«Da wird seit drei Jahren geblockt»

 

Der Verein «Piazza» und dessen Präsident mussten heftige Kritik einstecken – jetzt kontert der Vorstand.

Nicht-Mitglieder und Behörden kritisieren den Verein Piazza (pro innovative Aktionen zur Zofinger Altstadt) heftig. Von aggressiver Mitgliederakquisition und einer deplacierten Kommunikation ist die Rede (Ausgabe von Montag). Auch der jährliche Mitgliederbeitrag von 1200 Franken und der Jahresbeitrag der Stadt von 12000 Franken geben zu reden. Nachdem Präsident Christoph Heer seine Stellungnahme am Montag kurzfristig zurückzog, nehmen nun drei der fünf Vorstandsmitglieder ausführlich Stellung. Nebst Heer sind dies die AltstadtGewerbevertreter Marco Steffen (Vizeprä- sident) und Jan Bachmann (Beisitzer).

«Piazza» wird wiederholt kritisiert. Was halten Sie davon?
Jan Bachmann: Die Kritik ist zum Teil sicher berechtigt, hängt aber vermutlich damit zusammen, dass man uns bisher nur als lose Vereinigung wahrnahm und nicht wusste, wie wir funktionieren. Durch die Vereinsgründung wird dieses Problem gelöst.

Konkret kritisiert werden die Kommunikation und eine angeblich aggressive Mitgliederakquisition.
Marco Steffen: Wir werben sicher nicht auf aggressive Art um Mitglieder. Wir gehen die Leute an, aber jeder darf Nein sagen. Es ist jeder frei zu tun und zu lassen, was er will, wenn wir einen Event durchführen, auch wenn er nicht bei «Piazza» ist. Es soll ein Miteinander, kein Gegeneinander sein.
Bachmann: Vielleicht sind es gewisse Geschäfte nicht gewohnt, dass man mit Nachdruck um sie wirbt. Dann werten sie das eventuell als aggressiv. Das wäre aber in keiner Art und Weise unsere Absicht. Jeder soll freiwillig mitmachen können. Es sind auch nach wie vor alle herzlich willkommen.

Stimmt es, dass Ihrerseits gesagt wurde, man solle ausschliesslich bei «Piazza»-Mitgliedern einkaufen?
Bachmann: Definitiv nicht. Wie grosse Detailhandelsketten sagen auch wir: Kauft bei uns, wir bieten euch diverse Vorteile. Aber jemandem sagen, er dürfe nicht bei anderen einkaufen – das würden wir nie machen.

Aber: An der Cherzlinacht riet Christoph Heer davon ab, die Getränke bei Nicht-«Piazza»-Mitglied Niederhäusern AG einzukaufen.
Bachmann: Ich rede ungern über einzelne Beispiele. Aber gerade «Niederhäusern Getränke» hätte die Möglichkeit, bei sämtlichen «Piazza»-Events alle Getränke zu liefern. Er hätte also von Anfang an profitieren können.

Aber es wurde dennoch gesagt…
Bachmann: Das war die Äusserung eines Einzelnen und die kann man leider nicht zurücknehmen. Christoph Heer: Im konkreten Fall ging es um einen nicht bewilligten Verpflegungsstand, von dem ich erst am letzten Tag erfuhr. Für die «Piazza»-Mitglieder gebe ich an Events mein eigenes Wirtepatent her, aber nicht für andere. Abgesehen davon haben wir mit Feldschlösschen vertraglich eine Getränkeliefervereinbarung.

Sie bedauern, dass Kritik aufgekommen ist. Wieso konkret?
Bachmann: Bei Kritik kann man nur reagieren und muss darum offensiv werden. Es wäre besser, wenn man die Probleme vorher an einem runden Tisch hätte besprechen können. Dieser runde Tisch, an dem auch die drei Kritiker Patrick Hasler, Peter von Niederhäusern und Hans von Heyking eingeladen waren, war von der Stadt letztes Jahr einberufen worden. Die genannten Personen sagten jedoch ab. Wir suchen wirklich den konstruktiven Weg.
Heer: Wir haben heute einige dabei, die zu Beginn kritisch waren, mit denen man sich im Gespräch aber gefunden hat. Auch gegenüber unseren jetzigen Kritikern sind wir gesprächsbereit.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der relativ hohe Mitgliederbeitrag von 1200 Franken jährlich. Selbst aktuelle «Piazzaner» sagen, diese Ausgabe rechne sich für sie nicht.
Bachmann: Das ist viel Geld. Wenn man es rechnet, sind es 100 Franken im Monat. Dafür ist man auf unserer Website, hat Anteil an sechs Turbowochen und Events, erscheint auf Flyern, Facebook, kann das «Piazza»-Studio nutzen. Ein enormes Werbekonzept für 100 Franken monatlich.
Steffen: Wir haben es den Mitgliedern schon gesagt: Jeder kann in unserem Treuhandbüro die Finanzen, Einnahmen und Ausgaben überprüfen.
Bachmann: Wir möchten einfach unterstreichen, dass sich niemand auf Kosten von «Piazza» bereichert. Das möchten wir hiermit klar entkräften.

Der Betrag ist das eine, der Nutzen das andere. Und der wird ebenfalls bezweifelt. Zu Recht?
Heer: Man weiss nicht, wie es heute wäre, wenn es «Piazza» nicht gäbe. Wir bieten mit unseren Events Plattformen. Das ist wie eine weisse Leinwand, die von den Gewerblern bemalt werden kann. Wenn an einem Blumenumzug aber jemand im Laden drin bleibt und am anderen Tag sagt, er habe nicht mehr Umsatz gehabt, ist das logisch.
Steffen: Ein Teil der Gewerbevertreter, die uns kritisieren, haben am Samstagnachmittag beispielsweise zu. Bachmann: Fairerweise muss ich sagen: Am Tag eines Events selber – auch Monats-, Weihnachts-, Kunstmarkt oder Kinderfest – haben wir in den Läden effektiv weniger Umsatz. Aber: Wir haben die Möglichkeit, die Passanten auf den Laden aufmerksam zu machen, damit sie später wiederkommen.

Haben Sie das Gefühl, man fährt eine Hetzkampagne gegen Piazza?
Heer: Es sind wie gesagt einige wenige, ein harter Kern, der uns kritisiert, und das von Anfang an. Wir würden uns freuen, wenn sie als Mitglieder ihr Know-how einbringen, aber da wird einfach seit drei Jahren geblockt.
Bachmann: Als Verein wird es den «Piazza»-Mitgliedern künftig möglich sein, aktiv mitzubestimmen. Weil wir mehr Inputs vom Gewerbe brauchen, haben wir neu einen Vorstand von fünf Personen. Damit möglichst jeder Gewerbetreibende immer eine Ansprechperson hat, auch wenn ihm einer unserer Köpfe nicht passt. Wir sind sehr bestrebt, uns zu öffnen und jede Interessengruppe irgendwo abzuholen.
Heer: Grundsätzlich: Im Frühling 2018 veranstalten wir unsere erste Generalversammlung. Da kann man uns auch abwählen (alle lachen).
Steffen: Zur Kritik folgendes Sinnbild: Man stelle sich vor, in einer Strasse befinden sich drei Restaurants, die alle grad so überleben. Kommt dann ein Neuer mit Kraft, Ideen und Elan und dessen Geschäft floriert, dann löst das einen gewissen Neid aus. Kommt hinzu: Wer etwas bewegen will, muss sich selber bewegen, was nicht immer für alle angenehm ist. Wir müssen die Kunden mit gutem Service, Freundlichkeit, Fachkompetenz und den richtigen Anlässen an unsere Altstadt binden.

Der Beizer steht sinnbildlich für Vereinspräsident Heer. Gespräche mit der Stadt gab es bereits. Muss der Gesamtvorstand mit dem Präsidenten in Sachen Kommunikation nochmals über die Bücher? 
Bachmann: Es stimmt, Christoph ist eine sehr emotionale Persönlichkeit, während wir uns eher zurückhalten möchten. Es sind Emotionen im Spiel, weil viel Herzblut dabei ist. Selbstverständlich fallen da Antworten, die man vorher besser hätte überdenken sollen. Das ist nicht zu bestreiten. In der Kommunikation hat es zwei, drei Situationen gegeben, wo man im Nachhinein sagen muss, das hätte man anders machen können. An dem Feedbackgespräch mit der Stadt im November wurde das thematisiert. Insofern finde ich es etwas schade, dass man jetzt «Altes» wieder aufrollt. Mir wäre es lieber gewesen, man hätte nach vorne geschaut.

Das Gespräch war Ende 2016. Inzwischen sind nach der Gratisparking-Abstimmung und dem Nein zum Oldtimer-Corso weitere negative Äusserungen gefallen.
Bachmann: Die Oldtimer-Motion macht Christoph Heer jetzt privat. Das ist kein «Piazza»-Projekt mehr. Steffen: Man kann die Frage einfach beantworten: Ja, an dieser Kommunikation müssen wir arbeiten. Man muss mit Behörden, Presse und wem auch immer fair, nicht beleidigend und auf Augenhöhe diskutieren. Eine gewisse Aggressivität ist zwar gut, damit sich etwas bewegen lässt. Sie muss allerdings reduziert werden. Vergessen Sie nicht: «Piazza» ist nicht gleich «Heerus». «Piazza» ist ein Verein mit Vorstand.

«Piazza» hat den Stadtratskandidaten Fragen zur Region und ihrer Einstellung gestellt. Macht der Verein jetzt auch noch Wahlkampf?
Heer: Wir machen nicht Wahlkampf, sondern Wahlhilfe. Wir finden es wichtig für das Gewerbe und alle Stimmbürger, zu wissen, wer in der Regierung sitzt. Wir nehmen aber weder Stellung noch geben wir eine Empfehlung ab.

Die Politik würde es kaum goutieren, wenn sich «Piazza» einmischt. Nicht, wenn die Stadt jährlich 12 000 Franken sponsert.
Bachmann: Zu sagen ist: Es handelt sich um keinen à-fonds-perdu-Beitrag. Alle vier Monate erhalten wir 3000 Franken, die wir mit der Stadt abrechnen können. Das sind je 2000 Franken für eine der sechs Turbowochen. Diesen grossen Sponsoringbetrag schätzen wir sehr. Unserer Meinung nach ist dieses Geld eine Wertschätzung der Politik gegenüber Bevölkerung und Gewerbe.

Wie wichtig ist der Betrag?
Bachmann: Auf das Geld verzichten möchten wir nicht, wir sind darauf angewiesen. Würde der Beitrag gestrichen, würde «Piazza» nicht gleich verschwinden. Aber es könnte sein, dass man bei Events, die dem Gewerbe direkt wenig nützen, wie Spielwoche oder Skulpturenausstellung, Abstriche machen müsste. Dies wäre vor allem ein Verlust für die Bevölkerung und das Publikum in der Stadt.

Wie geht es weiter für «Piazza»?
Heer: Das Schönste wäre immer noch, wenn die Kritiker sich mit uns zur Aussprache an einen gemeinsamen Tisch setzen würden.
Bachmann: Zu einem grossen Teil müssen wir das Geschehene hinter uns lassen. Es sind Dinge passiert, die nicht immer optimal gelaufen sind, auch auf unserer Seite. Mit der Stadt haben wir den Konsens aber gefunden. Der nächste Schritt wird die Integration der bisherigen Mitglieder in den neuen Verein sein. Wir hoffen ausserdem, zusätzlich weitere Mitglieder zu gewinnen, damit wir noch mehr Ressourcen haben, um Zofingen als riesengrosses Einkaufszentrum attraktiv zu machen und voranzubringen. Dass das auch wieder nicht jedem passt, ist mir sonnenklar.