
Big Oftringen is watching you
Immer mehr Gemeinden in der Region filmen den öffentlichen Raum, um sich vor Sprayern und Vandalen zu schützen. In Oftringen, dem Ort mit den meisten Überwachungskameras, hat sich dies bewährt.
Vorsicht, Kamera: Jahr für Jahr gehen beim Kanton Aargau zwischen 20 und 30 Gesuche für Videoüberwachungen im öffentlichen Raum ein. Ganz vorne mit dabei: die 13 500 Einwohner grosse Agglomerationsgemeinde Oftringen. Kein anderer Ort im Bezirk Zofingen hat ähnlich viele Kameras. 51 sind es; erst kürzlich wurden beim Küngoldinger Kindergarten neue installiert.
Die Wirkung von Videokameras ist umstritten. Dennoch greifen immer mehr Gemeinden zu diesem Mittel. Dazu gehören Zofingen, Rothrist, Aarburg, Safenwil, Strengelbach und Schöftland, um nur einige zu nennen. Ein Blick in die Nachbarkantone zeigt ähnliches: Reiden überwacht unter anderem die Mehrzweckhalle. Olten beobachtet mit insgesamt 20 Kameras zwei städtische Unterführungen.
Zehntausende Franken Schäden
Dass Oftringen Bezirksrekordhalter ist, hat einen guten Grund. Überwacht werden grossmehrheitlich Schulen und öffentliche Gebäude. Immer wieder kam es zu kostspieligen Fällen von Sachbeschädigungen, Littering, Sprayereien und anderen Sauereien. «Zehntausende von Franken kostete das die Gemeinde», sagt Ewald Müller, Leiter Sicherheitsdienste. Seit der Einführung der Überwachung vor rund acht Jahren seien diese Fälle stark zurückgegangen. Dies aufgrund des abschreckenden Charakters und gebündelter Begleitmassnahmen wie Präventionskampagnen oder Jugendarbeit. Auch zur Aufklärung von Verbrechen konnten die Filmaufnahmen beitragen. 2016 konnte so in einem Fall eine Täterschaft eruiert werden. 2015 gar in drei Fällen. «Natürlich war uns immer bewusst, dass wir die Anzahl Vandalenakte nicht auf Null bringen», räumt Müller ein. «Dennoch haben sich die Videoüberwachungskameras in Oftringen nun über Jahre bewährt.»
Vor allem beim Schulhaus Sonnmatt kam es früher sehr häufig zu Vandalismus. Der zuständige Gemeinderat, Vizeammann René Wullschleger (SVP), erinnert sich: «Zeitweise fühlte sich die Lehrerschaft abends, aber auch über die Wochenenden nicht mehr sicher.» Dank der ersten Videoanlagen sei das subjektive Sicherheitsempfinden gestärkt worden. Daher habe der Gemeinderat entschieden, mit weiteren Überwachungskameras als präventives Mittel «Ansammlungen von Jugendlichen zu minimieren». Dies habe sich inzwischen auch bei den neuen Kindergärten an der Zürichstrasse bewährt. Schätzungsweise gegen eine Viertelmillion Franken hat die Gemeinde bis heute investiert.
Zurückhaltung in Zofingen
Anders die Situation in der Bezirkshauptstadt Zofingen. Obwohl nur 2000 Einwohner kleiner, verfügt die Gemeinde lediglich über acht Kameras – alle im Bahnhofparking. Wunder bewirkten Videoüberwachungen eben nicht, sagt Stadträtin Christiane Guyer, Ressortleiterin Sicherheit. «Der Nutzen ist umstritten, der Aufwand gross, weshalb wir eher zurückhaltend sind. Dazu kommt noch der Aspekt des Persönlichkeitsschutzes.» Guyer räumt aber auch ein, dass andere Gemeinden berichten, dass in «begrenzten Räumen» wie Schulanlagen gute Erfahrungen gemacht würden. Eine Aufstockung sei zwar momentan nicht vorgesehen. Diskutiert werde das Thema aber in regelmässigen Abständen – so beispielsweise für den Alten Postplatz und den Heitern.
In Oftringen kam die Skepsis vonseiten der Schulen. Gesamtschulleiter Lukas Leuenberger: «Grundsätzlich wollen wir keine Schule, in der ‹Big Brother› ständig Lehrer, Eltern oder Kinder aufzeichnet.» Weil die Kameras aber nicht rund um die Uhr laufen und allgemein strenge Vorschriften zur Datenverarbeitung gelten (siehe Box), hätten sich die Schulen damit arrangiert. «Denn wir wollen ebenfalls keine Schulanlage, die einem Getto gleicht oder Kindergärten, um die morgens Zigarettenkippen, Glasscherben und Müll liegen.» Auch Leuenberger sagt, die Überwachung habe sich bewährt. Eines wäre dem Schulleiter noch viel unlieber als Videokameras: Dass öffentliche Schulanlagen eingezäunt und abgesperrt werden müssten. So wie es in grossen Städten bereits der Fall ist.