Angriff vor der Wahl abgeblasen: Doch keine Attacke von links auf Pascal Furer

Vor gut zwei Monaten, nach den Aargauer Grossratswahlen am 18. Oktober 2020, ging Daniel Hölzle in die Offensive. Pascal Furer, der Parteisekretär der SVP Aargau, sei als Grossratspräsident nicht wählbar, sagte der Grünen-Kantonalpräsident. Kurz zuvor hatte Furer einem Wähler mitgeteilt, seine Partei würde alle Coronamassnahmen sofort abschaffen.

Dies brachte das Fass für Hölzle offenbar zum Überlaufen, im Talk bei Tele M1 forderte er die anderen Parteien auf, bei der Wahl des Grossratspräsidenten «ein Zeichen zu setzen». Was er meinte, war klar: Furer, der sich in der Coronapandemie mehrfach kritisch zu Beschränkungen für die Wirtschaft und zur Maskenpflicht geäussert hatte, sollte nicht höchster Aargauer werden.

Hölzle wollte also Furer als Grossratspräsident verhindern und erhielt dafür Support von links. SP-Co-Fraktionspräsidentin Claudia Rohrer sagte, die pointierten Aussagen von Furer gegen die Coronamassnahmen machten es für sie schwierig, «Vertrauen zu ihm zu haben».

Grüne krebsen zurück: «Alle müssen selber entscheiden»

Pascal Furer machte nie ein Geheimnis daraus, dass er den Coronaeinschränkungen kritisch gegenüber steht. Regelmässig postete er im Herbst auf Facebook die Zahlen des Kantons zu den Coronapatienten in den Aargauer Spitälern und wies darauf hin, dass es Reserven gebe. Zuletzt stellte Furer die Patiententabelle am 27. November online – und inzwischen hat sich auch der Widerstand gegen seine Wahl als Grossratspräsident abgeschwächt. «Ich werde Pascal Furer meine Stimme nicht geben, aber es gibt keine gemeinsame Aktion mit anderen Parteien, um seine Wahl zu verhindern», sagt Hölzle jetzt. Der Grünen-Präsident plant morgen Dienstag im Grossen Rat auch keinen Aufruf, Furer nicht zu wählen. Man habe dies in der Fraktion besprochen, sei aber zum Schluss gekommen, «dass sich jede und jeder selber überlegen solle, ob ein Politiker wie Pascal Furer höchster Aargauer werden soll».

Auch bei der SP klingt es jetzt gemässigter. «Wir werden die Wahl des Grossratspräsidiums am Dienstag vor der Sitzung besprechen, aus Sicht der Fraktionsleitung spricht aber nichts dagegen, Pascal Furer zu wählen», sagt Fraktionschefin Claudia Rohrer.

Ob er alle Stimmen der SP erhält, könne sie im Voraus nicht sagen, grundsätzlich respektiere die SP aber den Turnus unter den Parteien bei der Besetzung des Präsidiums.

SP-Fraktionschefin: «Dem Kanton wäre nicht gedient»

«Für mich ist entscheidend, dass Pascal Furer klar ist, dass er sich als Grossratspräsident nicht mehr als Privatperson auf Facebook äussert, sondern stets das Amt als höchster Aargauer einnimmt», hält Rohrer fest. Sie habe persönlich mit dem SVP-Politiker gesprochen und sei nun überzeugt, dass Furer diesen Rollenwechsel schafft. Rohrer betont: «Auch wenn wir bei den Coronamassnahmen und anderen politischen Themen anderer Meinung sind, wäre dem Kanton aus meiner Sicht nicht gedient, wenn wir versuchen würden, Pascal Furer als Grossratspräsident zu verhindern.»

Dass die Sozialdemokraten keinen Angriff auf Furer wagen, dürfte auch mit der personellen Konstellation zusammenhängen. Morgen soll SP-Grossrätin Elisabeth Burgener zur ersten Vizepräsidentin des Parlaments gewählt werden, in einem Jahr steht dann ihre Wahl zur höchsten Aargauerin an. Würde die SP nun geschlossen gegen Furer stimmen, wäre eine spätere Retourkutsche der SVP gegen Burgener wohl unvermeidlich.

Und wie reagiert Furer selber auf die Aussicht, nun ohne grosse Opposition neuer Grossratspräsident zu werden? «Ich äussere mich vor der Wahl nicht zu diesem Thema», sagt der SVP-Grossrat. Auch auf die Fragen, ob das Coronavirus bei seiner Antrittsrede am Dienstag ein Thema sein werde, und was er als Ersatz für die ausfallende Feier plant, gibt Furer keine Antwort.

Er verweist lediglich darauf, dass er vom Grossratsbüro einstimmig als Kandidat für das Präsidium nominiert worden sei. Ganz so einstimmig wie dieser Entscheid dürfte die Wahl des SVP-Politikers zum Grossratspräsidenten nicht erfolgen. Dass Furer höchster Aargauer wird, steht nach dem Rückzug der Pläne von Grünen und SP allerdings praktisch fest.