
Bevölkerung wurde informiert: Murgenthaler Post bald im Denner

Eine ältere Dame macht sich auf den Weg zur Bühne der Mehrzweckhalle in Murgenthal. Beim Mikrophon angekommen, hält sie einen kurzen Moment lang inne, als müsse sie sich sammeln. «Früher hatte die Post noch Stellenwert», beginnt sie und blickt auf die Bühne, wo Vertreter des gelben Riesen sitzen. «Heute spart ihr aber, wo ihr könnt – und das ist eine gottverdammte Frechheit!» Die harten Worte ernten Beifall, sie sprechen den Anwesenden trotz, oder gerade wegen der groben Wortwahl direkt aus dem Herzen. Die Vertreter der Post, die sich am Donnerstagabend unzählige emotionale Voten derselben Art anhören mussten, hatten den Murgenthalerinnen und Murgenthalern in der vorangegangenen halben Stunde erklärt, dass «ihre» eigengeführte Poststelle in Murgenthal schliessen und in den Denner ziehen wird.
Dabei hatten Pascal Wiget, Leiter Gebiet Olten, und Urs Krattiger, Netzentwickler der Post versucht, den Anwesenden die neue Situation so schmackhaft wie eben möglich zu machen. Angekommen ist ihre Botschaft wohl bei den wenigsten. Wie die ältere Dame machten sich viele auf zum Mikrophon, um Dampf abzulassen und sich Gehör zu verschaffen. Den Anfang machte Gemeindeammann Max Schärrer. Er legte die Sicht der Gemeinde dar, betonte, dass man den Coop als Partner bevorzugt hätte und der Entscheid ein rein unternehmerischer der Post sei. «Lasst euch bitte nicht nur von unternehemrischen Gedanken, sprich, vom Kostensparen, leiten. Denkt bitte auch an die Bevölkerung und eure Mitarbeiter», ermahnte Schärrer die Postvertretern.
Rein unternehmerisch betrachtet ist die Schliessung der Poststelle Murgenthal und eine Auslagerung an ein im Dorf verankertes Unternehmen, ohne Frage absolut richtig. Die nackten Zahlen sprechen nicht für einen Erhalt der Poststelle. Seit 2010 nahmen die Einzahlungen um rund 8 Prozent, die Sendungsabholungen gar um rund 20 Prozent ab. «Und wir waren schon auf einem sehr tiefen Niveau», betonten sowohl Wiget, als auch Krattiger mehrfach. Hinzu kommt, dass es in der Nähe noch mehrere eigengeführte Poststellen gebe, deren Zukunft nicht zur Diskussion stehe.
Die Post ist überzeugt, mit dem Denner Murgenthal den optimalen Partner gefunden zu haben. Die Parksituation und die viel besseren Öffnungszeiten würden dafür sprechen. In Zukunft – das heisst, irgendwann im ersten Halbjahr 2021 – kann der Lebensmitteleinkauf direkt mit dem Aufgeben von Briefen und Paketen kombiniert werden. Auch Geld abheben, je nach Limite des Denners zwischen 50 und 500 Franken, und Geld einzahlen – allerdings kein Bargeld – ist in Zukunft an der Kasse möglich. «Wir bieten den gesamten Service Public an», betonte Pascal Wiget mehr als einmal an diesem Abend. Die Zustellung in Murgenthal werde sehr wahrscheinlich nach Aarburg ausgelagert, entschieden sei da aber noch nichts. Einzig nicht zugestellte Betreibungsurkunden müssen zukünftig auf einer der umliegenden Poststellen abgeholt werden.
SP will Petition gegen Pläne der Post lancieren
«Wir gehen ja nicht weg, wir müssen aber mit den Veränderungen in der Gesellschaft mithalten», erklärte Wiget. Für die Post besteht kein Zweifel daran, dass der eigenbetriebene Standort Murgenthal definitiv geschlossen wird. Das hingegen wollen nicht alle Murgenthalerinnen und Murgenthaler akzeptieren. Urs Berger, Grossratskandidat der SP, legte offen, das seine Partei eine Petition zum Erhalt des eigenbetriebenen Standorts lanciere. In der Zwischenzeit ist dies auch geschehen. «Wir schafften das im Aargau bereits in der Vergangenheit», sagte er siegesgewiss. Das letzte Kapitel scheint also noch nicht geschrieben zu sein.