„Wir wollen nicht die Schmarotzer des Kantons sein“ – so erholen sich Aarburgs Finanzen

Die Gemeinde Aarburg erholt sich im finanziellen Bereich langsam, aber stetig. In den vergangenen vier Jahren konnte das Aarestädtli 8 Millionen Franken Schulden abbauen. Dieser Kurs soll beibehalten werden. Das Budget 2022 weist, auch mit Seitenblick auf etliche Investitionen, ein positives Ergebnis von 996 000 Franken aus. Dies bei einem gleichbleibenden Steuerfuss von 121%.

Drei Hauptgründe tragen zum positiven Ergebnis bei: Corona hat aktuell kaum Einfluss auf die Gemeindefinanzen, das Sparpaket funktioniert und die Steuererträge steigen. «Zu Corona lässt sich sagen, dass sich die Schweizer Wirtschaft gut gehalten hat», erklärt Gemeinderat Dino Di Fronzo, Ressortvorsteher Finanzen. «Das Katastrophenszenario ist nicht eingetreten, nur sehr wenige Menschen beanspruchen wegen der Pandemie materielle Hilfe.» Dennoch: Sollte es zu Folgeschäden kommen, würden sich diese sowieso erst später bemerkbar machen. Marc Balmer, Leiter Finanzen der Gemeinde Aarburg und stellvertretender Geschäftsleiter, ergänzt: «Ich gehe nicht davon aus, dass die Steuererträge wegen Corona einbrechen.»

Materielle Hilfe nimmt weniger stark zu

Entsprechend nimmt die materielle Hilfe weniger stark zu als weitgehend prognostiziert. Die budgetierte materielle Hilfe liegt um 450 000 Franken unter dem Vorjahresbudget und rund 800 000 Franken über den Zahlen gemäss Rechnung 2020. Die Prognose der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) geht für das Jahr 2022 davon aus, dass die Corona-Pandemie mit einem Zuwachs von bis zu 28% gegenüber dem Rechnungsjahr 2020 Einfluss auf die Zahlen 2022 haben wird. «In dieser Angelegenheit sind wir aber optimistischer», sagt Dino Di Fronzo. Aarburg budgetiert eine Zunahme in der materiellen Hilfe von 20%. «In der Realität gehen wir aber von noch weniger aus», so Di Fronzo. «Zu bedenken gibt es aber, dass auch die Rückerstattungen der materiellen Hilfe abnehmen werden.» Die vielen Anstrengungen, die Aarburg unternommen hat, um im Bereich materielle Hilfe wieder auf einen grünen Zweig zu kommen, fruchten langsam. Und: «Die Frequenz bei den Sozialen Diensten hat sich in letzter Zeit nicht erhöht», sagt Balmer. «Diese verhält sich aktuell sehr stabil.»

Gegriffen hat in Aarburg das geschnürte Sparpaket. Inzwischen seien die finanziellen Instrumente ausgeschöpft und aufeinander abgestimmt, sagt Balmer. Wichtig sei ihm, dass die Verwaltungsmitarbeitenden mitziehen. «Unter den Mitarbeitenden haben wir einen Wettbewerb initiiert mit der Aufgabe aufzuzeigen, wo es Sparpotenzial gibt, ohne dass es zu Dienstleistungsabbau kommt», führt Balmer aus. Das Ergebnis: 430 000 Franken können jährlich wiederkehrend eingespart werden. Besonders freut Balmer, dass die Mitarbeitenden «voll dabei waren» und eine grosse Euphorie entstanden sei. «Erfolgsversprechend war, dass die Mitarbeitenden mit einer Prämie für erfolgreich eingeführte Sparmassnahmen belohnt wurden.» Während viele Gemeinden damit argumentierten, dass es bei kostengebundenen Ausgaben keinen Spielraum gibt, heisst es in Aarburg: «Hier können wir effizienter arbeiten», so Di Fronzo. Man setze auf eine moderne Finanzpolitik und habe nicht einfach das Ziel herausgegeben, linear 20% zu sparen. Auf einschneidende Sparpläne, wie die Schliessung der Bibliothek, wolle man verzichten.

Schuldenabbau heisst weniger Finanzausgleich

Der Schuldenabbau in der Gemeinde führt allerdings auch dazu, dass Aarburg künftig weniger Finanzausgleich erhalten wird. «Unser Ziel ist klar, dass wir ohne diesen Zustupf überleben wollen», stellt Di Fronzo klar. «Es gilt, Aarburg ein neues Selbstbewusstsein zu geben. Wir wollen nicht die Schmarotzer des Kantons sein.»

Das gute Ergebnis des Budgets 2022 ist auch durch die Immobilien im Besitz der Gemeinde Aarburg beeinflusst. Diese wurden neu bewertet. Die Wertberichtigung der Liegenschaft Falken von 634 700 Franken erhöht das Finanzvermögen. «Wir haben also mehr Vermögen, sind aber deshalb nicht liquider», erklärt Dino Di Fronzo. Apropos Immobilien: Die neue Immobilienstrategie wurde vom Stimmvolk genehmigt. Mit dem Kauf des «Falken» setzte der Gemeinderat bereits ein Zeichen gegen ein Vermietungsmodell, «das sich wie ein Geschwür in Aarburg ausbreitete», so Di Fronzo. «Die Verknappung des billigen Wohnraums hat inzwischen dazu geführt, dass diese Leute Aarburg jetzt verlassen.» Aktuell bietet die Gemeinde im «Falken» noch günstigen Wohnraum an, «langfristig müssen wir aber investieren», sagt Di Fronzo. Man sei dabei, ein Projekt auszuarbeiten.

Einige Quartiere müssen aufgewertet werden

Ein weiterer Punkt, warum die finanzielle Situation in Aarburg besser aussieht, sind die wachsenden Steuereinnahmen. «Allerdings müssen wir hier noch eine Analyse der Qualität machen», sagt Marc Balmer. Das Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren habe sicher zu einer positiven Entwicklung beigetragen, die Steuerkraft müsse aber genau angeschaut werden. «Der Zuwachs an Steuereinnahmen ist unterdurchschnittlich zum Bevölkerungswachstum», verdeutlicht Di Fronzo. Ein Grund dafür seien die vielen Mietwohnungen. Es bestehe Bedarf an qualitativ hochwertigen Eigentumswohnungen. Entsprechend gelte es auch in Zukunft, einige Quartiere Aarburgs noch aufzuwerten.

Einberechnet hat man bei den Steuererträgen die Gesetzesvorlage «Erhöhung des Pauschalabzugs für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen». Es sei davon auszugehen, dass sie angenommen werde. Daher habe man den Einkommenssteuerertrag bei natürlichen Personen um 2% gesenkt. Nicht berücksichtigt wurde die Unternehmenssteuerreform, da diese in Aarburg relativ wenig zu tragen kommen wird, sollte sie angenommen werden.