
«Bedrohlich wird es, wenn sich Ältere anstecken»: BAG-Chefin ist besorgt über die steigenden Fallzahlen
Die Situation sei im Moment schwierig einzuschätzen, sagt Anne Lévy im Interview mit der «NZZ am Sonntag». «Wir wussten, dass die Zahlen steigen, wenn wir öffnen. Aber wir haben nicht erwartet, dass sie so früh so stark steigen.» Die Leute seien generell weniger vorsichtig, seit geimpft werde und die Massnahmen stark gelockert wurden, so die BAG-Direktorin. Auch ihr sei in letzter Zeit bereits wieder die Hand zur Begrüssung gereicht worden.
Aktuell steckten sich vor allem Jüngere vermehrt mit dem Coronavirus an. Solange diese nicht schwer erkrankten, mache sie sich keine Sorgen, so Lévy.
«Bedrohlich wird es, wenn die Ansteckungen von den Jungen auf Ungeimpfte der älteren Generationen überspringen und somit die Hospitalisationen wieder stark steigen.»
Die vielen ungeimpften über 50-Jährigen beunruhigen die BAG-Chefin, da für sie eine schwere Erkrankung wahrscheinlicher ist.
Maske tragen soll auch hierzulande selbstverständlicher werden
Nun gelte es, auch die Unentschlossenen und die Gemächlichen von der Impfung zu überzeugen. So kritisiert Lévy diejenigen, die beispielsweise bis nach den Ferien mit der ersten Dosis warten wollen. Es sei wichtig, dass alle bereits einen gewissen Impfschutz hätten. Zudem:
«Ich finde es unverantwortlich, wenn jemand in Kauf nimmt, das Virus ins Ausland zu schleppen. Die meisten Länder haben ein weniger gutes Gesundheitssystem als wir.»
Eine Impfung sei überdies in jedem Fall einer Ansteckung vorzuziehen, so die BAG-Chefin. «Jetzt zu sagen, ‹Anstecken ist o. k., dann ist es vorbei›, wäre leichtsinnig». Dennoch geht Lévy davon aus, dass wir früher oder später mit Covid-19 leben lernen müssen. Es könne Sinn machen, wie in den asiatischen Ländern künftig eine Maske zu tragen, wenn man erkältet ist. «Wenn wir bei Bedarf im überfüllten Bus eine Maske tragen würden, würde das sicher helfen.» Dies nicht als Pflicht, sondern als Empfehlung oder ganz im Sinne der Eigenverantwortung.