunkt in der Aarburger Bevölkerung werden kann.» Als Standort infrage kommen Kloosmatt oder der Alte Friedhof (vgl. Ausgabe vom 7. Juni).
Auch wenn die Teilnahme allen Sozialhilfeempfängern offensteht: Die meisten künftig in der Werkstatt beschäftigten Flüchtlinge in Aarburg werden aus Eritrea stammen. Damit könnte im besten Fall auch der Bildung von Parallelgesellschaften entgegnet werden. Statt auf Zwang wie bei Beschäftigungen, will es die Gemeinde mit Freiwilligkeit versuchen. Sozialvorsteherin Martina Bircher glaubt denn auch, dass ein Zwang «wohl nicht wirklich den gewünschten Effekt haben würde». Konkreteres kann erst nach einer ersten Standortbestimmung gesagt werden.
Damit das Projekt erfolgreich starten kann, sucht die Gemeinde derzeit nach Freiwilligen aus der Bevölkerung. Noch stehe man ganz am Anfang, sagt Bircher. «Wenn wir genügend Helfer und Helferinnen finden, kann es losgehen.» Wer als Freiwilliger am Projekt mitarbeiten möchte, kann sich informieren bei: Projektleiter Alihan Akyol. 062 787 14 68 und alihan.akyol@aarburg.ch