Belgien verhängt Reiseverbot für das Wallis – Christophe Darbellay: Ein «unerklärlicher Fehlentscheid»

Manchmal hat man Schwierigkeiten, Ausländern zu erklären, dass es in der Schweiz 26 verschiedene Kantone gibt und jeder für sich entscheiden kann. Doch es gibt – gerade in Coronazeiten – auch Länder, die das Wirken im Schweizer Föderalismus ganz genau beobachten.

Zum Beispiel Belgien. Das Land hat die Kantone Waadt, Wallis und Genf ab dem 1. August auf eine rote Liste gesetzt, wie zuerst SRF berichtete. Nicht zwingende Reisen in die drei Gebiete am Lemanbecken sind für Belgierinnen und Belgier nun nicht mehr erlaubt.

Wer aus der Genferseeregion nach Belgien zurück fährt, muss in die Quarantäne und einen Coronatest machen. In die übrige Schweiz können Belgierinnen und Belgier reisen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.

Wallis spricht von «unerklärlichen Fehlentscheid»

Im Wallis stösst dies auf Unverständnis. Denn offenbar hat Belgien die Schweiz doch nicht so gut beobachtet. Als «völlig unerklärlich», bezeichnet Christophe Darbellay die «Fehlentscheidung» aus Belgien. Der Präsident des Walliser Staatsrates sagt auf Anfrage: Wir sind absolut nicht einverstanden. Das Wallis hat die Situation im Griff. Wir hatten im Schnitt zwei Fälle pro Tag.

Offenbar glaube man in Belgien, dass das Lemanbecken mit dem stark betroffenen Genf bis ins Obergoms reiche, so Darbellay. «Wir fordern Belgien auf, diesen Beschluss zu korrigieren.» Denn die Situation ist tatsächlich heikel für das Wallis: In normalen Jahren zählt der Kanton rund 20’000 Logiernächte aus Belgien (Stand 2019), in keinen Schweizer Kanton reisen die Belgier öfter.

«Ignazio Cassis muss sofort intervenieren»

Als «wenig erfreulich», bezeichnet Schweiz Tourismus denn auch die belgische Restriktion. Und CVP-Ständerat Beat Rieder, der Präsident der Walliser Tourismuskammer ist, sagt: «Die Massnahme ist völlig überrissen. Der Kanton Wallis hatte in den letzten Wochen ausgesprochen wenige Neuinfektionen und verfügt über gute Schutzkonzepte», so Rieder.

Rieder sieht nun das Aussendepartement in der Pflicht. «Aussenminister Ignazio Cassis muss sofort in Belgien intervenieren.» Belgien hatte bereits bis Mitte Juli das Tessin auf die rote Liste gesetzt. Nach einer Intervention des Aussendepartementes verschwand der Südkanton wieder von der Liste.

Man habe mit den belgischen Behörden Kontakt aufgenommen und bereits weitere Informationen verlangt, sagt EDA-Sprecherin Elisa Raggi auf Anfrage.

Die Zahl der Neuinfektionen bleibt hoch

Insbesondere Genf hatte in den vergangenen Tagen eine hohe Zahl an Coronafällen zu verzeichnen. Der Stadtkantone hat zwar reagiert: Seit dem 28. Juli gilt in Genf auch in Läden eine Maskenpflicht, wie zuvor schon in der Waadt. Zudem bleiben in Genf seit Freitagabend alle Clubs und Discos geschlossen.

Damit ist Genf nun weiter als die meisten anderen Schweizer Kantone, die meist noch keine Maskenpflicht in Läden kennen. Zuletzt hatte der Bund am Donnerstag die Kantone per Medien aufgefordert, koordiniert eine Maskenpflicht in den Läden einzuführen. Bisher konnte sich die Gesundheitsdirektorenkonferenz in dieser Frage aber zu keinem einheitlichen Vorgehen durchringen, sind die Kantone doch sehr unterschiedlich betroffen.

Doch der Druck könnte steigen: Am Wochenende befand sich die Zahl der gemeldeten Neuansteckungen weiterhin auf einem hohen Niveau. Am Freitag waren es 210 gewesen. Am Samstag meldete das Bundesamt für Gesundheit 180 neue Fälle, gestern Sonntag waren es 138.