Roland Thalmann zeigt der Konkurrenz an der Tour de Suisse seine Heimat

Nicht nur bei Mathias Frank löst die Tour de Suisse in diesem Jahr besondere Gefühle aus. Neben dem gebürtigen Roggliswiler, der nach dieser Saison vom Profiradsport zurücktritt, kommt auch Roland Thalmann in den Genuss eines Heimspiels. Und das gleich zweimal: Die dritte Etappe von Lachen nach Pfaffnau führt Thalmann in genau einer Woche in die Gefilde seines Stammvereins VC Pfaffnau-Roggliswil. Tags darauf zieht das Feld auf der letzten Flachetappe vor den Bergen von St. Urban nach Gstaad weiter und passiert dabei das Entlebuch, die «eigentliche» Heimat des 27-jährigen Romoosers.

Die beiden Teilstücke stehen bei Thalmann entsprechend hoch im Kurs. «Ich freue mich auf das harte Finale in Pfaffnau und auf eine gemütliche Durchfahrt im Entlebuch. Ich hoffe, ich kann es geniessen und den anderen Fahrern die schöne Region zeigen, in der ich zuhause bin», sagt er und grinst. «Für solche Momente trainierst und lebst du.»

Als Profi zurück an jenem Ort, wo alles begonnen hat
Wie sein Vater Julius, der 1984 als 24-Jähriger dem Profiradsport den Rücken kehrte, schloss sich Roland Thalmann dem VC Pfaffnau-Roggliswil an. So kam es, dass er im Luzerner Hinterland seine ersten «Gehversuche» auf dem Velo machte. Obwohl es Thalmann inzwischen öfters ins Gebirge zieht, kennt er die Strassen in der Region von unzähligen Trainingsfahrten in- und auswendig. Ein Vorteil, den er zu seinen Gunsten nützen will. «Man weiss, zu welchem Zeitpunkt man im Rennen vorne dabei sein muss, was auf einen zukommt und wie die Anstiege genau aussehen», erklärt Thalmann.

Die Zusatzschlaufe rund um Pfaffnau am Ende der dritten Etappe schmälert den Bonus kaum, weil nur die Zielgerade zweimal befahren wird. «Das ist sogar positiv, weil es bei der Entscheidung die Hektik aus dem Rennen nimmt», sagt Thalmann. Mit technischen Hilfsmitteln wie zum Beispiel den digitalen Strassenkarten und den Teambesprechungen kann sich auch die Konkurrenz gut vorbereiten, dem ist sich Thalmann bewusst. «Das ist aber nicht das Gleiche», betont er.

Einen fixen Plan, wo er angreifen oder vorne wegfahren will, hat sich Roland Thalmann für die «Heim-Etappen» nicht zurechtgelegt. Was aber nicht heisst, dass er sie ambitionslos unter die Räder nimmt. «Die ersten drei Tage der Tour sind schwer, aber nicht übertrieben schwer», sagt er, «mit etwas Glück kommt man mit einer kleinen Gruppe ins Finale und kann mit guten Beinen ein Resultat herausfahren. Diese Ziele sind bei mir sicher da.»

Insbesondere das dritte Teilstück mit der Zusatzschlaufe in Pfaffnau lade dazu ein, das Rennen zu gestalten. «Die Etappe ist fast nicht flach und die Runde am Schluss anspruchsvoll. Ich gehe davon aus, dass kein grosses Feld gemeinsam im Ziel ankommen wird», sagt Thalmann. In den Bergen ändere sich die Strategie vor allem wegen des Kolumbiers Egan Bernal, dem Tour-Gesamtsieger von 2019. «Wer wartet, bis er seine Attacke lanciert, hat nichts mehr zu melden. Deshalb wird die Taktik mehr auf Krawall und Offensive ausgerichtet sein», so Thalmann.

Wie schon 2019 startet er im Dress des Nationalteams
Die definitive Bestätigung, dass er bei der Tour de Suisse dabei ist, hat Roland Thalmann erst gestern erhalten. Gemeinsam mit Claudio Imhof, Kevin Kuhn, Simon Pellaud, Lukas Rüegg, Joab Schneiter und Joel Suter hat ihn Trainer Michael Albasini für das Schweizer Nationalteam aufgeboten. Dieses darf nach 2019 zum zweiten Mal bei der Landesrundfahrt starten, womit aufstrebende Nachwuchsfahrer und Athleten aus der zweiten Garde erneut die Gelegenheit erhalten, sich mit den Weltbesten zu messen und auf sich aufmerksam zu machen.

Roland Thalmann schätzt diese Initiative: «Für uns Fahrer, die sonst nie in der World Tour Fuss fassen können, ist das ein riesiges Highlight», sagt der Luzerner, dessen österreichisches Team Vorarlberg Santic den Status eines Contintenal Teams besitzt und deshalb nicht zur Teilnahme an World-Tour-Rennen wie der Tour de Suisse berechtigt ist. Eine Premiere ist es für Thalmann gleichwohl nicht. Bereits vor zwei Jahren durfte er das Spektakel «Tour de Suisse» hautnah miterleben: «Wenn es nur annährend so wird wie damals, ist das super.»