Auf der Skipiste erfuhr der EHCO-Trainer, dass er entlassen wird

Der Oltner Headcoach schien die drohende Entlassung vorauszuahnen. Nach den zwei 0:2-Niederlagen reiste Bengt-Ake Gustafsson unmittelbar nach Spielschluss in die Österreichischen Berge um Ski zu fahren. Am Sonntag erhielt er den Anruf von Verwaltungsratspräsident Marc Thommen. Eine Chronologie der letzten 72 Stunden. Marc Thommen gilt als frohes Gemüt. Der Verwaltungsratspräsident des EHC Olten hat oft ein Lächeln auf den Lippen.

Nicht so am Samstagabend, als er sichtlich erschöpft, und wohl auch ein wenig ratlos, die Oltner Kabine verliess. Am Freitagabend hatte Assistenzcaptain Tim Bucher mit seinen alarmierenden Voten für Aufsehen gesorgt: «Wir sind kein Team, sondern 22 Einzelkämpfer.» Keine 24 Stunden später schlitterten die Oltner gegen die GCK Lions in die nächste bezeichnende Pleite. Im Kleinholz herrschte absolute Funkstille. Es gebe keine Interviews, liess Medienchef Pierre Hagmann verlauten.

Aus den Lautsprechern trällerte eine gute halbe Stunde nach Spielschluss ein Stück von Robbie Williams. Das Kleinholz war in eine trügerische Stille verfallen. Bengt-Ake Gustafsson verliess die Garderobe erst nach einer langen Kabinenrede. Der schwedische Headcoach blickte indes nicht überaus geknickt drein und hatte das Lachen noch nicht verloren.

War es Galgenhumor?

Zumindest schien sich Gustafsson dem Schicksal einer Entlassung hinzugeben. Noch am Samstagabend, unmittelbar nach Spielschluss, verreiste er in die Berge nach Österreich – trotz Krisensituation und sehr zum Missfallen der Klubverantwortlichen. Wie Medienchef Pierre Hagmann am Sonntag auf Anfrage sagte, hätte sich die Klubführung gestern mit Gustafsson persönlich treffen wollen. So aber erfuhr der Schwede während des Skifahrens telefonisch von seiner Entlassung. Die Botschaft überbrachte ihm VR-Präsident Marc Thommen persönlich.

Offiziell war am Samstagabend keine Verwaltungsratssitzung in der Causa Gustafsson anberaumt gewesen. Den Entscheid, Bengt-Ake Gustafsson freizustellen fällte der Verwaltungsrat noch am Spieltag einstimmig. Somit brachen die Klubverantwortlichen mit ihrem vor elf Tagen kommunizierten Vertrauensbekenntnis. «Es war null Besserung sichtbar, im Gegenteil», sagte Hagmann am Sonntag. Der Verwaltungsrat habe sich nach diesem alarmierenden Wochenende in der Pflicht gesehen, zu agieren.

Egal welche Massnahmen die Verantwortlichen in den letzten Wochen ergriffen, fruchten tat kaum eine. Beim EHCO-Tief handelt es sich längst um mehr als eine Baisse. Das fragile Mannschaftsgefüge war ungemein labil geworden und zerbrach, wie die Entwicklung seit dem Jahreswechsel zeigt, zusehends. «Auch dem Klub ist nicht entgangen, dass sich das Team im freien Fall befindet», sagte Medienchef Hagmann noch am Samstagabend.

Chris Bartolones Chance

Seit der Playoff-Finalniederlage gegen Langnau im Frühjahr 2015 blieben die hohen sportlichen Ambitionen der Oltner unerfüllt. Obwohl sich der EHCO wirtschaftlich weiter prächtig entwickelte, dreht er seither im Hamsterrad. Dies schlägt sich auch auf die Trainerposition nieder: Mit Bengt-Ake Gustafssons Entlassung zieht der Verwaltungsrat zum dritten Mal die Notbremse. Zweimal war Chris Bartolone als Assistent Zeuge der Entlassungen seiner Chefs. Im letzten Winter durfte er nach Mansis Abgang bleiben. Nun erhält der Italoamerikaner die Chance, sich bis Ende Saison als Cheftrainer zu profilieren. Der 48-Jährige gelte als «akribischer Trainer». «Er wird die Schraube anziehen», sagt Pierre Hagmann. Am Sonntag und am Montag erhielten die Spieler eine «Durchlüftungspause». Am Dienstag soll mit Chris Bartolone auf dem Eis ein Neustart erfolgen. Sein Assistent wird Goalietrainer Michael Tobler. (Von Yann Schlegel)

Was EHCO-Verwaltungsratspräsident Marc Thommen zur Entlassung des Trainers sagt, lesen Sie in der Printausgabe vom Montag.

Die Chronologie der Oltner Trainermisere

Dezember 2014: Der Oltner Verwaltungsrat zieht die Reissleine und entlässt Trainer Scott Beattie. Der Kanadier hatte im November 2012 einen Fünfjahresvertrag unterzeichnet. Heikki Leime übernimmt den Klub und führt ihn im Frühjahr in den NLB-Final. Es sind die letzten Playoffs, die nach dem Gusto des EHC Olten verlaufen. Im Jahr darauf scheitert auch der Finne: Nach Spiel vier im Halbfinal und einem 1:3-Rückstand gegen Ajoie übernimmt ad interim der verletzte Ausländer Eric Beaudoin. Es ändert nichts am Ausgang der Serie. Mit Maurizio Mansi setzt der EHCO im Sommer 2016 auf einen unbekannten Trainer. Das Verhältnis währt nur für kurze Dauer. Mansi muss den Klub bereits im Januar 2017 verlassen. Auf ein unbeschriebenes Blatt folgt ein Schwede mit grossem Palmarès. Bengt-Ake Gustafsson soll in der Dreitannenstadt Gleiches wie im Emmental vollbringen. Mit Langnau stieg er 2016 in die NLA auf. Trotz illustrem Namen an der Bande scheitert der EHCO bereits im Viertelfinal an Rapperswil. Ein gutes Jahr nach seinem Amtsantritt ist auch Gustafssons Zeit in Olten bereits wieder abgelaufen. (YAS)