Dagmersellen 2008–2028: Alle 4 Tage ein Einwohner mehr

Nachgefragt bei Philipp Bucher

Seit 2004 ist der Dagmerseller Mitglied des Gemeinderats, 2008 wurde er zum Präsidenten der Gemeinde gewählt.

«Mit unverändertem Wachstum kann es nicht weitergehen»

Was hat Dagmersellen im vergangenen Jahrzehnt am markantesten verändert?
Das waren sicherlich die vielen Wohnbauten und die neu entstandenen Quartiere. Die haben das Ortsbild massgeblich verändert.

Was sind die grössten Herausforderungen, denen sich Dagmersellen in den kommenden zehn Jahren stellen muss?
Die Bevölkerungsgrösse muss sich in den kommenden Jahren konsolidieren. Mit unverändertem Wachstum kann es nicht weitergehen, sonst kommen wir irgendwann an einen Punkt, an dem die Lebensqualität sinkt. Des Weiteren sind die Tendenzen zum Individualismus in der heutigen Gesellschaft in meinen Augen ein grosses Problem. Viele Leute schauen nur noch für sich, die Allgemeinheit rückt in den Hintergrund. Ich glaube, dem können wir mit der Förderung des aktiven Vereinslebens im Dorf entgegenwirken.

Was schätzen Sie an Dagmersellen?
Die Gemeinde liegt direkt an der Autobahn, trotzdem ist man innerhalb von wenigen Minuten im Naherholungsgebiet. Zudem kann die Gemeinde mit vielen verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten im Dorf auftrumpfen. Diese bieten auch gute Arbeits- und Ausbildungsplätze.

Was war Ihr persönliches Highlight der letzten zehn Jahre in Dagmersellen?
Das Zentralschweizerische Jodlerfest 2009 bei uns im Dorf bleibt bei mir in besonders guter Erinnerung. Ebenfalls freue ich mich jedes Jahr auf unsere Fasnacht und die vielen Vereinsanlässe. Dieses Jahr durfte beispielsweise der Gewerbeverein sein 100-jähriges Bestehen feiern.  Interview: Thomas Blümli

Die Schweiz wächst seit Jahren stark. Dieser Trend macht vor keiner Gemeinde Halt, so auch nicht vor Dagmersellen. Die Einwohnerzahl stieg im vergangenen Jahrzehnt um mehr als 20 Prozent an. Die Folgen davon sind offensichtlich: Neue Überbauungen prägen das Ortsbild, zusätzliche Schulräume mussten geschaffen werden, die Alters- und Pflegeinfrastruktur wird ausgebaut.

Laut der Bauanalyse des Kantons Luzern könnte Dagmersellen potenziell noch einiges weiter wachsen. Zusätzliche 1500 Personen könnte die Gemeinde aufnehmen, ohne einen einzigen Quadratmeter Land neu einzuzonen. Dafür müssten verschiedene Parzellen verdichtet werden. Eine solche Bevölkerungszunahme sei jedoch nicht das Ziel, sagt Gemeindepräsident Philipp Bucher. «Wir streben zukünftig ein moderates Wachstum an.»

Vier Fliegen mit einer Klappe

Eine der grössten Investitionen der vergangenen Jahre war das Projekt Fakt. 2014 genehmigte die Gemeindeversammlung dafür einen Sonderkredit über sechs Millionen Franken. Heute ist das Projekt fertiggestellt, das gleich vier Bauvorhaben vereinigte. Ein neues Schulgebäude und ein neues Feuerwehrmagazin sind entstanden, im gleichen Zug wurde eine Tiefgarage erstellt und das Gemeindehaus saniert.

«Fakt war ein ganz tolles Projekt», sagt Philipp Bucher. «Viele Synergien konnten genutzt werden, zudem wurde das Bauland sehr effizient eingesetzt.» Ein Beispiel für die Zusammenarbeit während des Projekts bietet die Gemeindeverwaltung, die während der Sanierung ihrer Räumlichkeiten vorübergehend ihren Standort in das neu errichtete Schulhaus verlagern konnte. Dies erleichterte die Renovation massgeblich. Was die Bildungsinfrastruktur anbelangt, ist Dagmersellen nun bestens gerüstet. Die Gemeinde verfügt über zwei Klassenzimmer mehr, als notwendig wären. Auch die Sanierung des Gemeindehauses lohnte sich. Das Gebäude war zuvor schlecht isoliert, nun können Heizkosten gespart werden.

Die Schulinfrastruktur wird in den kommenden Jahren weiter ausgebaut. Eine Zwei- oder eine Dreifachturnhalle soll in den nächsten fünf Jahren realisiert werden. «Sogar unsere ‹neue› Turnhalle hat schon 40 Jahre auf dem Buckel», sagt Bucher scherzhaft. «Die Fassade ist langsam, aber sicher renovationsbedürftig.» Eine moderne Turnhalle sei deswegen dringend notwendig. Die Arbeitsgruppe Vision Schulraumplanung befasst sich derzeit mit dem Vorhaben. Das Konzept ist bereits ausgearbeitet.

Wohnen im Alter

Neue Infrastruktur wird auch für Seniorinnen und Senioren entstehen. 2018 wurde eine Genossenschaft gegründet, die das Projekt «Wohnen im Alter» ausarbeitet. Diese setzt sich derzeit mit verschiedenen Unterfangen auseinander. So sollen beispielsweise betreute Wohnungen rund um das Alterszentrum Eiche entstehen. «Die Serviceleistungen, so etwa der Mahlzeitendienst, könnten dann direkt beim Alterzentrum bezogen werden», erklärt Bucher. Rund zwanzig solche Wohnungen sollen bis 2020 entstehen.

Eine weitere augenfällige Veränderung der vergangenen Jahre betrifft den Autobahnanschluss. Die Kreuzungen, die bis vor rund zehn Jahren von der Autobahn in die Altishoferstrasse führten, sind durch provisorische Kreisel ersetzt worden. Mit diesen ist Bucher zufrieden: «Seit die Kreisel stehen, hatten wir bei der Ausfahrt keine grösseren Unfälle mehr.» Den Ausschlag für den Umbau gab eine schlimme Kollision an der Kreuzung, die ein Todesopfer forderte.

Innerhalb der kommenden fünf Jahre findet die Sanierung der Autobahn A2 zwischen Dagmersellen und Reiden statt. Dabei wird der Anschluss in Dagmersellen weiter überarbeitet und in einen definitiven Zustand überführt. Die Kreisel werden durch Bypässe erweitert, zudem sind Optimierungen für Velofahrer geplant.

Trotz der zahlreichen Investitionen werden die Steuern in Dagmersellen mittelfristig nicht ansteigen, versichert Bucher. Der Steuerfuss liegt heute bei 1.95 Einheiten. «Was die Steuern betrifft, sind wir in der Region gut aufgestellt. Das wird sich in den kommenden Jahren auch nicht ändern.»

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