
Bloss keine Aufregung
Exciting. Excited. Aufregend. Es ist das Wort, dass Clint Capela mit Abstand am meisten verwendet, wenn er von seinem Leben als NBA-Spieler erzählt. Eigentlich nett, dass sich der Genfer in Diensten der Houston Rockets in der Off-Season Zeit nimmt, das Swiss Allstar Basketballcamp in Zofingen zu besuchen.
Es ist den Kontakten der Camp-Organisatoren Charlie McCormick und Jon Ferguson zu verdanken, dass sich erneut ein NBA-Spieler in die Thutstadt verirrt. «Ich will den Kids zeigen, wie weit man kommen kann, wenn man an seine Träume glaubt und hart arbeitet», sagt Clint Capela. 2014 wurde er von den Houston Rockets gedraftet und lebt seither in den USA. Dort habe er gelernt: «Nichts ist unmöglich. Du kannst schaffen, was immer du willst.»
Schlafen statt Reden
Was der 23-Jährige will und was nicht, weiss er ganz genau. Und das war gestern nach dem langen Flug erst einmal Schlafen, im Hotel in Zürich. Da waren nicht mehr er, sondern die Camp-Direktoren «excited». Denn sie planten, dass der Star erst Presse-Kurzinterviews gibt und dann mit den Sponsoren und Partnern im Zofinger Rathaus zu Mittag isst. Letztere warteten dort beim Apéro – von Capela aber keine Spur.
Plötzlich ist er doch da. Wortlos betritt der 2,08-Meter-Hühne, gefolgt von seinem Bruder und seiner Freundin, den Innenhof des Rathauses. Interviews? Nein. Bald ins Camp? Nein. Zuerst will Capela nun essen. Das Thai-Buffet scheint ihn versöhnlich zu stimmen und er gewährt den Schreiberlingen, diplomatischem Verhandlungsgeschick der Camp-Organisatoren sei Dank, dann doch an einem der gedeckten Tische eine 23-minütige «Audienz», für spezielle Fotos möge er aber nicht posieren.
Mit leiser Stimme, zumeist ernster Miene, aber freundlich erzählt er floskenhaft aus seinem Alltag. Dass er derzeit etwa an seiner Wurftechnik und an seiner Beinarbeit feilt. Dass er, seit er 2014 gedraftet wurde, etwa 20 Kilos zugelegt habe, vor allem an Muskeln. Er versucht in Worte zu fassen, wie er sich dank mehr Einsatzzeit entwickelt habe, weshalb seine Statistiken besser würden – auch punkto Freiwürfen: Weil er mehr Übung habe, seine Technik leicht veränderte, mit der Erfahrung und der Spielpraxis auch Selbstvertrauen gewinne. «Heute weiss ich, ich bin gut», sagt der Center aus der Westschweiz, der an sich selber stets hohe Erwartungen stellt.
Der kleine Ronaldo
Mindestens dies dürfte Clint Capela gemeinsam haben mit Cristiano Ronaldo, dem er kürzlich begegnet ist. «Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ich Fussballer treffe. Wenn du zum Beispiel Ronaldo auf einem Foto oder am Fernsehen siehst, denkst du, der ist stark. Aber er ist ja so klein, so dünn.» Die Off-Season nutzt Clint Capela, um in der Schweiz zur Ruhe zu kommen. «Hier bin ich geboren», sagt der Sohn einer Kongolesin und eines Angolaners, «hier tanke ich mental Kraft, hier habe ich meine ältesten Freunde.»
Ein Freund geworden sei mittlerweile James Harden, sein Teamkollege und Spielmacher der Houston Rockets. Die Punkte, bei denen Harden Capela so perfekt bedient, dass dieser den Ball aus der Luft fischen und wuchtig in den Korb dunken kann, sorgen regelmässig für Spektakel in der Halle.
Politik interessiert ihn nicht
An Hardens Seite würde Clint Capela gerne bleiben. Der Topstar unterzeichnete unlängst einen Rekordvierjahresvertrag, der ihm ab 2019 42 Mio. Dollar pro Jahr einbringen soll. «Auch wenn er einen solchen Kontrakt unterschrieben hat, bleibt er für mich derselbe», sagt Clint Capela. Und da huscht doch noch ein Lächeln über seine Lippen, als er verrät, dass sein Teamkollege zahle, wenn die beiden zusammen essen gingen.
Wie es um seine eigenen Vertragsverhandlungen steht, will er nicht weiter ausführen. Auch politisch mag er keine Stellung beziehen. Verändert habe sich für ihn seit Donald Trumps Wahl zum Präsidenten ja nichts. «Wisst ihr, an jedem einzelnen Tag ist unser Training zur selben Zeit. Die Spiele sind immer zur selben Zeit. Politik interessiert uns einfach nicht.»
Zofingen ist indes nicht das einzige Reiseziel für Clint Capela. In ein paar Tagen bestreitet er in Johannesburg erstmals das NBA Africa Game. Mit Thabo Sefolosha, dem zweiten Schweizer in der amerikanischen Profiliga, und anderen NBA-Stars mit afrikanischen Wurzeln, spielt er in jenem Showmatch. «Wir erfahren während der Saison viel Aufmerksamkeit von diesen Menschen, das Game ist eine Möglichkeit, etwas zurückzugeben und den Leuten in Afrika zu zeigen, was NBA-Style ist.»
In den Genuss des «NBA-Styles» kamen gestern dann auch noch die Basketcamp-Teilnehmer. Capela kehrte auf den Abend hin nach Zofingen zurück, schrieb Autogramme und stellte sich einer kurzen Question&Answer-Runde. Die gut 400 Kids fanden es – sagen wir mal – mehr oder weniger «exciting».