
Aargauer Baufirma muss Millionen-Busse bezahlen: Umbricht-Gruppe blitzt vor Bundesgericht ab
Der Gewinner stand oftmals schon im Voraus fest, bestimmt von den Bewerbern selbst. Bei rund 100 öffentlichen und privaten Ausschreibungen von Strassen- und Tiefbauprojekten im Kanton Aargau sprachen sich die Firmen ab. Sie vereinbarten, wer den tiefsten Preis verlangen und den Auftrag erhalten sollte. 18 im Aargau tätige Unternehmen fanden sich auf der Liste, die von der Wettbewerbskommission Weko im Januar 2012 publik gemacht worden war.
Bussen in der Höhe von rund vier Millionen Franken verhängte die Behörde. Die Mehrheit der gebüssten Baufirmen akzeptierte die Sanktion, vier setzten sich dagegen zur Wehr. Drei davon gaben sich mit der späteren Reduktion der Bussen durch das Bundesverwaltungsgericht zufrieden. Die Aargauer Umbricht-Gruppe hingegen focht auch diesen Entscheid an und beantragte vor Bundesgericht, der Betrag von rund 1,2 Millionen Franken sei um mehr als die Hälfte zu senken.
Umstritten vor der obersten Instanz sind nicht mehr die unzulässigen Absprachen an sich, sondern nur noch einzelne Fälle. Die Strategie der Baufirma vor Bundesgericht: Sie zweifelt die Beweismittel an, auf welche die Bussen abgestützt worden waren. Dies geht aus dem am Freitag veröffentlichten Urteil hervor. Im Zentrum der Ermittlungen stand eine handschriftliche Liste. Auf neun Seiten waren Angaben zu 186 ausgeschriebenen Projekten notiert worden. Das Dokument stammte von einem Unternehmen, das an der Absprache beteiligt war, danach aber mit den Behörden kooperierte – und auf diese Weise einer Sanktion entging. Daneben wirkten weitere beteiligte Firmen an der Aufdeckung mit und profitierten von einem Strafrabatt.
Bundesgericht weist Kritik zurück
Die Umbricht-Gruppe kritisiert, die handschriftliche Liste sei falsch, unvollständig und nur von beschränkter Aussagekraft. Nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Dokument erstellt worden sei, um Konkurrenten im Hinblick auf die Weko-Untersuchung zu belasten. Zweifel äussert die Beschwerdeführerin auch an den Aussagen der anderen involvierten Unternehmen, die als sogenannte Selbstanzeiger mit der Wettbewerbsbehörde zusammengearbeitet hatten. Diese hätten ein hohes Eigeninteresse, ihre Mitbewerber zu beschuldigen und im Gegenzug von einer Bussenreduktion zu profitieren, argumentiert die Aargauer Baufirma.
Die Bundesrichter lassen sich von diesen Einwänden nicht überzeugen und weisen die Beschwerde ab. Sie teilen die Einschätzung der Vorinstanz, wonach es sich beim handschriftlichen Dokument um ein taugliches und überzeugendes Beweismittel handelt. Allerdings verlangte das Bundesverwaltungsgericht daneben weitere einschlägige Beweismittel, um die Vorwürfe zu untermauern. Das Bundesgericht stützt dieses Vorgehen und weist auch die Kritik am Umgang mit den Angaben von kooperierenden Mitbewerbern zurück: «Die Vorinstanz hat die einzelnen Beweismittel sorgfältig analysiert und die Aussagen im Rahmen der Selbstanzeigung mit weiteren und späteren Aussagen und weiteren Aspekten ver- und abgeglichen.»
Auf die Niederlage vor der obersten Instanz folgen hohe Rechnungen: Neben der Busse von rund 1,2 Millionen Franken wird die Aargauer Baufirma Verfahrenskosten von über 50’000 Franken bezahlen müssen. Dazu kommen weitere 10’000 Franken für das bundesgerichtliche Verfahren.
Bundesgerichtsurteil 2C_845/2018 vom 3. August 2020