
Aktuelle Kunstkarte für die Heimatvereinigung Wiggertal: Vielschichtig wie das Leben

HEIMATVEREINIGUNG WIGGERTAL
Einsatz für kulturelle Werte
Mit der jährlich stattfindenden Kartenaktion «Häb Sorg zur Heimet» gibt die Heimatvereinigung Wiggertal zum einen Einblick in das Schaffen einheimischer Künstlerinnen und Künstler ausserhalb von Ausstellungen. Zum andern bildet sie eine der wichtigsten Einnahmequellen für das breite Wirken der Heimatvereinigung. Diese setzt sich in vielfältiger Weise für die kulturellen Werte des Wiggertales und des Luzerner Hinterlandes ein. Mit Aktionen und Projekten sowie der jährlichen Herausgabe der «Heimatkunde Wiggertal» möchte sie Vergangenes ins Bewusstsein zurückrufen, Heimat ideell erhalten und sichtbar machen. Die Verantwortlichen der Heimatvereinigung freuen sich, wenn die Schülerinnen und Schüler mit ihren Karten zu vier Franken an den Haustüren im Luzerner Hinterland und im Wiggertal gute Aufnahme finden. (
Das Wohnatelier von Sara Gassmann (1980) liegt am Rande der Stadt Basel. Die Fensterfront lässt viel Licht in den Raum. An den Wänden der ehemaligen Möbelschreinerei hängen grosse Bilder. Ihre vielfältigen Flächen und starken Farben füllen den Raum. Auf dem Boden, in einem Glaskasten und auf Tischen liegen und stehen Objekte. Zwei Arbeitstische, eine Küchen- und eine Sitzecke weisen zusammen mit der Schlafkoje darauf hin, dass hier auch gewohnt wird. Im unverkennbaren Dialekt des Luzerner Wiggertales erzählt Sara Gassmann von ihrem Leben. Auf Umwegen fand sie zur Kunst.
Mit einer Schwester in Dagmersellen aufgewachsen, hat sie schon als Kind gerne gezeichnet, gebastelt und gestaltet. Für ihren im Natur- und Vogelschutz engagierten Vater Edi durfte sie Illustrationen für das Navo-Heft zeichnen. Seit jeher interessierten sie in der Schule vor allem die gestalterischen Fächer. Nach dem Besuch der Kantonsschule und einem Au-pair-Jahr besuchte sie deshalb das Lehrerseminar in Hitzkirch. «Es war eine tolle Zeit. Viele damals geschlossene Freundschaften bestehen noch heute und sind mir wichtig.» Als sie allerdings danach die Aufnahmeprüfung an die Kunstgewerbeschule nicht schaffte, war sie ratlos, was sie tun sollte. Sie unterrichtete ein halbes Jahr und finanzierte sich eine Reise durch Mittelamerika. Interessiert an Zeitgeschichte und Politik, nahm sie danach in Bern das Studium der Politikwissenschaften auf. Nach einem Erasmusjahr in Bologna schloss sie das Nebenfach in Ökologie ab, nicht aber das Hauptstudium. Sie spürte: «Das ist nicht der richtige Weg für mich. Was mich interessiert, ist die Kunst.»
Angekommen
Zielstrebig suchte sie nun einen möglichen Weg. Nach einem gestalterischen Vorkurs an der anthroposophischen Hochschule Alanus in Deutschland folgte das Bachelor-Studium an der Hochschule für Kunst und Design in Luzern und an der Haute Ecole d’Art et de Design in Genf. In dieser Zeit widmete sie sich vor allem der klassischen Malerei. Das Interesse, das Feld der Malerei zu öffnen, nahm zu. Mit dem experimentellen Einbezug verschiedenster Materialien wollte sie den Raum öffnen, damit dieser selber zum Bild wird. An der Hochschule der Künste in Bern fokussierte sie sich auf Objekte und Installationen und schloss das Studium 2013 mit dem Master ab. Je nach Arbeitsphase, Arbeitsort und Ausstellungsanfragen arbeitet sie mit dem dafür geeigneten Medium. Installationen werden konkret für Ausstellungssituationen geplant, anders als die Malerei oder Keramik. «Installationen sind temporär, auf den Moment ausgerichtet und damit ein Ausdruck der Vergänglichkeit.» Seit ihrem Abschluss arbeitet Sara Gassmann als selbständige Künstlerin. Um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, übernimmt sie immer wieder Stellvertretungen an der Schule. Und doch will sie sich nicht fest anstellen lassen. Freiheit und Flexibilität sind ihr wichtiger als Sicherheit.
Von andern Kulturen inspiriert
Sara Gassmann konnte ihre Werke an Ausstellungen zeigen, zum Beispiel im Kunstmuseum in Luzern (2012/2014) und in der Stadtmühle Willisau (2015). Ihr Interesse an anderen Ländern hatte sie schon früher auch nach Afrika und Indien geführt. Atelierstipendien ermöglichten ihr intensives Schaffen in verschiedenen Städten: Peking, Seoul, Shanghai und New York. Sie liebt das Gefühl von Fremdsein und sich in einer unbekannten Umgebung zurechtfinden zu müssen. «Dies gibt eine ganz andere Wahrnehmung der Farben und Formen. Es hat mit allen Sinnen zu tun und ist bereichernd. Ich kann ganz eintauchen in die jeweilige Situation und mich von ihr inspirieren lassen.»
Prozessorientiertes Schaffen
Als Hauptmerkmal ihrer Arbeit bezeichnet Sara Gassmann das prozessorientierte Schaffen. Sie malt relativ schnell an der Wand direkt auf die auf einem Keilrahmen aufgespannte Baumwolle, weil diese heller und feiner ist als Leinen. Diese grundiert sie mit einem transparenten Hautleim. Zum Malen verwendet sie stark verdünntes Acryl sowie Tusche, was eine lasierende Wirkung ergibt und Leichtigkeit erzeugt. Ohne vorgefertigte Skizzen lässt sie sich durch die Inspiration lenken. Immer wieder tritt sie zurück und nimmt Abstand, bis ein Bild für sie stimmt und fertig ist. Meist ergeben sich abstrakte Flächen oder figürliche Formen. Durch das Übermalen von Flächen wird das Dahinterliegende überdeckt; durch die Schichtungen entsteht Raum. Auch bei ihren Objekten aus Keramik lässt sie sich von der Intuition leiten, wobei das Material die Form bestimmt. Auf der aktuellen Kunstkarte der Heimatvereinigung Wiggertal sind zwei Wandplatten in glasierter Keramik abgebildet. Sara Gassmann wählte dazu die Wursttechnik, um eine stoffliche Komponente zu ermöglichen. Deshalb die Bezeichnung Carpet IV und Carpet X. Es ging ihr auch darum, eine Balance zwischen Farbe und Form zu finden. Die aneinandergereihten «Würste» verleihen dem festen und schweren Material sowohl Spannung als auch Leichtigkeit. Die geschichteten Farbflächen erzeugen eine dreidimensionale Wirkung.