
Aarau-Sportchef Sandro Burki: «Ab sofort müssen Punkte her»
In regelmässigen Abständen treffen sich Präsident Alfred Schmid, Vizepräsident Roger Geissberger und Sportchef Sandro Burki. So auch am Freitag dieser Woche. Nach dem Austausch des FCA-Führungstrios beim Mittagessen steht endgültig fest: Patrick Rahmen bleibt Cheftrainer des FC Aarau. Ausgerechnet in der grössten Resultatkrise seit Menschengedenken hält der auch schon als «FC Sion der Deutschschweiz» verschriene FC Aarau (10 Chef- und Interimstrainer seit 2014) an seinem wichtigsten Angestellten fest. Der Sportchef sagt, warum.
Beim wichtigsten Kriterium, den Resultaten, hat Patrick Rahmen bislang versagt. Warum halten Sie trotzdem am Trainer fest?
Sandro Burki: Weil wir überzeugt sind, dass Patrick in der jetzigen Situation der richtige Trainer für den FC Aarau ist und er die Mannschaft aus dem Tabellenkeller führen wird. Wir haben in den bisherigen zehn Meisterschaftsspielen nur vier Punkte geholt, das ist eindeutig zu wenig. Die sportliche Bilanz spricht gegen den Trainer, aber genauso gegen den Sportchef und gegen die Spieler. Wir glauben nach wie vor an die Fähigkeiten von Patrick Rahmen.
Was macht Rahmen denn so gut, dass Sie trotz der schlechten Bilanz hinter ihm stehen?
In der täglichen Arbeit auf dem Trainingsplatz, in der Spielvorbereitung, im Umgang mit den Spielern, den Kollegen im Trainerstaff und mit den Leuten auf der Geschäftsstelle überzeugt er uns voll und ganz. Patrick ist ungemein fleissig und geht mit bestem Beispiel voran, dass in der aktuellen Situation jeder Angestellte des FC Aarau einen Mehraufwand betreiben muss.
Steht die Mannschaft noch hinter dem Trainer?
Ja. In den Gesprächen mit den Spielern wurde mir versichert, dass sie an Patricks Arbeit glauben, dass sie von ihm überzeugt sind und dass sie mit ihm gemeinsam aus dem Tabellenkeller kommen wollen. Auch Patrick sagt, dass die Mannschaft in den Trainings voll mitziehe.
Im Frühjahr wurde Rahmens Vorgänger Marinko Jurendic entlassen, als der FCA den guten Rückrundenstart nicht bestätigen konnte und in den Verlierermodus zurückkehrte. Die jetzige Situation ist ähnlich: Nach zwei guten Spielen gegen Lausanne (1:1) und Schaffhausen (3:1) folgten zwei Niederlagen gegen Vaduz und Winterthur. Gilt für Rahmen ein anderer Massstab als für Jurendic?
Resultatmässig waren die zwei letzten Spiele ein Rückschritt. Aber vor allem das Spiel in Vaduz hätten wir gewinnen müssen, wir waren klar die bessere Mannschaft. Die Klubführung und ich, wir sehen eine spielerische Verbesserung seit der Länderspielpause im September.
Einverstanden, die Mannschaft spielt besser als beim Offenbarungseid im August gegen Chiasso (1:2). Aber die Resultate stimmen nicht. Ist es nicht Schönfärberei und vor allem gefährlich, der Leistung mehr Gewicht als den Ergebnissen zu geben?
Ab sofort müssen Punkte her – egal wie. Die spielerische Entwicklung ist wichtig, aber im Fussball zählen primär die Resultate. Vaduz und Winterthur haben die Siege gegen uns nicht gestohlen, wir selber haben zu viele Fehler gemacht. Wenn wir die Fehler nicht abstellen, können wir noch so gut spielen, dann wird es schwierig, wieder Spiele zu gewinnen.
Wie viele Punkte muss Rahmen in den nächsten drei Spielen gegen Servette, Wil und Chiasso holen?
Ich mache keine Vorgaben, schon gar nicht öffentlich. Ich bin überzeugt, dass wir bis zur Winterpause mit Patrick Rahmen den Turnaround schaffen.
Anfang Saison lautete die Zielsetzung des Vereins: Im vorderen Tabellendrittel mitspielen und beim Publikum Begeisterung entfachen. Haben Sie die Ziele nach dem schlechten Saisonstart bereits nach unten korrigiert oder sagen Sie: «Der Abstand nach oben ist nicht riesig, die Saison ist noch lang: Wir halten an unseren Zielen fest»?
Der Blick auf die Tabelle sagt: Wir kämpfen gegen den Abstieg. Also geht es in den nächsten Wochen darum, Punkte zu holen und den letzten Tabellenplatz zu verlassen. Um nichts anderes.
Auch Vizepräsident Geissberger verlässt Aarau Ende Saison
2007 wurde Alfred Schmid Verwaltungsratspräsident der FC Aarau AG. Vor einigen Monaten hat er angekündigt, nach der Saison 2018/19 nicht mehr zur Wahl anzutreten. Auf die Frage, ob das auch für seine Verwaltungsrats-Kollegen gilt, verwies Schmid jeweils auf diese. Nun ist klar: Auch Vizepräsident Roger Geissberger wird sich nach dieser Saison zurückziehen. Der CEO «Knecht Reisen Gruppe» und Hotelier im Wallis verantwortete anfangs das Dossier «Sponsoring und Marketing», ehe er 2015 zum Ressortleiter «Sport» wurde. Im Sportausschuss sitzt der frühere Torhüter des FC Wettingen seit 2007. Gerüchte, wonach er mit der Nachfolge von Schmid als FCA-Präsident liebäugle, blockt Geissberger ab: «Für mich war immer klar: Ich bin gemeinsam mit Alfred Schmid in den FCA-Verwaltungsrat gekommen und ich werde mit ihm gemeinsam wieder austreten. Ich bin beruflich oft im Ausland. Deshalb habe ich bereits 2000 von Ernst Lämmli und 2002 von Peter Kappeler Anfragen abgelehnt, ob ich Präsident werden möchte.» Bis zum Ende der zwölfjährigen Amtszeit haben Schmid und Geissberger zwei grosse Ziele: Im Bereich des Möglichen die Weichen für eine erfolgreiche Stadion-Abstimmung im Frühling 2019 stellen. Und bis dahin soll die Nachfolge des aktuellen Verwaltungsrats geregelt sein. Keine einfache Aufgabe angesichts der Tatsache, dass die zukunftsweisende Stadion-Abstimmung und die Stabübergabe beim FCA praktisch zeitgleich stattfinden. Immerhin: Die Nachfolger übernehmen eine finanziell gesunde FCA AG mit 100 Prozent Eigenkapital. Was aber, wenn keine Nachfolger gefunden werden? Bleiben Schmid und Geissberger dann im Amt? «Das Vorhaben ist, unsere Ämter abzugeben. Aber natürlich ist uns nicht egal, wie es weitergeht. Dafür haben wir zu viel Herzblut und persönliche Investments getätigt», sagt Geissberger.