
Aarau-Trainer Patrick Rahmen: «Ich habe keine Ausstiegsklausel»
Nach fünf Wochen Vorbereitung startet am Samstag für den FC Aarau die Mission «Wiedergutmachung». Ein komplett neuer Trainerstab, neun neue Spieler – zumindest auf dem Papier ist das Facelifting gelungen. Dazu die Testspielsiege gegen GC, Thun und den FC Basel, die aufhorchen liessen. Bevor es gegen Servette (Samstag 20 Uhr, Brügglifeld) ernst gilt, stellt sich Cheftrainer Patrick Rahmen den Thesen der «Nordwestschweiz».
1: Der FC Aarau ist der Transfersieger in der Challenge League!
Patrick Rahmen: «Wir haben auf dem Transfermarkt sicher keine schlechte Falle gemacht. Es gibt Konkurrenzkampf auf jeder Position und wir sind fähig, mehrere Systeme zu spielen, basierend auf einer Dreier- oder einer Viererabwehr. So wollen wir verhindern, schon nach fünf Runden berechenbar für die Gegner zu sein. Wir orientieren uns in der Tabelle nach vorne. Auf konkrete Zielformulierungen verzichte ich jedoch weiterhin.»
2: Der FC Aarau gegen die Welschen – Lausanne und Servette sind die stärksten Konkurrenten.
«Auf dem Papier sehe ich das auch so. Servette hat gut aufgerüstet und wird am Samstag ein starker erster Gegner sein. Lausanne hat sein Kader nach dem Abstieg grösstenteils zusammenbehalten und wird sich gemäss meinen Informationen in den nächsten Tagen noch namhaft verstärken. Sie sind die Favoriten, aber ich gehe von einer ausgeglichenen Meisterschaft aus. Winterthur hat sich zuletzt stark präsentiert, Schaffhausen und Wil haben auch ihre Ambitionen.»
3: Patrick Rahmen gewinnt lieber 5:4 als 1:0.
«Mit unserer Spielausrichtung ist es schwieriger, 1:0 zu gewinnen als 5:4. Mein Anspruch aber ist es, 3:0 zu gewinnen. Es wäre fatal, die Mannschaft nur aufs Toreschiessen einzustellen und die Abwehr zu vernachlässigen: Denn die Wahrscheinlichkeit, die 4 Gegentore zu erhalten, ist viel grösser als die Wahrscheinlichkeit, die 5 eigenen Tore nicht zu erzielen. Meine Antwort auf Ihre These lautet also: Sie stimmt nicht, denn sie widerspiegelt nicht meinen Anspruch. Gleichzeitig bin ich nicht der Trainer, der vor dem eigenen Strafraum den Bus parkiert und auf den lieben Gott vertraut, dass vorne einer reingeht.»
4: Patrick Rahmen ist der erste FCA-Trainer seit René Weiler 2014, der nicht entlassen wird und seinen Abgang selber bestimmt.
«Bislang bin ich als Cheftrainer noch nie entlassen worden, das soll so bleiben, dafür arbeite ich jeden Tag. Aber das Wort ‹Abgang› mag ich nicht: Ich sehe mich langfristig in Aarau. In den Gesprächen zwischen mir und den Klubverantwortlichen haben wir stets mit der Perspektive über die nächste Saison hinaus geredet, also war auch für beide Seiten schnell klar, dass wir einen Zweijahresvertrag abschliessen. Ich bin mir bewusst, dass dies nach den vergangenen Jahren ein grosser Vertrauensbeweis ist. Eine Ausstiegsklausel gibt es in meinem Vertrag nicht.»
5: Mit Marco Walker hat Patrick Rahmen den prominentesten und stärksten Assistenzcoach der Schweiz an seiner Seite – das birgt Raum für Konflikte.
«Im Gegenteil: Ich profitiere davon, die besten Leute um mich herum zu haben. Nicht nur Marco, auch Nobi (Konditrainer Norbert Fischer; d. Red.) und Flamur (Goalietrainer Flamur Tahiraj; d. Red.) sind top. Das A und O ist die Loyalität untereinander. Wenn ich überzeugt bin von mir und das ausstrahle, brauche ich starke Partner nicht zu fürchten. Ich war selber lange Assistenztrainer und habe es stets geschätzt, viele Kompetenzen zu haben. Das handhabe ich jetzt mit Marco so: Er übernimmt einen Grossteil der Trainingsgestaltung. Taktische Übungen, Videoanalysen, und die Ansprachen vor Spielen sind bei mir, ich trage die Gesamtverantwortung. Dieses Modell erlaubt mir, punktuell auf die Spieler einzugehen.»
6: Mickaël Almeida wird der neue Publikumsliebling im Brügglifeld!
«Ich verfalle seinetwegen nicht so in Euphorie wie Sie in Ihrer Berichterstattung (lacht). Im Ernst: Ich sehe in Almeida einen ausserordentlichen Spieler mit Potenzial für eine grosse Karriere. Er hat in den Testspielen gezeigt, dass er eine Verstärkung sein kann. Und er hat trotz Anfragen anderer Klubs immer signalisiert, dass er zu uns will. Aber vergessen wir zwei Dinge nicht: Er ist 19, und die kommende Saison wird seine erste in einer Profimannschaft sein.»
7: Die Schwachstelle ist die routinierte, aber hölzerne Abwehr mit Zverotic, Schindelholz und Leo.
«Alle drei haben in der vergangenen Saison nicht regelmässig gespielt. Die Entwicklung in den Testspielen stimmt mich positiv, sie haben sich alle klar gesteigert. Wie alle Spieler werden auch sie noch einige Wochen brauchen, bis sie auf dem maximalen Leistungsniveau sind. Eine Stärke von ihnen ist die Flexibilität: Leo und Zverotic können Rechtsverteidiger spielen, Zverotic notfalls im defensiven Mittelfeld. Grundsätzlich muss sich die ganze Mannschaft im Defensivverhalten verbessern. Offensivspieler müssen auch nach hinten arbeiten – trotz aller Freude, den Ball selber in den Füssen zu haben. Fehler passieren immer, wichtig ist es dann, sofort in den Defensivmodus zu schalten und nicht darauf zu hoffen, dass ein anderer den Ball dann schon zurückholt.»