Chefarztlöhne: «Handlungsbedarf besteht bei den Krankenkassen»

Letzte Woche machte die Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens SRF publik, dass Chefärzte in Schweizer Spitälern bis zu 1,5 Millionen Franken verdienen würden. Der Vergütungsexperte Urs Klingler hatte mit Daten von 174 Spitälern die Einkommen hochgerechnet. Laut Klingler würden Beteiligung an Umsätzen und medizinischen Leistungen variable Bestandteile der Verträge sein. Das Kantonsspital Luzern hat auf die Berichterstattung nun prompt reagiert und hält in einer Medienmitteilung bezüglich der Löhne bei sich fest: «Der Gesamtlohn der rund 200 Kaderärzte, das heisst der Chefärzte, der Co-Chefärzte und der Leitenden Ärzte, bewegt sich zwischen 230 000 und 550 000 Franken im Jahr. Der Durchschnitt liegt bei rund 330 000 Franken pro Jahr.»

Gegenüber den Luzerner Nachrichten/Zofinger Tagblatt äussert sich nun auch der Luzerner Regierungsrat und Gesundheitsdirektor Guido Graf (CVP): Er sei sehr überrascht gewesen von den Zahlen in der Berichterstattung. «Bezüglich der Zusatzhonorare habe man haben wir im Kanton Luzern bereits vor rund zehn Jahren reagiert; Honorare für die Behandlung von Privatpatienten werden im Kantonsspital Luzern seither keine mehr ausgerichtet.» Dort gebe es keine zehn Ausnahmen von Chefärzten, die über 500 000 Franken verdienen würden. «Alles andere finde ich einfach nicht gerechtfertigt und wäre nicht erklärbar», so Graf.

Regierungsrat Guido Graf zeigt sich von Stellungnahmen von Bundespolitikern, die sich jetzt zu Wort melden, irritiert. Wie beispielsweise der Aussage von Ruth Humbel (CVP, AG), die möchte, dass der Gesamtlohn von Geschäftsleitung und Maximallohn von den Kantonen in die Bestimmungen der Spitalliste aufgenommen werden. Guido Graf erklärt: «Handlungsbedarf besteht bei den Krankenkassen. Oft sind es nämlich die Verträge zwischen den Krankenversicherern und Spitälern betreffend Privatpatienten, die derart hohe Löhne provozieren. Dort hat der operierende Arzt häufig Anspruch auf ein sehr hohes Honorar.» Hinzu komme, dass die Krankenversicherer je nach Spital sehr unterschiedliche Abgeltungen für Privatversicherte vorsähen – häufig zum Nachteil der öffentlichen Spitäler. «Dies wiederum verzerrt den Wettbewerb.» Häufig werde den Kantonen vorgeworfen, dass sie verschiedene Rollen bei der Gesundheitsversorgung haben. «Dabei ist es doch Aufgabe eines Kantons, sämtliche Interessen zu berücksichtigen und für das Gemeinwohl das Beste herauszuholen.» Seiner Ansicht nach wäre es völlig falsch, wenn der Kanton nur eine bestimmte Rolle wahrnehmen würde. Mindestens ebenso problematisch findet Guido Graf, dass die Versicherer verschiedene Rollen haben – einerseits als Sozialversicherer und andererseits als Privatversicherer. Dies zeigte sich auch bei der Forderung, nur jene Eingriffe stationär zu behandeln, die aus medizinischen Gründen nicht ambulant durchgeführt werden konnten. «Offenbar hatten die Krankenversicherer keinen Mut – oder kein Interesse, einzugreifen», sagt er. Hier war es der Kanton Luzern zusammen mit Zürich, die am 1. Juli letzten Jahres aus eigenem Antrieb zur Kostenreduzierung im Gesundheitswesen aktiv wurden und diverse Leistungen auf eine Liste setzen, die nur in bestimmten Ausnahmen stationären durchgeführt werden dürfen.

«Wieder mehr Transparenz»

Der Luzerner Gesundheitsdirektor anerkennt die schwierige Rolle der Krankenversicherer. Er erklärt aber auch: «Man muss auch den Mut haben, das heutige System zu hinterfragen. Allenfalls bedarf es in Anbetracht der steigenden Gesundheitskosten einer Revision.» Heute sind seiner Ansicht nach so viele verschiedene Player involviert und die Finanzierung ist so kompliziert und undurchsichtig, dass man sich über einen grundlegenden Systemwechsel Gedanken machen sollte. «Statt dass man versucht, Kosten tatsächlich senkt, werden sie nur umgelagert.» Beispielsweise indem man versuche, mittels einheitlicher Finanzierung die Kosten auf den Kanton, respektive auf den Steuerzahler, zu verlagern. «Das Mischmasch führt dazu, dass der Bürger gar nicht mehr weiss, wieviel die Gesundheitsversorgung überhaupt kostet. Es wäre allen gedient, wenn wieder mehr Transparenz herrschen würde.»