
Als Training mit dem Bike ins Schlafzimmer hinaufhüpfen – mit VIDEO
Noel Wipf tritt in Arbeitskleidung durch die Tür seines Elternhauses. Der Forstwart-Lehrling stellt die Motorsäge in die Ecke und geht sich umziehen. Wenig später trägt er statt der Baseballmütze einen Velohelm, statt langen Arbeitshosen seine kurze Sporthose. Schnellen Schrittes geht es in den Keller, wo Noel Wipf nach seinem Trialbike greift. Eine Szene, wie sie im Alltag des Vordemwalders oft vorkommt – und der Beginn eines Kurzvideos für die Oster-Challenge des Radfahrvereins Vordemwald (RVV). Der Club lancierte den internen Wettbewerb, für den die Fahrer des Vereins aktuelle und alte Fotos und Videos zu einem Beitrag zusammenfügten. So sorgten die Vereinskollegen trotz abgesagtem Oster-Trainingslager in Südfrankreich für gute Laune.
Social Distancing nehmen auch die Trialfahrer ernst
Noel Wipfs Video drehte und schnitt hauptsächlich seine Mutter Isabelle. «Clubtrainings führt der RV Vordemwald gemäss Weisungen des Bundesamts für Gesundheit derzeit natürlich keine durch», betont sie, weder in der Rollhockeyhalle noch beim Trainingsgelände Leidenberg. Aber damit jeder für sich an den Velotrial-Fähigkeiten feilen könne, brauche es insbesondere für die jüngeren Athleten ja nicht viel: Ein bisschen Platz, am besten auf dem eigenen Grundstück oder im Wald, Paletten, Bretter, Fässer, Baumstämme, Holzbeigen und ein Bike, mit dem man darauf herumturnen kann, reichen. Wenn man das festigt, was man schon kann, hält sich auch das Verletzungsrisiko in Grenzen. Noel Wipf (16) und seine Schwester Sheyla (15) profitieren in dieser Zeit, in der man Gruppenansammlungen vermeiden soll, davon, dass ihr Vater Karl auch Trainer des Vereins ist. Mit ihm üben sie zweimal pro Woche im überdachten Trainingsgelände am Leidenberg. Auch andere RVV-Mitglieder sind hin und wieder dort anzutreffen. «Alleine oder mit einem Familienangehörigen», hält Isabelle Wipf fest.
Schwierig ist die Corona-Krise für die Velotrialisten vor allem im Kopf. Es ist offen, wann die nationale Saison, der Swiss Cup, losgeht. Die ersten beiden Läufe in Palézieux (17. Mai) und Wangen SZ (7. Juni) wurden abgesagt. Swiss Cycling untersagt alle Radsportevents, Trainingslager und Kaderzusammenzüge bis Anfang Juni. Auch international wurden diverse Wettbewerbe, vor allem in Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland, ersatzlos gestrichen. Der Wettkampfkalender der Trialisten ist heuer also schmal. Dass der traditionelle Swiss Cup Lauf in Vordemwald fehlt, hat allerdings nichts mit dem Corona-Virus zu tun. «Nach all den Jahren gönnt sich der RVV als Veranstalter eine Pause», erklärt Isabelle Wipf. Sie bedauert, dass bislang ein Ausrichter für die Schweizer Meisterschaften fehlt. Wie Swiss Cycling die Selektionen für die Welt- und Europameisterschaften und die Nationalmannschaft vornimmt, ist offen. Noel und Sheyla Wipf rechnen damit, wieder im Schweizer Dress fahren zu können – falls die Jugend-Weltspiele im Juli in Frankreich und die Weltcups überhaupt zur Austragung kommen.
Planung für eine EM in Vordemwald läuft
«Die Situation ist schwierig», sagt Isabelle Wipf. Sie meint damit nicht nur die Befürchtungen, dass der allererste Wettkampf der Saison vielleicht ein internationaler sein wird «und unsere Fahrer noch gar nicht im Flow sind». Eigentlich sind die Wipfs mit Vereinskollegen damit beschäftigt, ein Highlight aufzugleisen. 2021 würden die Vordemwalder gerne eine EM im eigenen Dorf durchführen. «Unsere Sitzungen dazu finden nun auch ‹nur› online statt.» An einer ausserordentlichen Generalversammlung am 26. Juni will der Club über die EM beraten.
Bis auf Weiteres halten sich Noel und Sheyla Wipf wie alle anderen RVV-Mitglieder ans Social Distancing, trainieren vor allem zuhause – und hüpfen schon mal die Treppe zum Schlafzimmer hinauf. Nicht nur fürs Oster-Challenge-Video.
Hier gibt es weitere Videos der RVV-Trialfahrer.