
César Sant’Anna, der Freund des brasilianischen Nationaltrainers
Schweiz gegen Brasilien – es ist das Duell der Gegensätze in der WM-Gruppe E. Hier der fünffache Weltmeister, der bei jeder Endrunde zum Kreis der Titelfavoriten gehört. Dort der ambitionierte Aussenseiter, der seit 1938 endlich wieder eine K.-o.-Runde überstehen will.
Einer, der beide Seiten bestens kennt, ist César Augusto Sant’Anna. Zwischen 1997 und 2000 trug der defensive Mittelfeldspieler das Trikot des FC Zürich, später liess er seine Karriere von Januar 2009 bis Juli 2011 in der 1. Liga beim SC Zofingen ausklingen. In der Rückrunde der Saison 2011/12 kehrte der Brasilianer überraschend auf die regionalen Fussballplätze zurück und bewahrte den Drittligisten SC Reiden mit vier Landsleuten vor dem Abstieg.
Erfahrung als Vorteil
Sechs Jahre nach dem endgültigen Rücktritt lebt César Sant’Anna noch immer in Dietikon, während sein Sohn Julio nun in Zofingen als Stürmer für Furore sorgt und kürzlich mit den Thutstädtern in die 1. Liga aufgestiegen ist. Momentan weilen beide für drei Wochen in ihrem Heimatland in den Ferien.
Dem besonderen WM-Spiel blickt César Sant’Anna mit gemischten Gefühlen entgegen. «Es ist schwer zu sagen, wer gewinnen wird», meint der 45-jährige Ex-Profi. Die Schweiz verfüge über sehr viel Erfahrung und habe mehrere Spieler, die bei grossen Klubs in Europa unter Vertrag stünden.
Beeindruckt ist er vor allem von Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka. «Shaqiri ist schnell und kann über den Flügel für Gefahr in Brasiliens Defensive sorgen. Bei Xhaka gefällt mir sehr, wie er das Spiel im Zentrum lenkt», lobt Sant’Anna die beiden England-Söldner.
Gefährliche Offensive
Der Spielerberater ist sich jedoch nicht sicher, ob diese Eigenschaften den Schweizern zum Coup reichen werden. «Brasilien besitzt mit Neymar, Gabriel Jesus, Roberto Firmino und Willian vier Offensivspieler, die nur schwer zu kontrollieren sind», erklärt Sant’Anna. Daneben sind mehrere Akteure der «Seleção» mit ihren Klubs in europäischen Topligen Meister geworden.
Als wichtigstes Mosaikstück stuft er nicht Neymar, sondern Casemiro ein. «Natürlich, ein Spieler wie Neymar kann die Differenz ausmachen», erklärt Sant’Anna, «aber Casemiro ist die defensive Versicherung der Mannschaft. Er kämpft im Mittelfeld, schützt die Abwehrspieler und sorgt mit seinen Vorstössen für überraschende Momente im Angriff.»
Gewiefter Taktiker
Als weiteren Trumpf sieht César Sant’Anna Trainer Tite – das beweist auch die Statistik: Nur ein Spiel hat Brasilien mit ihm an der Seitenlinie seit dessen Amtsantritt im Juni 2016 verloren. «Tite ist ein fantastischer Taktiker, der weiss, wie er seine Spieler einsetzen muss», schwärmt Sant’Anna, der mit dem Nationaltrainer gut befreundet ist. «Er kommt wie ich aus Porto Alegre. Wir sehen uns jeweils im Sommer in den Ferien, reden, essen und lachen viel», verrät Sant’Anna.
Der frühere Profifussballer ist aber Realist genug und weiss, dass man mit Namen alleine keine Spiele gewinnen kann. «Es ist die Leistung auf dem Platz, die zählt», sagt César Sant’Anna, «und die Schweiz hat das nötige Material, um die starken Brasilianer zu stoppen.» Zudem betont er, dass Brasilien an vergangenen WM-Endrunden öfters stark aufspielte und den Titel trotzdem verpasst hatte.
Wie vor vier Jahren, als bei der 1:7-Halbfinalklatsche beim Heimturnier gegen Deutschland eine ganze Nation gedemütigt wurde. «In Brasilien reden alle über dieses Spiel, niemand will so verlieren», sagt Sant’Anna. Deshalb habe Tite versucht, diese Erinnerung bei den Spielern aus dem Gedächtnis zu löschen und sie ideal auf das Turnier in Russland vorzubereiten. «Jetzt warten alle auf den Anpfiff am Sonntag.»
WM-Gruppe E. Sonntag, 17. Juni:
Samara, 17 Uhr: Costa Rica – Serbien.
Rostow am Don, 20 Uhr: Brasilien – Schweiz.
Freitag, 22. Juni:
Sankt Petersburg, 15 Uhr: Brasilien – Costa Rica
Kaliningrad, 20 Uhr: Serbien – Schweiz
Mittwoch, 27. Juni:
Moskau, 20 Uhr: Serbien – Brasilien
Nischni Nowgorod, 20 Uhr: Schweiz – Costa Rica
Alle Spiele und Gruppen finden Sie hier.