CEO Patrick Reber: «Der EHC Olten ist ein attraktives Produkt»

Patrick Reber, Sie hatten bei Ihrer Vorstellung Ende Oktober betont, dass Sie einen 7 Tage/24 Stunden-Job antreten. Hat sich das bewahrheitet?
Es ist ein 7/24-Job – im Positiven. 7/24 bedeutet nicht, rund um die Uhr Präsenzzeit zu markieren, aber man lebt für diesen Job. Du bist ständig in Gedanken mit dem Klub verbunden, du überlegst die ganze Zeit, was man besser machen kann. Es kommt viel vor, dass ich nach einem Spiel nach Hause komme, einmal mehr gute Kontakte hatte mit Funktionären, Sponsoren oder Fans und dann noch gewisse Gedankengänge festhalten möchte. Nach dem Qualifikationsabschluss in Zug hatte ich nach dem Spiel noch eine Sitzung, sodass ich erst um 1.30 Uhr im Bett war – und die Gedanken weiter kreisten. Aber keine Angst, es gibt sicher auch bei mir Zeitfenster, in denen ich eine Auszeit nehme und das Handy ausschalte.

Sie sind seit 100 Tagen im Amt. Was haben Sie in dieser Zeit über den EHC Olten gelernt?
(überlegt lange) Ich habe gelernt und mitbekommen, dass es eine unheimlich grosse Gruppe Leute gibt, die sich sehr interessiert für den EHC Olten, sehr viel Energie in den Verein steckt und alles für den Erfolg gibt. Ich habe gemerkt, dass es nicht nur Freude gibt, dass offene Fragen im Raum stehen, dass es gewisse Leute gibt, die in unserem Umfeld den Glauben verloren haben, dass man hier in Olten eine Erfolgsgeschichte schreiben kann.

Was beschäftigt die Leute?
Die grössten Punkte sind sicher: Kann der EHC Olten das Versprechen einlösen, eine sportlich erfolgreiche Saison zu bestreiten? Hat der EHCO tatsächlich das Rüstzeug, den Titel zu holen? Aber auch: Arbeitet der EHCO mit aller Konsequenz auch neben dem Eis auf dieses Ziel hin? Ist der EHC Olten ein Team für die National League?

Was antworten Sie darauf?
Sportlich glaube ich schwer daran, dass wir hier in Olten Erfolge feiern können. Die Voraussetzungen, eine gute, nachhaltige und glaubwürdige Organisation zu haben und leben zu dürfen, sind gegeben. Die Grundstimmung ist positiv. Wenn der EHCO gut spielt, sich Mühe gibt, ein gutes Angebot bieten kann, dann ist unser Umfeld sehr begeisterungsfähig. Und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen.

Inwiefern lässt sich Erfolg planen?
Den sportlichen Erfolg kann man nicht kaufen und auch nicht bis ins letzte Detail planen. Aber wir funktionieren so, dass, wenn wir den Schritt machen können, Meister werden können, dann sind wir auch neben dem Eis bereit. Und wenn wir die Ligaqualifikation spielen können, werden wir alles daransetzen, dass wir konkurrenzfähig sein werden. Ich bin überzeugt, dass wir in diesem Fall einen grossen Goodwill aus dem Umfeld zu spüren bekämen.

Sie waren bislang selber nicht mit dem EHC Olten verbunden. Wie würden Sie einem Aussenstehenden die Oltner Mentalität erklären?
Ich glaube nicht, dass es eine reine Oltner Mentalität ist. Ich spüre eine Deutschschweizer Mentalität mit einer vornehmen Zurückhaltung. Ich merke aber, dass die Leute Freude am EHCO haben. Auch das ganze Sponsoren-Umfeld ist sehr begeisterungsfähig, da spürt man, dass ihnen der Klub am Herzen liegt und sie sich einsetzen wollen. Der EHC Olten ist ein Aushängeschild, ein Unternehmen, in welchem auf vielen Ebenen ungemein viel Herzblut drinsteckt. Ich bin überzeugt: Es ist eine Zurückhaltung, eine Skepsis, die im Falle eines Erfolges nicht mehr wahrnehmbar wäre.

Als CEO sind Sie oft im Themenfeld des Sponsorings tätig. Hat der EHC Olten das Potenzial ausgeschöpft?
Ich kann dazu noch keine zuverlässige Antwort geben. Aber wir haben eine unglaublich tiefe Sponsoring-Struktur. Klar ist: Wir haben ein hohes Marketing-Budget, über das auch NLA-Vertreter staunen. Aber wir sehen noch Potenzial nach oben, auch wenn es eine Herausforderung sein wird. Zudem habe ich in den bisherigen Gesprächen mit den bestehenden Partnern keinerlei Abneigung gespürt. Ganz im Gegenteil. Sie stehen hinter dem EHCO. Man darf nicht vergessen: Der EHCO ist und bleibt ein attraktives Produkt. Wir sind der grösste Sportveranstalter im Kanton Solothurn. Es gibt keinen Klub im Einzugsgebiet, der ein solches Jahresbudget stemmt, der über 22 Heimspiele plus Playoffs ein solcher Publikumsmagnet ist.

Das Potenzial zu mehr ist also da.
Ich bin davon überzeugt. Ein Beispiel: Wir dürfen die Namensrechte des Stadions verkaufen, das ist ein Riesenpotenzial, das wir theoretisch haben. Das ist nicht ganz so einfach, weil es ein grosses Engagement wäre. Wir haben aber auch zwei, drei andere vielversprechende Ideen im Marketing.

Zum Beispiel?
Die ganzen Teampräsentationen vor der Partie, der Einlauf der Spieler – da gibt es noch sehr viele Sachen, die wir umsetzen können. Wir sprechen von einem Family-Corner. Oder wir wollen die Adrenalin-Boxen, in denen man in unmittelbarer Nähe und mit höchster Intensität das Spiel erleben kann und man die Sportart auch mal von einer anderen Seite kennen lernt. Wir sind dabei, das Gastrokonzept auszubauen, dazu gehört auch die Toiletteninfrastruktur, die wir auf Vordermann bringen wollen. Wir wollen alle Kreise ansprechen: Diejenigen, die nach dem Spiel ein gutes Glas Wein trinken wollen. Aber auch diejenigen, die noch Stunden danach den Sieg feiern wollen, sollen ihre Plattform haben. Wir wollen Familien ansprechen, die bei uns ihr «Znacht» essen können. Oder auch Rentner sollen ihren Platz haben, die mit ihren langjährigen Matchkollegen über vergangene Zeiten philosophieren können. Kurzum: Der Matchbesuch soll ein Erlebnis sein. Und all das gekoppelt ergibt sehr viele neue Marketingideen, bei denen wir überzeugt sind, dass wir die richtigen Partner zur Umsetzung finden werden.

Das klingt wunderbar. Aber wie realistisch ist die Umsetzung all dieser Ideen? Gerade die Toilettensituation plagt den Klub seit Jahren.
Wir haben konkrete Pläne in Reinzeichnung, die unseren Ansprüchen gerecht werden. Die Kostenschätzungen sind gemacht. Wir brauchen keine Deluxe-Ausstattung, aber man muss als Besucher der Spiele anständig auf die Toilette gehen können. Wenn man heute eine Sportveranstaltung durchführen will, muss man an alles denken und da gehört die Toiletteninfrastruktur dazu. Wir sind uns einig: Dieser Wagen kann nur eine Notlösung sein.

Thema Swiss League: Man sagt, die Spiele gegen die Farmteams sind ein Verlustgeschäft. Kann man als ambitionierter Klub überhaupt noch bestehen in dieser Liga?
Wenn unser Einnahmen-Anteil von Zuschauern im Vergleich zum Sponsoring noch höher wäre, dann müsste ich sagen: Es wird schwierig auf diesem Niveau. Wir haben im Durchschnitt 183 Zuschauer weniger als letzte Saison. Aber mit einem Schnitt von 3308 Zuschauern sind wir immer noch Top. Jetzt kommt der sportliche Aspekt dazu: Wenn wir gegen ein Farmteam im Penaltyschiessen verlieren, können wir nicht behaupten, dass wir nicht in dieselbe Liga gehören. Gewinnen wir aber wie gegen die GCK Lions 11:0, ist der Niveauunterschied offensichtlich. Was ich damit sagen will: Es ist eine sehr schwierige Konstruktion und die Frage, was richtig ist, beschäftigt auch den Verband stark. Wir haben nun die Variante auf dem Tisch, dass Sierre, der HC Valais Chablais oder der EHC Basel als zwölftes Team dazustossen könnte. Mit zwölf Teams gäbe es einen interessanteren Modus, auch mit Auf-/Abstieg in die MySports League, woraus eine neue Dynamik entstehen kann.

Womit wir bei den Finanzen wären: Die Jahresabrechnungen der letzten Jahre waren nicht rosig beim EHC Olten. Es gibt gewisse Anzeichen, dass der EHCO sparen muss.
Wir verfolgen ein klares Ziel, dass wir hier in den nächsten Jahren Spieler holen wollen mit Potenzial, Spieler mit Charakter, Spieler, die ins Team passen und Spieler, die man nicht einfach des Namens oder der Skorerpunkte wegen verpflichtet. Wir wollen eine starke Mannschaft haben, mit einem guten Mix zwischen hungrigen Spielern, die den nächsten Schritt in ihrer Karriere machen wollen und erfahrenen, arrivierten Leistungsträgern, die den Biss noch haben und nicht einzig wegen des Salärs nach Olten kommen. Und dieser gute Mix zwischen Leistungsträgern und jungen, hungrigen Spielern macht das Kader automatisch günstiger. Dazu kommen noch zwei starke Ausländer, die zum Gerippe einer starken Mannschaft gehören. Ich bin überzeugt: Dieses Konstrukt wird uns weiterbringen.

Sie haben die Geschäftsführung von Peter Rötheli übernommen. Es war die Rede von einem fliessenden Übergang. Nehmen Sie seine Hilfe noch in Anspruch?
Die ersten zwei Monate war unser Austausch sehr intensiv, wir haben uns regelmässig getroffen. Man muss in vielen Bereichen einen Einblick gewinnen. Peter Rötheli war in dieser Zeit sehr hilfreich. Ab einer gewissen Zeit hat auch bei ihm persönlich der Ablösungsprozess begonnen. Man darf nicht vergessen: Der EHCO war sein Kind, er hat hier 13 Jahre lang sein komplettes Herzblut investiert, Tag und Nacht geschuftet, hat den Klub übernommen, als es ihm schlecht ging und hat ihn auf ein unglaubliches Level gebracht. All diese Zeit hat auch er noch zu verarbeiten.

Und heute?
Wir haben wir noch unregelmässig Kontakt. Ich darf heute sagen: Der Zeitpunkt meines Einstiegs hätte idealer nicht sein können, auch dank der Übergangszeit mit Peter Rötheli. Der Meisterschaftsbetrieb lief bereits und vieles war aufgegleist. Mittlerweile versuche ich, meine Philosophie einzubringen und meinen Weg einzuschlagen.

Ihr Wunsch für die Playoffs?
Meister zu werden (schmunzelt).

Zur Person


Patrick Reber (46) ist in Köniz aufgewachsen. Er ist Vater einer Tochter, Livia, und zweier Söhne, Matthias und Niklas, aus erster Ehe und lebt heute mit seiner Partnerin. Reber hat einen MBA in Betriebswirtschaft und ein Diplom in Sportmanagement. Reber begann seine berufliche Laufbahn als Lehrer sowie als Journalist in Sportredaktionen, er hat unter anderem die Sportabteilung von TeleBärn mitaufgebaut. Im Anschluss wechselte Reber zum SC Bern, wo er während zweier Jahre als Medienchef amtete, bevor er die Stelle als Kommunikationsleiter und stellvertretender Geschäftsführer beim Schweizerischen Eishockeyverband antrat. 2011 wechselte Reber verbandsintern und wurde Head of Operations National League und damit Spielbetriebsleiter der beiden höchsten Schweizer Ligen. 2014 verliess Reber den Verband, um beim Eishockey-Ausrüster Interhockey die Stelle des COO zu übernehmen. Im Frühling 2018 schliesslich wählte er den Weg in die Selbstständigkeit mit der Gründung einer eigenen Firma ausserhalb des Eishockeysports. Trotz eines vielversprechenden Starts entschied sich Reber nach der Anfrage aus Olten zur Rückkehr ins Hockeybusiness.