Arbeiten bei 47 Grad – so trotzt die Region der Hitze

Mit einem Paukenschlag liess Petrus die Hundstage beginnen. Gleich zu Beginn der heissesten Periode des Jahres – die Hundstage beginnen am 23. Juli und dauern gut einen Monat – klettern die Temperaturen schon frühmorgens und in rasantem Tempo der 30-Grad-Marke entgegen. Harmlos ist dies nicht: Meteo Schweiz spricht von einer «erheblichen Gefahr» und hat für die Region Zofingen Gefahrenstufe 3 herausgegeben. Entwarnung gibt es zurzeit keine. Im Gegenteil: Heute Donnerstag soll der wärmste Tag dieser Hitzewelle werden.

Anschliessend sollen die Temperaturen aber wieder sinken. So stark, dass sie am Sonntag näher bei 20 als bei 30 Grad liegen. Ausserdem sollen die verhältnismässig tiefen Temperaturen von mässigem Regen begleitet werden.

Die sonntägliche Abkühlung wird aber nur von kurzer Dauer sein. Bereits zu Beginn der nächsten Woche setzt sich die Sonne wieder durch – und es wird wieder hochsommerlich warm. Weitere Hitzetage sind durchaus möglich.

Nach der Bruthitze im Juni überrollt bereits die zweite Hitzewelle die Schweiz

Die aktuelle Hitzewelle ist bereits die zweite in diesem Sommer. Schon Ende Juni überrollte eine Bruthitze die Schweiz. Verglichen mit dieser Juni-Hitzewelle ist die Luftmasse zurzeit wahrscheinlich etwas kühler. Trotzdem stehen die Temperaturen denjenigen vom Juni in nichts nach. Ein Grund dafür ist, dass es mittlerweile trockener ist. Dadurch braucht es für die Verdunstung weniger Energie – und es bleibt mehr für die Erwärmung der Luft übrig.

Absinkende Gleise, warme Flüsse – und am 1. August möglicherweise kein Feuerwerk

Begleiterscheinungen der aktuellen Hitzewelle sind Schifffahrtsgesellschaften, welche ihren Betrieb aufgrund der Gluthitze an Bord einstellen sowie die Schweizerischen Bundesbahnen, welche mit am Limit laufenden Klimaanlagen und sich absenkenden Gleisen zu kämpfen haben. So kann sich der Schotter durch die Hitze verschieben, was zu einer Absenkung von mehreren Zentimetern führen kann. Die hitzebedingte Trockenheit lässt ihrerseits die Flüsse weniger Wasser führen. Es droht die Gefahr von Waldbränden – möglich sind deshalb auch Feuer- und Feuerwerksverbote.

Mit welchen Problemen Menschen aus der Region Zofingen zu kämpfen haben und wie sie mit der Hitze umgehen, lesen Sie im Folgenden (Bilder zu den Texten finden Sie in der Galerie oben.

 

Planschbecken für das Alpaka

«In erster Linie müssen meine Helferinnen und ich schauen, dass die Tiere nicht überhitzen», sagt Yvonne Nestler, Leiterin des Tierasyls Waldheim in Safenwil. «Einige der Tiere kühlen sich selbstständig ab. Die Hunde können in einem Teich baden oder gehen einfach in den Schatten und die Ziegen verkriechen sich unter ihren Bauwagen. Die schwarzen Schweine drehen sich in ihren Suhlen und sind so ganz glücklich. Bei den rosafarbenen Edelschweinen müssen wir aber aufpassen, da sie keinen Sonnenbrand kriegen. Ihnen geben wir gefrorene Wassermelonen zur zusätzlichen Abkühlung», so Nestler. «Richtige Wasserratten sind unsere Alpakas, das haben wir gar nicht gewusst, denn am Halterkurs wurde nichts darüber erzählt, dass ihnen ein Bad dermassen Freude bereitet. Seit wir das wissen, spritzen wir sie wie unser Pferd mit dem Schlauch ab und füllen ein Kinderplanschbecken mit Wasser, in welches sie sich gerne reinlegen.» An besonders heissen Tagen sei dann nicht viel Betrieb über den Mittag, erklärt Nestler weiter. «Wenn die Temperaturen zu extrem werden, versorgen wir die Tiere und halten uns den Rest des Nachmittags selbst nicht unbedingt im Freien auf. Dafür sind wir dann in den kühlen Abendstunden zurück und gehen etwa mit den Hunden spazieren. Dann kann es gut vorkommen, dass unser Arbeitstag mit den Tieren erst gegen Mitternacht endet.»

Glace für alle gegen die Hitze

«Die Hitze ist immer ein Problem für ältere Menschen. Deshalb befolgen wir die drei goldenen Regeln des Bundesamtes für Gesundheit im Umgang mit Hitze: Körperliche Arbeit vermeiden, Hitze fernhalten und den Körper kühlen sowie viel trinken und leichte Kost zu sich nehmen», sagt Nicole Chroust, stellvertretende Leiterin Pflege ad interim im Pflegeheim Sennhof. «Die Mitarbeitenden machen vermehrt ‹Wasserrunden› damit unsere Bewohner sicher genug trinken. Nebst leichterer Kost gibt es oft Melonen und Glace – da dürfen sich auch die Mitarbeitenden bedienen. In der Nacht lüften wir ausgiebig. Sollte es einem Bewohner schlecht gehen, verbinden wir die Symptome schnell mit der Hitze und reagieren entsprechend.»

Ventilatoren und Wasser für die Kunden

«Wir kühlen den Laden – besonders die Kabinen – mit Ventilatoren, die wir immer dort aufstellen, wo die Kundschaft sich befindet», erklärt Claudia Padun von der Schmitter Wäsche und Mode AG in Rothrist ihre Taktik gegen die heissen Tage. «Zudem bieten wir den Kundinnen Mineralwasser an, welches auch die Angestellten trinken dürfen. Und wir schliessen die Türe, damit die Hitze draussen bleibt. Einige unserer Kundinnen kaufen Wäsche, ohne sie anzuprobieren, sofern sie wissen, welche Grösse sie brauchen. Viele unserer Kundinnen kommen auch am Morgen früh, wenn es noch kühler ist und sie frisch geduscht Kleider oder Unterwäsche anprobieren können – das ist für alle angenehmer.»

Die Mähdrescher fahren bei jeder Temperatur

«Gedrescht werden muss, wenn die Frucht reif und das Wetter gut ist, ob es nun 25 Grad oder 35 Grad sind. Den Mähdrescher kann ich glücklicherweise kühlen, sonst wäre das Arbeiten gar nicht möglich», sagt Hansruedi Binz, der für den Lohnbetrieb Wälchli in Brittnau arbeitet. «Trotz allem kühle ich aber nicht zu fest, nur gerade so, dass ich nicht schwitze, denn ich muss regelmässig aussteigen. Eine zu kühle Kabine ist ungesund. Genug zu trinken ist sicher wichtig. Gerade jetzt sind die Arbeitstage sehr lang, wir arbeiten oft bis 23 Uhr. Zusätzlich bauere ich zu Hause. Vor der Arbeit bin ich deshalb noch im Stall, um nach den Tieren zu sehen. Kommen dann noch Tropennächte hinzu, ist an Schlafen und Abkühlen nicht zu denken.»

47 Grad im Landi-Provisorium

«Die Höchsttemperaturen in unserem Landi-Provisorium in Zofingen betragen gegen 47 Grad Celsius», sagt Therese Käser, stellvertretende Ladenleiterin der Landi Zofingen. «Wir nehmen die Hitze aber mit Gelassenheit – und machen das Beste daraus. So achten wir darauf, genug Personal im Einsatz zu haben, um schweisstreibendes Herumrennen zu vermeiden. An der Kasse wechseln wir uns regelmässig ab, damit wir uns etwas abkühlen können. Manchmal stehen wir sogar barfuss in Wasserbecken. Denn wir legen grossen Wert darauf, dass es den Mitarbeitenden einigermassen wohl ist. Die Kunden verbringen zwar tendenziell weniger Zeit im Laden, haben aber Verständnis für die warmen Temperaturen und die Situation im Provisorium. Das Ganze können wir nur so gut handhaben, weil das Team an einem Strick zieht.»

Forellen wollen nicht mehr fressen

«Die optimale Wassertemperatur für Forellen liegt etwa zwischen 13 und 16 Grad», weiss Susanne Flückiger, die in Uerkheim eine biologische Forellenzucht betreibt. «Ist es nur an einem Tag heiss, wärmt sich das Wasser nicht so sehr auf. Ist es aber regelmässig über 30 Grad warm, wird es für die Forellen zu warm, denn das Wasser kann ich leider nicht kühlen.» Die Krux dabei: «Wenn das Wasser zu warm wird, fressen die Fische nicht viel. So füttere ich sie etwa einmal pro Woche. Allerdings wachsen die Fische nicht, wenn sie nicht fressen.» An Hitzetagen erledige sie ihre Arbeit mit Vorliebe zwischen 6 und 9 Uhr und am Abend ab 18 Uhr, sagt Susanne Flückiger. «Dazwischen bin ich gerne im Schatten und dort, wo es kühl ist.»

Duschen vor dem Schwimmen

«Ab 30 Grad kommen nicht mehr nur die Stammgäste in die Badi. Dann haben wir oft über 1000 Besucher hier», sagt der Aarburger Badmeister Roland Studer. «Ich muss dann meine Aufmerksamkeit am Becken erhöhen, denn jeder Mensch reagiert anders auf die Hitze und das kühle Wasser – auch sehr sportliche Menschen können damit Probleme haben. Besonders wichtig ist das Annetzen unter der Dusche. An heissen Tagen weise ich regelmässig in Lautsprecherdurchsagen darauf hin. So duschen auch Stammgäste, die sonst immer direkt ins Wasser gehen. Ich selbst vertrage die Hitze gut, passe aber meine Ernährung an. Ich trinke viel Wasser, tausche einen Kaffee mal gegen einen kühlenden Tee ein.»

Zwei Stunden hitzefrei bei der Kantonalbank

«Wir haben das Glück, in einem Neubau zu sein, dessen Kühldecken uns Temperaturen von 22 bis 26 Grad Celsius bescheren. Bei den aktuellen Aussentemperaturen ist das ein sehr angenehmes Arbeitsklima. Auch unsere Kundinnen und Kunden schätzen die Abkühlung in unseren Räumlichkeiten. Zur Erfrischung bieten wir auch gerne ein Glas Wasser an. An unserem Tenue halten wir grundsätzlich fest. Wir verzichten zwar vermehrt auf Blazer und Vestons; Kurzarmhemden gehören aber nicht zu unserem Dresscode. Die AKB schenkt im Monat Juli jedem Mitarbeiter zwei Stunden hitzefrei, um beispielsweise früher in den Feierabend zu gehen. Von diesem Angebot machen unsere Mitarbeiter sehr gerne Gebrauch.»