Aaraus Blamage von Chiasso

Was für eine bizarre Partie! Was für ein bizarrer Spielverlauf! Was für eine bizarre Torfolge! Was für ein bizarres Ende!

Der FC Aarau führt nach gut einer halben Stunde gegen Chiasso dank Toren von Patrick Rossini und Marco Schneuwly 2:0 und biegt auf die Siegesstrasse ein. Der Mist scheint geführt. Umso mehr, als dass die Tessiner in den bisherigen drei Spielen dieser Saison nicht nur keinen Punkt geholt, sondern auch kein einziges Tor erzielt haben.

Was soll da aus Sicht des FC Aarau noch schiefgehen? Alles klar also? Nein! Statt einen Sieg im Schongang zu schaffen, gibts schliesslich eine Bruchlandung. Mehr noch. Das Spiel in Chiasso wird aus Aarauer Sicht zu einem Horrorerlebnis.

Nach dem Anschlusstreffer der Tessiner kurz vor der Pause brechen in der zweiten Halbzeit alle Dämme. Die sehr gut gezählten 550 Zuschauer im Stadio Riva IV trauen ihren Augen nicht. Chiassos Sofian Bahloul wird zum Matchwinner für den Aussenseiter. Der Flügelstürmer sorgt innert 20 Minuten für die Wende. Zuerst trifft er mit einem Sonntagsschuss von der Strafraumgrenze (38.). Dann provoziert er nach einem Energieanfall und einem Schuss aus kurzer Distanz ein Eigentor von Giuseppe Leo. Und beim dritten Treffer vernascht Bahloul Leo ein zweites Mal und bringt Chiasso 3:2 in Führung. Als Rodrigo Pollero eine gute Viertelstunde vor Schluss der vierte Treffer für die Tessiner gelingt, ist der FC Aarau geschlagen.

Am Ende gewinnt Chiasso 4:2! Und der FC Aarau steht mit abgesägten Hosen da. Dabei hatte für die Mannschaft von Trainer Patrick Rahmen alles so vielversprechend begonnen: Petar Misic lancierte nach vier Minuten Marco Schneuwly mit einem Pass in die Tiefe. Schneuwly leitete den Ball zu Patrick Rossini weiter, der mit einem Flachschuss aus acht Metern zum 1:0 für die Aarauer traf. Und als Schneuwly nach 32 Minuten nach Vorarbeit von Misic und Rossini mit einem Lobball der kuriosen Sorte zum 2:0 trifft, liegen für den Favoriten die drei Punkte auf dem silbernen Tablett.

Und dann kommt Sofian Bahloul und reisst den FC Aarau aus allen Träumen. Wie ist das möglich? Wie konnte die Mannschaft den vermeintlich beruhigenden Zwei-Tore-Vorsprung aus den Händen geben? Hat man sich nach dem 2:0 zu sicher gefühlt? «Besser, ich verliere nicht zu viele Worte, bevor ich noch etwas Unüberlegtes sage», sagte der sichtlich verärgerte FCA-Trainer Rahmen unmittelbar nach dem Schlusspfiff. «Wir verspielen hier auf unerklärliche Art und Weise eine hervorragende Ausgangslage. Ich muss mir das Ganze nochmals in Ruhe anschauen und werde dann klare Worte an die Mannschaft richten.»

Mal schauen, was Rahmen seinem Team nach dem peinlichen 2:4 gegen Chiasso mit auf den Weg gibt. Eines ist nach der vierten Meisterschaftsrunde klar: Der FC Aarau hat sich gegen den Abstiegskandidaten Nummer eins aus der Südschweiz so richtig blamiert.

Sechs Tage nach der unglücklichen 1:2-Heimniederlage gegen den Aufstiegsfavoriten GC ist das Team brutal auf dem Boden der Realität angekommen. Diesmal konnte man die Schuld an der Niederlage nicht dem Schiedsrichter in die Schuhe schieben. Diesmal führten Unvermögen, Nonchalance, Überheblichkeit, ja teilweise sogar Arroganz zum unnötigen Verlust der drei Punkte. Die Pleite ist umso ärgerlicher, als dass der FC Aarau gegen eine Mannschaft verloren hat, die nach drei Spielen der Saison schon am Abgrund stand – und von den Aarauern wieder ins Leben geholt wurde.