Corona-Erwerbsersatz verweigert: Masseurin wehrt sich erfolgreich gegen Aargauer Behörde

Die Folgen der Pandemie trafen viele Selbstständigerwerbende im Frühling 2020 hart. Aufträge und Einkommen brachen innert kürzester Zeit weg. Die neu eingeführte Erwerbsausfallentschädigung sollte dabei helfen, die schwierige Situation zu überbrücken. Doch nicht alle, die einen Antrag stellten, erhielten Gelder. Eine Erfahrung, die auch eine medizinische Masseurin aus dem Kanton Aargau machen musste.

Weil sie nur indirekt von den durch den Bundesrat angeordneten Schliessungen betroffen und ihr Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zu tief sei, habe sie keinen Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz, entschied die kantonale Ausgleichskasse. Dagegen setzte sich die Frau zur Wehr – mit Erfolg. Das Aargauer Versicherungsgericht hiess ihre Beschwerde zumindest teilweise gut, schickte den Fall zurück und verlangte weitere Abklärungen. Die Ausgleichskasse wollte dieser Aufforderung nicht nachkommen und wandte sich ans Bundesgericht.

Bei Selbstständigerwerbenden, die wie die medizinische Masseurin indirekt von den Schliessungen betroffen sind, muss das für die Bemessung der AHV-Beiträge massgebende Einkommen mindestens 10’000 Franken betragen. Dieser untere Grenzwert sei nicht erreicht worden, befand die Aargauer Ausgleichskasse. Dabei stützte sie sich auf bereits vorliegende Zahlen, nicht aber auf die Anfang April angepassten Akontorechnungen. Nur so seien beim hochdringlichen Massengeschäft des Corona-Erwerbsersatzes eine effiziente Anspruchsprüfung und Ausschüttung möglich, lautete die Begründung. Ausserdem würde das Missbrauchspotenzial steigen, sollten nach Mitte März gemeldete Anpassungen berücksichtigt werden.

Fall landet wieder bei Ausgleichskasse

Das Bundesgericht lässt sich von dieser Argumentation nicht überzeugen, wie das am Mittwoch veröffentlichte Urteil zeigt. Es sei nicht ersichtlich, wieso es die Dringlichkeit erforderlich machen sollte, die zum Zeitpunkt des Entscheids neuesten Zahlen nicht zu berücksichtigen. Genauso wenig leuchte das Argument ein, wonach es deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, die jeweils aktuellste Akontorechnung als Grundlage zu nehmen, befinden die fünf Richterinnen und Richter. Auch den Einwand der erhöhten Missbrauchsgefahr lassen sie nicht gelten. Bei Verdacht liege es an der Ausgleichskasse, die Person aufzufordern, das gemeldete Einkommen näher darzulegen.

Im Fall der Masseurin hätten aber ohnehin keine Anzeichen für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bestanden, etwas anderes mache auch die Ausgleichskasse nicht geltend. Diese habe sich für die Prüfung des Anspruchs auf Corona-Erwerbsersatz nicht auf die aktuellsten Angaben zum Erwerbseinkommen gestützt und dadurch Bundesrecht verletzt, urteilt das Bundesgericht und weist die Beschwerde ab. Für die kantonale Behörde bedeutet dies: Sie muss sich nochmals mit dem Fall der Masseurin befassen.

Bundesgerichtsurteil 9C_53/2021 vom 30. Juni 2021