Auf unterschiedlichen Linien: Es rumort an der Spitze der SVP Aargau

Letzte Woche stimmte der Grosse Rat über die Aufhebung der Staatsgarantie für die Aargauische Kantonalbank AKB ab. Die SVP hatte im Herbst beschlossen, zuzustimmen. Doch daran hielten sich nur 17 SVP-Fraktionsmitglieder, inklusive Fraktionschefin Désirée Stutz. Die Mehrheit stimmte Nein und damit so, wie es Parteipräsident Andreas Glarner wünschte. Das Geschäft wurde mit ihrem Zutun gekippt.

Das neue SVP-Leiterduo Glarner und Stutz ist auf unterschiedlichen Linien, das pfeifen die Spatzen von den Dächern. An der Fraktionssitzung letzten Dienstag soll es laut geworden sein. Stutz kritisierte Glarner für seine Aussage, die Fraktionschefin politisiere mit dem Weibeln für die Aufhebung der Staatsgarantie am Volk vorbei. Vergeblich, für Stutz war die Abstimmung im Grossen Rat eine deutliche Niederlage vor ihrer Fraktion. Dabei ist Wahljahr und die SVP will auch nach dem 18. Oktober die grösste Fraktion im Grossen Rat stellen. Stutz und Glarner müssen sie dafür auf Kurs bringen.

Wäre das Duo Stutz-Jäggi vorgesehen gewesen?

Das Rumoren in der Partei begann im letzten Frühling vor dem Rücktritt von SVP-Regierungsrätin Franziska Roth. Anstatt möglichst viele Wählerinnen und Wähler kurz vor den nationalen Wahlen mit Sachpolitik zu überzeugen, musste die SVP Schadensbegrenzung betreiben. Gross schien die Abstrafung dann zwar nicht zu sein, Hansjörg Knecht schaffte die Wahl in den Ständerat und Fraktionschef Jean-Pierre Gallati konnte den Regierungssitz für die Partei verteidigen. Aber beim Nationalrat verlor die kantonale SVP gegenüber 2015 fast 6,5 Prozent der Wählerstimmen. Für Andreas Glarner wurde sie damit zum «Sanierungsfall», wie er öffentlich sagte.

Er traf einen Nerv: Am 15. Januar wählten ihn die Delegierten mit zwei Dritteln der Stimmen zum neuen Parteipräsidenten (der bisherige Thomas Burgherr hatte im November seinen Rücktritt erklärt). Gegenkandidat Rolf Jäggi hatte keine Chance. Geplant war das offenbar anders, Désirée Stutz und Rolf Jäggi sollten das neue SVP-Führungsteam sein, hiess es im Vorfeld der Wahl aus engsten SVP-Kreisen.

Die Wahl von Désirée Stutz zur Fraktionschefin war demgegenüber eine Formsache. Als Gallati in den National- und einen Monat später in den Regierungsrat gewählt wurde, war die Stabübergabe geregelt. Er arbeitete eng mit der Juristin zusammen, sie hatte sein Vertrauen, die Fraktion auf der eingeschlagenen Linie weiterzuführen. Mit der Wahl Glarners änderte sich die Situation aber drastisch: Unter Burgherrs Präsidium zog der damalige Fraktionschef Jean-Pierre Gallati die Fäden in der Partei, Glarners Selbstverständnis ist ein anderes. Bei der Amtsübernahme hat er dem Vernehmen nach deutlich gemacht, dass er von jedem Geschäftsleitungsmitglied erwartet, voll und ganz seinen Weg mitzugehen. Sein Vorgehen im Vorfeld der AKB-Abstimmung ist ein erster eingeschlagener Pflock.

Nicht vergessen gehen darf aber, dass die Fraktion im Grossen Rat auch ein neues Gesicht erhalten hat. Bei den Wahlen wurde nicht nur der Fraktionschef raufbefördert, mit Martina Bircher, Benjamin Giezendanner und Stefanie Heimgartner verabschiedeten sich drei weitere exponierte Mitglieder mit klaren Haltungen ins nationale Parlament. Zusätzliche Wechsel gab es bereits vorher und seither wieder, zuletzt ist Bauernverbandspräsident Alois Huber in den Nationalrat nachgerückt. Die neuen Fraktionsmitglieder sind zwar keine unerfahrenen Jungpolitiker, aber die Gruppendynamik dürfte sich noch nicht eingespielt haben. Das macht die Arbeit für Désirée Stutz nicht einfacher.

Ob sich Glarner und Stutz längerfristig überhaupt finden müssen, ist offen. Glarner soll vor zehn Tagen von der Findungskommission der SVP Schweiz zu einem Gespräch eingeladen worden sein. Auch dort gilt es, das Präsidium neu zu besetzen. Der Aargauer soll sich eine Kandidatur offen halten, falls er von jemandem vorgeschlagen wird, er stehe einem Duell gegen den Zürcher Nationalrat Alfred Heer nicht abgeneigt gegenüber, heisst es. Dass er bei einer Wahl auch die Aargauer SVP weiterführen würde, ist wenig wahrscheinlich.