
Alle wollen bauen – doch keiner will das Aushubmaterial
Nachgefragt bei Stadtammann Hans Ruedi Hottiger
«Bevölkerung ist sehr sensibel»
Jahrelang hat zofingenregio nach einem Standort für Aushubmaterial gesucht. Alle Gemeinden wehrten sich. Frustrierend?
Hans-Ruedi Hottiger: In gewisser Weise schon. Man muss aber auch relativieren. Wir sind längst nicht die einzige Region, die Probleme hat, Plätze für sauberes Aushubmaterial zu finden. Das Wiggertal ist dicht besiedelt, Kiesgruben, die man auffüllen könnte, gibt es kaum. Das Killerkriterium für die Gemeinden sind die Lastwagenfahrten, um den Aushub abzuladen. Dass diese nicht durch Wohngebiete führen sollen, ist verständlich. Wenn es um die Wohnqualität geht, reagiert die Bevölkerung immer sehr sensibel.
Aber es wäre auch ein Geschäft?
Ja, Eigentümer und Gemeinden werden entschädigt. Wir haben es aber trotzdem nicht geschafft, einen Standort zu finden.
Wie geht es jetzt weiter?
Für die Bauunternehmen bedeutet dies, dass sie Aushubmaterial weiterhin aus der Region «exportieren» müssen. Es bleibt aber eine regionale Aufgabe, einen Standort zu finden, der drei, vier Jahre ausreicht.
Sie wollen das Thema nächstes Jahr wieder angehen. Sind dann die Chancen grösser?
Das wird man sehen. Im Laufe der Zeit verändern sich die Konstellationen und Rahmenbedingungen. Darauf müssen wir nun setzen. (pp)
In der Region wird weiterhin kräftig gebaut. Pro Jahr fallen so bis zu 200 000 Kubikmeter sauberes Aushubmaterial an. Davon konnten in den vergangenen Jahren in der Region aber nur einige tausend Kubikmeter abgelagert werden. Ein grosser Teil ging als «Export» ins Suhrental und die Nachbarkantone.
Der Regionalverband zofingenregio hat deshalb bereits 2013 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um einen geeigneten Standort zu suchen und zusammen mit einem Planungsbüro die entsprechenden Grundlagen erarbeitet. Vertreter des Kantons und ein regionaler Unternehmer begleiteten die Arbeiten. Die Standortsuche folgte weitgehend den Empfehlungen des kantonalen Leitfadens «Standortevaluation für Aushubdeponien».
Der Regionalverband orientierte die Gemeinden über potenzielle Standorte – rund zehn davon umfasste die «long list» zu Beginn. Es gab auch Grundeigentümer, die bereit gewesen wären, auf ihrem Land sauberen Aushub deponieren zu lassen – in ein paar Jahren wäre so einfach ein kleiner Hügel entstanden. Trotzdem endete die jahrelange Suche ohne Ergebnis: «Die Rückmeldung der Gemeinderäte sämtlicher betroffener Standortgemeinden war negativ», teilte zofingenregio gestern mit. Die Gemeinden wehrten sich vor allem gegen zusätzlichen Lastwagenverkehr, wie der Zofinger Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger sagt, der zofingenregio präsidiert (siehe rechts).
Handlungsbedarf bleibt
Gestützt auf «die negative Haltung der Gemeinden» konnte der Verband deshalb keinen Antrag für einen Richtplaneintrag stellen. Der Handlungsbedarf bleibe aber bestehen, in der Region Zofingen fehlten kurz-, mittel- und langfristig ausreichende Entsorgungsmöglichkeiten für sauberes Aushubmaterial. Die Abteilung für Umwelt des Kantons Aargau wird noch in diesem Jahr die Erfahrungen in den verschiedenen Regionen auswerten. Mit einbeziehen will das Umweltamt konsequent bestehende Abbaustellen, die als Aushub-Deponien dienen könnten. Diese Erkenntnisse sollen in künftige Evaluationsverfahren einfliessen.
Wie geht es nun weiter? Zofingenregio plant, die Standortevaluation Mitte 2019 wieder anzugehen. Die Rahmenbedingungen, wie beispielsweise Perimeter, Grösse der Deponie, Einbezug der Gemeinden und Unternehmer will der Verband neu definieren. Zudem will zofingenregio versuchen, mögliche Standorte kantonsübergreifend zu evaluieren.
200 000 Kubikmeter sind ein eindrückliches Volumen: Es entspricht einem Würfel von rund 58,5 Meter Kantenlänge. Dazu ein Rechenbeispiel: Würde man den gesamten Laderaum eines 40-Tönners mit Erde befüllen, bräuchte es rund 2200 Sattelschlepper, bis die 200 000 Kubikmeter verstaut wären.