Achtung Fitnessmasken: Antivirale Beschichtungen machen falsche Versprechen

Die Viren sind überall, wo man steht und geht, atmet und hinfasst. Diesen Eindruck könnte man nach einem Jahr Coronameldungen leicht haben. Umso dankbarer liest man Versprechen wie dieses: «Die Livinguard-Technologie zerstört, wissenschaftlich bewiesen, mehr als 99,9 Prozent von Sars-CoV-2.» Und es kommt noch besser, wer mehr erfahren will, liest auf der Website: «Die Livinguard-Technologie auf den Masken zerstört 1’000’000-mal mehr Viren als die gesamte Virenlast eines Niesers.»

Der Eindruck, der hier bei den Kundinnen und Kunden entsteht: Wer diese Maske trägt, ist komplett gegen das Virus geschützt. Besser als mit Masken ohne antivirale Beschichtung. Denn keine Stoffmaske und keine chirurgische Hygienemaske erreicht eine Viren-Filtration von 99,9 Prozent. Sie haben, wenn sie zertifiziert und somit gut sind, eine Filtrationsleistung von 70 bis 95 Prozent.

Tatsächlich werden bei antiviralen Masken aber nur jene 99,9 Prozent der Viren zerstört, die auf oder in der Maske hängen bleiben. Bei einer Maske mit schlechter Filterleistung nützt also auch eine antivirale Beschichtung nichts. Es bedeutet, dass man sie anfassen kann, ohne sich nachher die Hände waschen zu müssen. Allerdings sind Hygienefachleute inzwischen überzeugt, dass die Ansteckung mit Sars-CoV-2 nur sehr selten über die Hände geschieht, dies hat kürzlich auch eine Studie der Eawag ergeben, die das Ansteckungsrisiko auf glatten Oberflächen untersucht hat. Auf Stoff ist es noch geringer.

Hat die Beschichtung einen Einfluss auf die Filtereffizienz?

Dies gilt auch für die Schweizer Masken-Marke HeiQ. Aus deren Testreport ist nicht ersichtlich, ob die Filtrationswirkung aufgrund der antiviralen Beschichtung geschieht oder einfach durch das Vlies. Hoi Kwan, Mediensprecher von HeiQ, sagt: «Wir haben mehr als 14 Laborstudien eines renommierten US-Labors, die zeigen, dass FFP2-Masken, die mit der HeiQ-Virenblock-Technologie behandelt sind, 30- bis 200-mal effektiver Viren filtern.» Livinguard sagt hingegen auf Nachfrage: «Die Beschichtung hat keinen Einfluss auf die Filtereffizienz.» Bakterien und Viren, die aufgehalten werden, würden jedoch kontinuierlich inaktiviert.

HeiQ und Livinguard verwenden zwei unterschiedliche antivirale Technologien. Bei Livinguard werden die Viren durch eine positive Ladung des Gewebes aufgefangen und die Zellwände zum Platzen gebracht. Bei HeiQ werden die Viren durch Silber angezogen und inaktiviert. Beide Technologien haben ein grosses Potenzial für viele Anwendungsbereiche. Aber bei den Masken sind sie nicht der entscheidende Faktor. Unter jenen Masken, welche das Schweizer Testinstitut Testex zertifiziert hat, ist übrigens keine antivirale Maske zu finden.

HeiQ und Livinguard haben beide ausländische Zertifikate, die sich auf einen Virendurchmesser von zwei respektive drei Mikrometern beziehen, wie jene der gebräuchlichen chirurgischen Hygienemasken. Der Schweizer Standard schreibt einen Mikrometer vor.

Bei der in der Schweiz sehr verbreitet getragenen Livinguard-Pro-Maske spielt die Irreführung mit der antiviralen Beschichtung keine Rolle, denn die Maske filtert Viren sehr gut (93 Prozent bei Aerosolen und 100 Prozent bei 1 Mikrometer grossen Tröpfchen), wie ein Test ergeben hat, der der Beobachter letzten Sommer machen liess. Die Masken dürfen allerdings nur kalt abgespült werden, damit der Filter nicht beschädigt wird. Livingpro selbst gibt eine Filterleistung von über 95 Prozent an, der Aerosolschutz entspreche «tatsächlich einer Abweisung nach FFP2- oder sogar FFP3-Norm».

Fitnessmaske erfüllt die geforderte Filterleistung nicht

Doch Livinguard hat nun eine Fitnessmaske lanciert, bei der dies gefährlicher sein könnte. Speziell da nun die Fitnesscenter öffnen und dort meist eine Maske getragen werden muss. Die «Fitness Mask» ist einlagig und besticht durch eine hohe Atmungsaktivität, der Atemwiderstand ist selbst bei Anstrengung gering. Doch an einer Medienkonferenz zum Thema «Hygiene in der Zeit nach Covid», die Livinguard am 30. März durchführte, sagte Sanjeev Swamy, Gründer und CEO von Livinguard auf Nachfrage von CH Media:

«Die Aerosol-Filterleistung der Fitnessmaske ist nicht ideal. Für Leute zum Beispiel in einem Zug empfehlen wir diese Maske nicht.»

Die Maske wurde nur bezüglich der grösseren Tröpfchen getestet. Das Problem ist aber gerade, dass man im Zug still dasitzt, im Fitnesscenter jedoch schwer atmet und entsprechende Ladungen an Aerosolen ausstösst. Dass in der Schweiz nach wie vor alle Masken zugelassen sind, auch selbstgenähte oder eben eine solche einlagige, hauchdünne Maske, bedeutet in Fitnesscentern ein hohes Risiko.

Hoi Kwan, Mediensprecher von HeiQ, sagte angesprochen auf einen unrealistischen 99,9-prozentigen Schutz: «Masken spielen bei der Übertragung des Virus eine wichtige Rolle…

… aber es ist klar, dass es nicht 100-prozentig risikofrei sein kann. Wir sollten nach wie vor die Hygiene- und Abstandsregeln einhalten.»