
Auf dem Boden der Tatsachen
«Ohne substanzielle Erhöhung des Steuersubstrates bringen wir diese Million nicht weg»: Klartext vom neuen Gemeinderat Wikons, Wolfgang Kunzelmann (SVP), am Montagabend anlässlich der Orientierungsversammlung der Gemeinde. Kunzelmann präsentierte den lediglich rund 30 interessierten Bürgern die finanzielle Ausgangslage der Gemeinde nach dem Nein zum Grossprojekt Spychermatte. Und diese Lage sieht alles andere als rosig aus: 2017 dürfte das Defizit 1,26 Millionen Franken betragen. Das Budget 2018 geht – sollte der Steuerfuss weiterhin bei 2,1 Einheiten belassen werden – von einem Minus von über 1,4 Millionen Franken aus. Einnahmen von 6,4 Millionen Franken stehen Ausgaben von 7,8 Millionen Franken gegenüber. Insbesondere die Kosten der sozialen Wohlfahrt, Gesundheit und Sanierungsmassnahmen bei Verwaltung und Schule schenken ein. Und 2022 könnte das jährliche Defizit schon 3,7 Millionen Franken betragen. Wikon hat damit den Boden der finanzpolitischen Tatsachen erreicht.
«Eine Mehrbelastung ist unumgänglich», folgerte Gemeinderat Kunzelmann deshalb aus den Berechnungen. Und darum wird die Behörde an der Gemeindeversammlung vom 26. November eine Steuerfusserhöhung beantragen. Wie hoch diese sein wird, ist noch offen. Man habe den Antrag noch nicht festgelegt, liess Gemeindepräsident René Wiederkehr wissen. Die von Wolfgang Kunzelmann präsentierten Perspektiven für ein für Wikon akzeptables strukturelles Defizit beispielsweise für 2022 in der Höhe von 304000 Franken könnte mit einer Erhöhung um 0,4 auf 2,5 Steuerfusseinheiten erreicht werden. Das Horrorszenario für ausgeglichene Zahlen will der Gemeinderat den Steuerzahlern allerdings aber ersparen. «Wir müssten neun Zehntel rauf, um kostendeckend zu sein», erklärte Gemeindepräsident René Wiederkehr. Ein älterer Stimmbürger betrieb an der Orientierungsversammlung als Reaktion Ursachenforschung. Während langer Zeit habe Wikon seine Gemeinderechnung, seine Investitionen nur mit Landverkäufen ausgleichen können und, als die Situation mal etwas besser gewesen sei, sogar den Steuerfuss gesenkt, erklärte er. «Wir müssen den Gürtel enger schnallen, um langfristig als Gemeinde überleben zu können», so die Reaktion eines weiteren Anwesenden. Einige Stimmbürger hingegen versuchten zu beschwichtigen: Auch andere Gemeinden würden mit ähnlichen Ausgangslagen konfrontiert, mit Blick auf die Nachbargemeinde Reiden ginge es Wikon doch schon fast rosig, der Gemeinderat solle nicht Angst verbreiten, sondern die Bürger motivieren. «Das ist keine Angstmacherei, sondern die Realität», konterte Gemeindepräsident Wiederkehr. «Ich will nicht schwarzmalen, aber wir haben ein Problem. Es wird auf alle Fälle wehtun. Als Bürger ist es mir wichtig, dass es nicht sein kann, dies auf die nächste Generation zu verschieben.»
«Auf Lösungen angewiesen»
Gemeinderätin Michaela Tschuor ihrerseits informierte darüber, dass Wikon Probleme hat, für ältere Menschen mit Pflegebedürftigkeit von BESA-Stufen 3 und weniger Wohnplätze zu finden. Dies aufgrund der Kontingentierung des Kantons und der Umfunktionierung regionaler Altersheime in reine Pflegeinstitutionen. Das Nein zur Spychermatte hat die Ausgangslage nicht besser gemacht. «Wir sind auf Lösungen angewiesen», so Tschuor. Wie diese aussehen könnten, weiss der Gemeinderat Wikon aber derzeit nicht.