
Christoph Fischer: Vom Seetal ins Suhrental und vom Wald in den Gemeinderat
Jahrzehntelang hatte Christoph Fischer seinen Lebensmittelpunkt im Seetal, seinen Arbeitsmittelpunkt in Aarau. Das Suhrental kam erst ins Spiel, als er bereits in seinen Fünfzigern war. Dann dafür richtig.
Fast 30 Jahre lang war Christoph Fischer Stadtoberförster in Aarau, zuvor Forstingenieur beim Kanton. An der ETH Zürich hatte er Forstwirtschaft studiert und musste sich hernach während seines Berufslebens an die verändernde Waldnutzung anpassen. Der Verkauf von Holz wurde weniger wichtig, weil weniger wirtschaftlich, die Nutzung als Freizeit- und Erholungswald durch den Menschen nahm dagegen zu. Während Aarau bis zu seiner Pensionierung 2019 eine Konstante blieb, brach er vor 15 Jahren mit dem Seetal und zog nach Moosleerau. Seine zweite Frau Rita Baumann ist eine Ur-Moosleerberin, die Christoph Fischer das Suhrental schmackhaft machte. Die beiden wohnen im Haus, wo sie einst geboren ist. Als Angetrauter einer Frau, die bereits seit Kindheit im Dorf wohnte, kannte ihn bald einmal jede und jeder.
In den Gemeinderat nach Klopfen an der Tür
Als seine Pensionierung 2017 bereits greifbar und man im Dorf auf der Suche nach Neuen im Gemeinderat war, klopfte es an Fischers Tür. Man sah ihn als künftigen Kollegen im Gremium und er würde bald auch die Zeit dafür haben. Aber erst, als noch ein zweiter amtierender Gemeinderat bei ihm vorbeischaute, sagte er zu und kandidierte als Parteiloser. Die Moosleerber wählten ihn mit einem Traumresultat, mit dem er gar Bisherige überragte. Er erhielt sinngemäss die Ressorts Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei. Nachdem Vizeammann Andreas Keller am 26. September nicht mehr antritt, kandidiert Christoph Fischer als Nachfolger. «Ich habe als Stadtoberförster viele Jahre lang die Stadtratsgeschäfte verfolgt und musste Geschäfte im Stadtratssaal vertreten. Ich habe gesehen, welch einen Aufwand die Gemeindepolitiker und -politikerinnen für ihre Einwohner betreiben», sagt Fischer. Als die zeitlichen Voraussetzungen für ein Amt dagewesen seien, habe er sich deshalb mit Engagement revanchieren wollen.
In seiner ersten Amtszeit als Gemeinderat musste der Neue bereits kräftig anpacken. Es galt, im Zusammenhang mit dem Hochwasserprojekt Suhrental Suhre, in Moosleerau die Melioration einzuleiten und eine Lösung für die Forstbewirtschaftung des Suhren- und Ruedertals zu finden. Die Herausforderung bei der Melioration: die Bevölkerung ins Boot zu holen. «Normalerweise wird eine neue Grenzziehung zwischen Grundstücken, wie es die Melioration vorsieht, durch die Grundeigentümer angestossen. Hier sind es aber der Kanton und Gemeinde, die mit dem Vorschlag kamen, da im Zusammenhang mit dem Suhre-Revitalisierungs- und Hochwasserschutzprojekt auch Bachöffnungen geplant und dafür Land benötigt wird.
In Moosleerau waren denn auch seit den ersten Informationsveranstaltungen Vorbehalte der Landwirte wegen Landverlust und hoher Restkosten zu vernehmen. «Wir konnten das lösen, indem wir für unser Dorf einen grosszügigen Realersatz zugesichert haben und einen Kostendeckel für den Hektar-Betrag pro Grundeigentümer», sagt Fischer. Kosten über diesem Deckel zahlt die Gemeinde. Die Grundeigentümer von Moosleerau kommen damit besser weg als dies bei andern Meliorationen im Kanton der Fall ist.
Das Ziel: mindestens zwei Gemeinderätinnen
Auch die Zusammenlegung der drei Forstgebiete des Suhrentals wurde diesen Frühsommer durch die Gemeindeversammlungen verabschiedet. Fischer arbeitete daran als Projektleiter aktiv mit, war deshalb für die Moosleerber sowie die beteiligten Gemeinden Ansprechpartner und Experte zugleich. «Mit dem Ausstieg von Schmiedrued aus dem Forstbetrieb Leerau-Rued hätten wir unseren alten Forstbetrieb niemals weiter unterhalten können. Für Moosleerau hätte sich also unabhängig des Zusammenschlusses eine neue Lösung aufgedrängt», sagt er. Am Ende war der Gmeinds-Entscheid in seinem Dorf aber unbestritten und der neue Forstbetrieb wird am 1. Januar 2022 seinen Betrieb planmässig aufnehmen können.
Als bisheriger Gemeinderat machte er sich heuer selbst daran, an Türen zu klopfen. Es galt, mindestens eine kandidierende Person zu finden. «Unser Ziel war eigentlich, mindestens zwei Frauen im Gemeinderat zu haben», sagt er. Ein Kandidat ist mit Lorenz Uebelhart (parteilos) nun zwar gefunden, die Frauenquote wird aber höchstwahrscheinlich weiterhin nur 1/5 betragen (einzige Frau ist Jeannine Graber). Dafür hat er mit der Erhöhung dieser Quote bereits ein wichtiges Ziel für seine Zeit als Vizeammann.