
Verloren im Bücherberg
Ach, ja, das Ende der Prüfungsphase… Was gibt es da Schöneres, als sämtliche unnütz gewordene Unterlagen in die ewigen Jagdgründe zu schicken? Und wenn man dann schon dabei ist, kann man die Putzarbeiten auch gleich fortsetzen. Zumindest war das der Plan. Anfangs hat das funktioniert: ein bisschen Filmmusik auflegen und auf in die Schlacht! Und gerade weil ich so voller Elan war, hielt ich es für eine besonders gute Idee, endlich mal sämtliche meiner Bücher neu zu ordnen. Gefährlich hohe Türme stapelten sich auf meinem Boden, während ich die Regale von – seien wir ehrlich – einer Menge Staub befreite.
Klingt bisher ziemlich unspektakulär; ist es auch. Die Problematik ergab sich erst daraus, dass mein Enthusiasmus mich mit nur einem Blick auf die Bücherstapel schlagartig verliess. Und zwar deshalb, weil mir bewusst wurde, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich meine grandiose Idee des Bücher-Sortierens umsetzen sollte. Sollen die Bücher nach Alphabet geordnet werden? Nach Farben? Oder doch lieber nach Genres? Wie soll ich die Bücher überhaupt wiederfinden, wenn sie nicht in ihrer gewohnten Unordnung stehen? Plötzlich hinterfragte ich, wieso ich überhaupt ein System ändern wollte, das bis anhin super funktioniert hat. Klar stand das Dschungelbuch neben dem Basar der bösen Träume von Stephen King, aber ich wusste nun mal auch genau, wo die beiden weder genretechnisch noch alphabetisch zusammengehörenden Bücher auf dem Regal standen. Je länger die Stapel auf dem Boden standen und mir den Weg zu meinem Balkon versperrten, desto schwerer schien die Aufgabe. Selbst die gähnende Leere auf den Regalen sah mich vorwurfsvoll an.
Jetzt stehen Stephen King und Rudyard Kipling nicht mehr nebeneinander. Die neue Ordnung ist gewöhnungsbedürftig, aber sie gefällt mir. Veränderungen sind eben doch nicht immer schlecht, Systeme sollten hinterfragt werden und wir sollten öfter den Mut haben, etwas Neues auszuprobieren.