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Aarburger «Nostalgiebadi» feiert Geburtstag

Samstag, 13. Juni 1931, nachmittags um halb 2 Uhr: Aussergewöhnliches passiert im Städtli. Die Aarburger Schuljugend sammelt sich beim Bezirksschulhaus. «Bei prachtvollstem Wetter», wie der Rechenschaftsbericht des Gemeinderates für das Jahr 1931 festhält, ziehen die Jugendlichen dann über die Hofmatt zur brandneuen Badi auf der Bifangmatte. Nach Liedvorträgen und einer Ansprache von Gemeindeammann Hans Hofmann wird die Badi der Jugend übergeben. Anschliessend durfte gebadet werden, und zwar «nach gegebener Zeiteinteilung», wie es im Zofinger Tagblatt vom 11. Juni 1931 heisst. Am Sonntag schliesslich fand um 1 Uhr nachmittags die Eröffnung des ordentlichen Badebetriebes statt. Am Morgen hatten sich sämtliche Gemeindebehörden und Kommissionen sowie behördliche Vertreter der Nachbargemeinden Oftringen und Olten zur offiziellen Eröffnung eingefunden.

Laut Rechenschaftsbericht des Gemeinderates für das Jahr 1931 hat die Anlage «allgemeine Anerkennung gefunden, was auch durch die vom ersten Tage an einsetzende Frequenz zum Ausdruck kam. An schönen Sonntagen überstieg die Zahl der Gäste das zweite Tausend.» Um diesem Andrang Herr zu werden, liess die Gemeinde im Estrich des Eingangsgebäudes weitere Ankleidekabinen einbauen. Dies war als Möglichkeit bereits im Bauprojekt so vorgesehen gewesen.

Fabrikant Caspar Weber verspricht 20 000 Franken für die Badi

«Die Weiterbenützung des für die Kinder bestimmten Badeplatzes am Fabrikkanal lässt sich nicht mehr verantworten, da das Wasser durch die vielen Kanalisations- und Fabrikausläufe ständig stark verunreinigt und für die Badenden geradezu gesundheitsschädlich ist», schreibt der Gemeinderat in der Projektvorlage vom Juni 1930 und stellt die rhetorische Frage: «Wer wollte aber erst die Verantwortlichkeit dafür übernehmen, den Kindern die offene Aare als Badeplatz anzuweisen?» Über eine Badi habe man tatsächlich schon länger diskutiert, wie Alfons Wagner im ZT vom 11. Juni 1931 schreibt: «Die Idee einer Badeanstalt ist nicht neu, schon vor vielen Jahren sprach man davon.» Aber die Projekte scheiterten jeweils am Standort oder an der Finanzierung. 1929 standen die Zeichen günstig: Der Gemeinderat war sich mit Gottfried Zimmerli-Jäggi mündlich über einen Kaufvorvertrag für Land in der Bifangmatte einig. Dennoch drohte das Geschäft im letzten Augenblick zu scheitern. Gemäss Gemeinderatsprotokoll vom 2. September wollte Zimmerli-Jäggi plötzlich nicht mehr verkaufen. Denn «unüberlegte leidenschaftliche Äusserungen» eines Mitglieds des Vorstandes des Verkehrs- und Verschönerungsvereins hätten den Verkäufer derart verbittert, dass er von einem Verkauf nichts mehr wissen wollte. Nach wiederholten Konferenzen sei es gelungen, ihn zumindest teilweise umzustimmen. So konnte die Gemeinde zum Preis von 22 031 Franken knapp 2 Hektaren Land kaufen; heute wären das um die 140 000 Franken. Die Gemeindeversammlung vom
6. September 1929 gab zu diesem Geschäft ihren Segen, weil ihr von Fabrikant Carl Weber eine Schenkungszusicherung in Höhe von 20 000 Franken (heute: knapp 130 000 Franken) vorlag.

An schönen Sonntagen überstieg die Zahl der Gäste das zweite Tausend.

Aus dem Rechenschaftsbericht des Gemeinderates für das Jahr 1931

Das fertig ausgearbeitete Projekt mit einem Kostenvoranschlag in Höhe von 163 000 Franken (heute wäre das ein Betrag von etwas über 1 Mio. Franken) kam am 10. Juli 1930 an die Gmeind, die dazu «mit an Einstimmigkeit grenzendem Mehr» Ja sagte. 80 000 Franken (heute: Fr. 524 141.41) waren durch reservierte Mittel, Schenkungen und weitere Beiträge bereits vorhanden, die fehlenden 83 000 Franken (heute: Fr. 543 796.72) musste die Gemeinde auf dem Anleihenswege beschaffen.

Ungewöhnliches Hochwasser der Aare führt zu Problemen

Nachdem die Gemeindeversammlung grünes Licht gegeben hatte, konnten Anfang August die Arbeiten in Angriff genommen werden. «Begünstigt von der Witterung nahmen die Arbeiten einen erfreulich raschen Verlauf, bis sie auf Grundwassertiefe vorgerückt waren. In der Folge stellten sich dann aber Schwierigkeiten ein, hervorgerufen durch den anormal hohen Wasserstand der Aare und den sandigen Untergrund», schreibt der Gemeinderat im Rechenschaftsbericht für 1930. «Trotzdem waren die Arbeiten Ende Dezember so weit fortgeschritten, dass die Hoffnung auf rechtzeitige Vollendung ins neue Jahr hinübergenommen werden durfte.»

Wie eingangs beschrieben, fanden die Feierlichkeiten zur Einweihung am 13. und 14. Juni 1931 bei prachtvollem Wetter statt. Doch bereits während dieser ersten Saison zeigten sich Probleme, wie der Gemeinderat in seinem Rechenschaftsbericht für das Jahr 1931 festhält: «Die Speisung des Bassins mit klarem Wasser hat während des aussergewöhnlich niederschlagsreichen Sommers mitunter Schwierigkeiten geboten, sodass verschiedentlich die Wasserversorgung beansprucht werden musste. Um den Badebetrieb in Zukunft einwandfrei und unabhängig vom Aarewasser aufrechterhalten zu können, ist den Winter über die Grundwasserversorgung ausgebaut worden.» Nicht nur das Wasser war zeitweise getrübt, auch die Bauabrechnung verhiess nichts Gutes: Schon im Verlaufe der Bauperiode hat sich gezeigt, dass der bewilligte Kredit nicht ausreichen würde. Das ­anhaltende Hochwasser sowie verschiedene als zweckmässig befundene Projektverbesserungen erforderten beträchtliche Mehraufwendungen. Die ganze Anlage inklusive Sportplatz, Zufahrt, Mobiliar und Landerwerb kostete Fr. 195 643.27, also Fr. 32 643.27 mehr als bewilligt. Umgerechnet auf den heutigen Wert betrug die Kreditüberschreitung Fr. 225 547.17.

Gutes Ergebnis trotz verregnetem Sommer

Der Gemeinderat schreibt in seiner ersten Saisonbilanz, dass trotz des verregneten Sommers die Frequenz die kühnsten Erwartungen übertroffen habe. Einnahmen in Höhe von Fr. 10 535.90 standen Ausgaben von Fr. 4210.50 entgegen. Es resultierte ein Überschuss von Fr. 6325.40. Diese Summe im heutigen Wert von ungefähr 43 705 Franken wurde zum Zweck eines weiteren Ausbaus der Badi und des Sportplatzes in Reserve gestellt. Der Gemeinderat endet seinen Bericht voller Stolz: «Unsere Gemeinde darf auf diese neueste, von einem gesunden Fortschrittswillen ihrer Bevölkerung beredtes Zeugnis ablegenden Schöpfung ehrlich stolz sein. […] Die grossen Opfer, die dafür gebracht wurden, werden sich tausendfältig bezahlt machen.»

Doch bereits vier Jahre später musste der Gemeinderat Massnahmen zur Verbesserung der Rendite ergreifen: Zum einen wurde beschlossen, dass der Badmeister bei gleichem Monatslohn (300 Franken) die Mittagszeit in der Badi verbringen muss, um die Stellvertretung zu sparen. Bei schlechtem Wetter wird er vom Bauamt beschäftigt und entlöhnt. Weiter soll die Kassiererin ihre Freitage auf die Zeiten legen, zu denen der Badebetrieb wegen der Witterung ruht. Und über Mittag soll sie ihr Ehemann vertreten, ohne Extraentschädigung.

Die Saison 2021 endet wegen der Sanierung bereits während der Sommerferien

Das Bauprojekt, ausgearbeitet von der Epprecht Architekten AG aus Aarburg und der Jenzer+Partner AG aus Aarberg, rechnet mit Kosten in Höhe von knapp 6,2 Millionen Franken. Dem Kredit dazu haben die Aarburger Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung vom 18. September 2020 mit 126 Ja- zu 12 Nein-Stimmen zugestimmt. Beim Sanierungskonzept werde eine ausgewogene Mischung zwischen Erhalt und Rückführung der Bausubstanz in den originalen Zustand sowie die erforderlichen Anpassungen an die heutigen Bedürfnisse und Vorschriften einer zeitgemässen Badi angestrebt. So steht es im Projektbeschrieb. Und aufgrund des Alters der sanitären und elektrischen Installationen müssten diese komplett ersetzt werden. Die grosse Anzahl an Gruppengarderoben sei heute nicht mehr gefragt, dafür bestehe der Bedarf an Warmwasserduschen, separaten Räumlichkeiten für die Sanität, ein Büro, ein behindertengerechtes WC und einen Aufenthaltsbereich für die Mitarbeiter.

Damit die Barfusszone sauber bleibt, soll die Mischzone möglichst klein gehalten werden. Das bedeutet, dass der Badibesucher nicht mehr entlang des Schwimmbeckens gehen muss, um zur Liegewiese zu gelangen, sondern nach Betreten der Badi gleich nach links zur Wiese geführt wird.

Das heutige Planschbecken für Kinder wird abgerissen. An seiner Stelle entsteht eine Liegewiese, wie es 1931 schon der Fall war. Das neue, 74 Quadratmeter grosse Kinderplanschbecken sowie ein Spielplatz werden südlich des Cafés, das durch das Camping-Restaurant betrieben wird, errichtet. So wird die Aufsicht der Kinder durch deren Betreuungspersonen einfacher, da sich alles an einem Ort befindet.

«Die beidseits des Schwimmbeckens angeordneten Umkleidekabinen sind ein prägendes Element der Badi», schreiben die Architekten im Projektbeschrieb. Die teilweise umgenutzten Kabinen sollen wieder ihrer ursprünglichen Funktion und in den Originalzustand zurückgeführt werden. Der erhöhte Unterhaltsaufwand werde zu Gunsten der Originalität bewusst in Kauf genommen – und dazu gebe es auch mehr Fördergelder von Bund und Kanton.

Die Veränderungen beim Becken sind im Nichtschwimmerbereich am augenfälligsten: Dieser wird vergrössert. Dabei wird der heutige Betonsteg, der den Schwimmer- vom Nichtschwimmerbereich trennt, abgerissen. Zur Trennung der beiden Bereiche wird eine Mauer errichtet, die etwa 5 Zentimeter unter der Wasseroberfläche endet. Darauf wird ein Handlauf angebracht, wie er auf Bildern aus dem Eröffnungsjahr zu sehen ist.

Die Badi schliesst am Sonntag, 25. Juli, gleich im Anschluss beginnen die Sanierungsarbeiten. Die Wiedereröffnung ist für Anfang bis Mitte Juni 2022 geplant – je nach Baufortschritt. Badegäste, die 2021 ein Saisonabo gekauft haben oder noch kaufen werden, können das gleiche Abo für die Badisaison 2022 zu einem vergünstigten Preis erwerben.

Baustelle der Badi Aarburg, aufgenommen am 20. Oktober 2021.
Bild: Philipp Muntwiler