
Christoph Bill ist überzeugt: «Die Kultur stärkt das Immunsystem»
Auszeichnung von regionalen Institutionen
Die Franke Stiftung Schweiz wurde 1941 als freiwillige Fürsorge für die Mitarbeitenden und ihre Hinterbliebenen gegründet. Im Jahr 1967 kaufte die Eidgenossenschaft statt wie geplant 100 Mirage-Flugzeuge nur 55 Kampfflugzeuge. Die Zulieferfirmen – unter anderem Franke in Aarburg – wurden für den Verdienstausfall entschädigt. Walter Franke legte dieses Geld in die Stiftung. Seither werden von den Zinsen Institutionen oder Personen ausgezeichnet, die sich für die Region im kulturellen, sozialen Bereich oder im Bildungswesen verdient gemacht haben.
Das sind die Preisgewinner der letzten Jahre: 2017: Familienclub Aarburg; 2018: Spiis & Gwand, Oftringen; 2019: Anna Merz, Musikerin aus Zofingen; 2020: Christoph Bill, Organisator von Kulturveranstaltungen, Brittnau. (ran)
Christoph Bill war bei der Gründung des Heitere Open Airs 1991 erst als Gast dabei, doch er und sein Team haben es in den letzten 20 Jahren zu dem gemacht, was es heute ist: ein Musikfest der Extraklasse, eine grosse Nummer im Schweizer Eventkalender oder ganz einfach: «s geilschte Open Air vo de Schwiz», wie es ein Sänger vor wenigen Wochen auf dem Heiternplatz ins tobende Publikum hinausgerufen hat.
Das «Heitere-Virus» infizierte Bill schon früh. Ein Jahr nach der Gründung war er als Helfer tätig, zwei weitere Jahre später übernahm er den Bereich Infrastruktur und kurz danach wurde er zum Stellvertreter des OK-Präsidenten. Seit den 2000er-Jahren trägt er die Gesamtverantwortung des Festivals. Daneben war und ist er für viele weitere Veranstaltungen aktiv und engagiert sich auch in weiteren Projekten für die Region.
Zofingen ist dank ihm fast weltbekannt
Die Leidenschaft für das Organisieren hat Christoph Bill bereits in seinen Teenager-Jahren entdeckt, als er Schüler- und Jugenddiscos veranstaltete. Mit dem Erlös kaufte er jeweils neue Licht- und Tontechnik, die er in ein Unternehmen überführte, das heute auch zu den grossen Playern des Landes gehört. Hart gefordert war Christoph Bill in den letzten Monaten nicht nur rund ums Heitere Open Air, sondern auch im Verband Schweizer Konzert-, Show- und Festivalveranstalter SMPA, den er seit über zehn Jahren präsidiert.
Bei der Verleihung des 51. Franke-Preises im Hotel Zofingen gab es viel Applaus und verdiente Lobesworte für Christoph Bill, der die Übergabe des mit 10 000 Franken dotierten Jahrespreises zusammen mit Familie, Freunden und Vertretern der Franke Stiftung feiern durfte.
«Mit dem Jahrespreis 2020 würdigt die Franke Stiftung den langjährigen Einsatz von Christoph Bill im kulturellen und musikalischen Bereich weit über die Region hinaus», sagt Marianne Breitenstein, Präsidentin der Regionalkommission der Franke Stiftung. Dazu ergänzt Stiftungsratspräsident Martin Wyser: «Christoph Bill hat es geschafft, dass das Heitere Open Air heute im gleichen Atemzug wie ein Gampel Open Air, ein Gurten Festival, ein St. Gallen Open Air, ein Frauenfeld Open Air oder Zermatt unplugged genannt wird.» Er habe es geschafft, Zofingen schon fast weltbekannt zu machen, und habe auch deshalb den Preis mehr als verdient.
«Selbstinszenierungist ihm fremd, ja zuwider»
«Christoph Bill ist eine Persönlichkeit mit enormen analytischen Fähigkeiten, dem notwendigen kritischen Blick, dem Hang zur Perfektion verbunden mit einer schier unerschöpflichen Schaffenskraft und einer faszinierenden Kreativität», lobte Laudator Peter Gehler. Christoph Bill habe für diese Region unglaublich viel und unglaublich Gutes, Bleibendes und Inspirierendes geleistet. Unaufgeregt, ohne seine Person jemals in den Vordergrund zu stellen. «Selbstinszenierung ist ihm fremd, ja zuwider», sagt Gehler weiter. «Die Region braucht solche Söhne und Töchter, die Leuchttürme schaffen, und es bleibt zu hoffen, dass die Geschichte von Christoph Bill noch Weitere motiviert, solchen Einsatz zu leisten.»
«Meine Motivation ist bis heute geblieben, im Team gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen und anderen Menschen mit Kulturveranstaltungen Freude zu bereiten», sagt Christoph Bill. Es freue ihn sehr, dass der Preis in die Pop-Kultur gehe, in eine Sparte, die mehr Menschen bewege als die Schweizer Fussball- und Eishockey-Meisterschaften zusammen, die innerhalb der Kultur aber leider oft als kommerziell oder Mainstream abgewertet werde. «Dabei ist es die Sparte, in der meist kleine Organisationen auf eigenes hohes Risiko für eine unglaubliche kulturelle Vielfalt in allen Sprachregionen sorgen und in normalen Zeiten ohne Subventionen und sonstige Beiträge der öffentlichen Hand selbsttragend funktionieren.»
Dass Kulturschaffende oder Kleinunternehmer wie er vom Weltkonzern Franke bedacht werden, zeuge von dessen Bodenhaftung und Erkenntnis, wie wichtig neben dem Wirtschaftlichen auch das Herzblut im Kleinen, das Engagement im Alltäglichen und die Wurzeln der Heimat seien. Kulturveranstaltungen seien mehr als blosses Vergnügen, sagte Christoph Bill weiter. «Sie sind aus meiner Sicht ein Stück Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Sie stiften in einer Region Identität, und ich bin überzeugt, sie stärken auch das Immunsystem.»