
Aaraus Balaj ballert Lausanne weg
91. Minute: Lausanne-Stürmer Andi Zeqiri steigt nach einem Corner am höchsten und köpfelt zum 4:5 aus Sicht der Gäste ein. Der FC Aarau wird doch nicht?
Nein! Kurz darauf pfeift Schiedsrichter Luca Cibelli das Spiel ab. Und was für ein Spiel! Nach 47 Minuten erzielt Lausanne das 3:1, die Partie scheint zugunsten des Tabellenführers entschieden. Doch dann zeigt sich im Brügglifeld wieder einmal die Unberechenbarkeit des Fussballs! Innert vier Minuten gleicht das Heimteam aus, schüttelt alle Probleme dieser zähen Saison ab und liegt nach 82 Minuten 5:3 vorne.
Der Wahnsinn hat einen
Namen: Liridon Balaj. Vor dem Spiel nur Insidern ein Begriff, schiesst sich der 20-jährige Kosovare gegen Lausanne in den Fokus. Drei Tore gegen die
beste Abwehr der Liga, gegen den Tabellenführer, der nun nur noch fünf Punkte vor Verfolger GC liegt. Wird Giorgio Contini schon in den nächsten Tagen als Trainer abgesetzt?
Doch zurück zu Balaj: Im Sommer 2019 macht dieser im Testspiel gegen den FC Baden mit seinen Dribblings erstmals auf sich aufmerksam. Technisch eine Augenweide, aber viel zu ballverliebt – dies die ersten Eindrücke. Doch Trainer Patrick Rahmen und Sportchef Sandro Burki glauben an Balajs Potenzial zum neuen Spektakelspieler, und geben ihm einen Vertrag bis 2021.
Bis zur Corona-Pause kämpft Balaj um den Anschluss, seit dem Wiederbeginn der Meisterschaft dreht er auf: Bereits vergangene Woche beim 3:1-Sieg in Chiasso ist er der auffälligste Aarauer, bei der 2:5-Pleite gegen Winterthur Anfang dieser Woche geht einzig von ihm Gefahr aus.
Und dann dieser Galaauftritt gegen Lausanne: 25 Minuten sind gespielt, langsam findet Aarau aus der anfänglichen Lethargie, als Balaj 30 Meter vor dem Tor angespielt wird, zum Sprint ansetzt und mit einem satten Schuss aus 18 Metern zum 1:1 trifft. Ab diesem Moment ist er der auffälligste Spieler auf dem Platz, ist sogar im eigenen Strafraum anzutreffen, wo er in der 40. Minute in extremis vor dem einschussbereiten Dominguez rettet. Gegen den Doppel-Bock der Aarauer Mehidic und Ammeter, der zum 1:2 in der 44. Minute führt, kann auch Balaj nichts ausrichten.
Doch dann provoziert er mit einem seiner zahlreichen Abschlüsse den Corner, der zum 2:3 durch Zverotic führt. Die Aufholjagd ist lanciert! Wieder Corner für Aarau, der eingewechselte Alounga blockt den Ball für Balaj frei, der diesen in der 66. Minute aus sieben Metern ins Tor knallt.
Wenig später richtet sich der Fokus kurzzeitig auf Shkelzen Gashi: In der 76. Minute wird der Stürmer eingewechselt, das langersehnte Comeback des Rückkehrers ist Tatsache.
Die 750 Zuschauer im Brügglifeld stehen Kopf
Auch mit Gashi spielt der FC Aarau nun wie aus einem Guss: Angriff für Angriff rollt auf das Tor der verdutzten Gäste, das 4:3 ist eine Frage der Zeit. In der 80. Minute ist es soweit: Balaj fängt einen missglückten Befreiungsschlag ab, nimmt am Strafraum Mass und trifft überlegt ins Eck. Die 750 Zuschauer im Brügglifeld stehen Kopf! Mit dieser Aufholjagd haben sie nicht gerechnet! Und mit Balaj ist einer auf dem Weg zum neuen Publikumsliebling! Das 5:3 von Alounga nach herrlichem Zuspiel von Gashi (82. Minute) ist das Sahnehäubchen auf die beste Halbzeit des FC Aarau in dieser Saison.
«Ein Traum, mein erster Dreierpack als Profi», sagt der Matchwinner nach dem Schlusspfiff, der von den Teamkollegen geherzt wird und sein Glück kaum fassen kann. Balaj ist wie ein Spiegelbild für die Saison des FC Aarau: Überraschungen en masse!