
Aargauer erschleicht sich mehr als eine halbe Million Franken – erst nach dreieinhalb Jahren fliegt er auf
Die ganze Geschichte war erfunden, aber offenbar überzeugend erzählt: Rund dreieinhalb Jahre lang gaukelte ein Aargauer einem Mann vor, er habe von seinem Grossvater ein Haus geerbt und brauche nun Geld für die Renovation. Das Opfer der perfiden Masche glaubte dem Betrüger und gab ihm immer wieder Geld: In insgesamt 56 Tranchen erhielt der vermeintliche Hausbesitzer total 283’000 Franken und 243’000 Euro – alles in bar.
Das Opfer leistete die Zahlungen in der Hoffnung, bei einem späteren Verkauf des renovierten Hauses den Gewinn zu erhalten. Doch es stellte sich heraus, dass der Aargauer weder ein Haus noch ein Grundstück besass. Die ganze Geschichte war erfunden, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervorgeht. Der vermeintliche Hausbesitzer betrieb einen beträchtlichen Aufwand, um das Opfer von seiner Lügengeschichte zu überzeugen: Der Aargauer legte dem anderen Mann kontinuierlich gefälschte Urkunden von Behörden, Banken, Gerichten oder Anwälten vor.
Obergericht reduzierte Landesverweisung von zwölf auf sechs Jahre
Das Bezirksgericht Zurzach sprach den Mann im Jahr 2020 unter anderem des gewerbsmässigen Betrugs und der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Zudem verhängte das Gericht einen Landesverweis für die Dauer von zwölf Jahren und eine Busse von 240 Franken. Das Aargauer Obergericht bestätigte im Februar dieses Jahres den Schuldspruch wegen gewerbsmässigen Betrugs, reduzierte die Landesverweisung aber auf sechs Jahre.
Bei dieser Strafe bleibt es nun, wie das Bundesgericht entscheidet. Es hat eine Beschwerde des Aargauers abgewiesen, der einen Freispruch vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs forderte. Der vermeintliche Hausbesitzer bezeichnete die Anklageschrift als mangelhaft, weil die Staatsanwaltschaft auf eine detaillierte Auflistung der einzelnen Zahlungen des Opfers verzichtet hatte. Dies stellt nach Ansicht des Bundesgerichts jedoch keine Verletzung des Anklageprinzips dar, für den Beschuldigten sei klar erkennbar gewesen, was ihm vorgeworfen wurde.
Betrüger vergleicht Deliktsumme und Strafe mit ASE- und Raiffeisen-Fällen
Der Betrüger argumentierte in seiner Beschwerde weiter, der Deliktsbetrag in seinem Fall sei relativ gering, die Gefängnisstrafe aber dennoch hoch. Er nennt als Vergleich den Anlagebetrug der ASE Investment in Frick, bei dem es um 170 Millionen Franken ging und der Hauptbeschuldigte zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt wurde. Ein weitere Fall sei die Anklage gegen den früheren Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz – dort gehe es um mehrere Millionen, der Strafantrag laute wie in seinem Fall auf sechs Jahre Gefängnis.
Zudem müsse berücksichtigt werden, dass das Opfer eine gewisse Mitverantwortung trage und die gefälschten Dokumente schlecht gemacht gewesen seien. Der Aargauer ist also der Ansicht, der Betrogene hätte selber merken müssen, dass er gar kein Haus besitze. Das Bundesgericht geht nicht auf diese Argumente ein und verweist stattdessen auf das Urteil des Obergerichts. Dieses war zum Schluss gekommen, der Betrüger könne aus dem vergleichsweise niedrigen Deliktsbetrag nichts zu seinen Gunsten ableiten. Zudem habe er das Vertrauensverhältnis zum Opfer ausgenutzt – er kenne den Mann, der ihm Geld gegeben habe, seit rund 20 Jahren, diese sei für ihn eine Art Vaterfigur.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Betrügers ab, der eine Reduktion seiner Strafe auf zehn Monate bedingt gefordert hatte. Es bestätigt die Freiheitsstrafe von sechs Jahren und die darauf folgende, ebenfalls sechsjährige Landesverweisung. Zudem muss der Aargauer die Gerichtskosten von 3000 Franken übernehmen.