Besuchsverbot: Krebst der Kanton Luzern zurück?

Zurzeit können Bewohnerinnen und Bewohner von Luzerner Pflegeheimen nur per Telefon Kontakt mit ihren Angehörigen aufnehmen. Die Luzerner Regierung hat letzten Freitag per Verordnung ein Besuchsverbot bis Ende November erlassen. Dies, weil die Coronafallzahlen nach wie vor stark ansteigen. Ausnahmen gelten im Besonderen für Palliativpatienten. Die Luzerner Pflegeheime – auch aus der Region – finden diese Massnahme zu harsch. Zumal ihr Branchenverband Curaviva zusammen mit der kantonalen Dienststelle Soziales und Gesellschaft die letzten Monate ein fünfstufiges Schutzkonzept erarbeitet hat. Darunter fallen beispielsweise Besuchercontainer oder -zelte, die bereits im Frühling zum Einsatz gekommen sind. Derzeit laufen Gespräche, ob solche Besuche unter Einhaltung der Schutzkonzepte wieder genehmigt werden. Ein Entscheid soll die nächsten Tage fallen, wie der Kanton auf Anfrage bestätigt.

Leiter der regionalen Heime wünschen Korrektur

Christoph Schmid, Leiter des Alterszentrums Eiche in Dagmersellen, überraschte das Besuchsverbot, das der Kanton Luzern letzten Freitag kommunizierte. «Mit dieser Härte und Schnelligkeit habe ich nicht gerechnet.» Auch für die Bewohnerinnen und Bewohner sei die Umstellung sehr plötzlich gekommen. Er wünscht sich, dass der Kanton noch einmal über die Bücher geht und auf das von der Dienststelle Soziales und Gesellschaft erarbeitete Schutzkonzept setzt. Im Frühjahr gab es in der «Eiche» einen Besuchsraum, zudem wurde ein Balkon für Treffen mit Angehörigen umgestaltet. «So etwas ist momentan wegen der Absolutheit des Verbots nicht möglich», sagt Schmid. Das Alterszentrum verzeichnet zurzeit keinen Corona-Fall bei Bewohnern und Angestellten.

Auch Hansueli Eggimann, Leiter des Alters- und Pflegeheims Murhof in St. Urban, findet das Besucherverbot «zu scharf formuliert». «Das ist nicht verhältnismässig. Was passiert mit den Menschen, die in Pflegeheimen wohnen?», fragt er rhetorisch. Er hofft, dass die Regierung Besuche unter Einhaltung des Schutzkonzepts schnell wieder bewilligt. «Damit unsere Bewohnerinnen und Bewohner wieder seelische und geistige Nahrung bekommen. Sonst wird diese Zeit schlimm für sie.» Zur Einhaltung von Schutzmassnahmen hat Eggimann einen Container und zwei Bereiche im Zentrum einrichten lassen, wo Besuche stattfinden können. Der Murhof hat bisher noch keinen einzigen Corona-Fall bei Bewohnern. Aktuell sei ein Mitarbeiter in Quarantäne, weil er sich in den Ferien infiziert habe. Das Heim sei nicht betroffen, versichert Eggimann.

Das Alters- und Pflegezentrum Feldheim in Reiden schreibt auf seiner Homepage: «Wir verstehen, dass bei diesen explodierenden Covid-19-Zahlen Massnahmen ergriffen werden müssen, sind aber trotzdem überrascht über diesen erheblichen Eingriff in die Lebensqualität unserer Bewohnenden.» Heimleiter Urs Brunner hofft deshalb ebenfalls auf die angekündigte Lockerung seitens der Regierung, wie er auf Anfrage sagt. Das «Feldheim» errichtete im Frühling Zelte, um Besuche unter Schutzmassnahmen zu ermöglichen. Im Falle einer Lockerung sind neue Zonen geplant, sagt Brunner.

«Ich kann den Ärger der Betroffenen verstehen»

Ein Auslöser für das generelle Besuchsverbot sei die Isolation von 18 beziehungsweise Quarantäne von 31 Personen in einem Kurhaus gewesen, sagte der Gesundheitsdirektor Guido Graf vor wenigen Tagen gegenüber der Luzerner Zeitung. Selbstverständlich sei die Regierung bereit und befürworte es, die Massnahme mit Curaviva zu besprechen und nach Alternativen zu suchen.

«Mit dieser Härte und Schnelligkeit habe ich nicht gerechnet», sagt Christoph Schmid, Leiter des Alterszentrums Eiche Dagmersellen. (Bild: zvg)
«Mit dieser Härte und Schnelligkeit habe ich nicht gerechnet», sagt Christoph Schmid, Leiter des Alterszentrums Eiche Dagmersellen. (Bild: zvg)