
Daniel Carbis: «Ich will kein Horansky-Ersatz sein»
Einen Start in ein neues Kapitel seiner Laufbahn könnte man sich durchaus etwas unkomplizierter vorstellen, als dies Stürmer Daniel Carbis beim EHC Olten erlebte: Statt seine künftigen Teamkollegen regelmässig zu sehen, standen im Frühsommer erst einmal Einzeltrainings auf dem Programm: «Im ersten Monat trainierten wir individuell, danach waren nur Gruppentrainings angesagt. Ich sah immer nur die vier gleichen Jungs», erzählt Carbis und schmunzelt. Den Alltag fand er mit seinen neuen Mitspielern mit dem Auftakt des Eistrainings. «Man wächst dann schnell zusammen. Es sind alles super Typen, die alle in eine Richtung ziehen. So war der Auftakt dann doch überhaupt kein Problem», erzählt Carbis.
Der erste Eindruck von seinem neuen Arbeitgeber, bei dem er einen Zweijahres-Vertrag unterzeichnete, hat dem 31-Jährigen trotz Coronamassnahmen also dennoch gepasst. Schon in den ersten Testspielen zeichnete sich ab, dass Trainer Fredrik Söderström in Daniel Carbis einen Stürmer in der Toplinie sehen würde. Mit diesem Vorhaben wurde er denn auch geholt – als potenzieller Ersatz von Stan Horansky, der zu Ambri in die National League wechselte. Carbis: «Klar, ich möchte beweisen, dass ich sicher kein schlechter Transfer war und auch etwas reissen kann. Aber ich will kein Horansky-Ersatz sein. Er ist ein super Spieler und ich bin mir bewusst, dass ich wohl nie den Punkteschnitt erreichen werde, den er erreicht hatte. Dennoch bin ich überzeugt, dass ich gewisse Qualitäten einbringen kann, um dem Team helfen zu können.» Daniel Carbis nimmt also nicht zuletzt dank einer überzeugenden Vorbereitung zum Auftakt der Saison an der Seite von Dion Knelsen und Garry Nunn eine zentrale Rolle im Team ein. Spürt er zusätzlichen Druck in der Toplinie? «Zum einen ist es sicher Druck, aber auch Verantwortung. Ich möchte es positiv sehen: Mit ihnen beiden spielen zu dürfen, kann auch sehr schön sein, sie sind von den Fähigkeiten her sicher unsere besten Spieler im Team, die immer einen Unterschied ausmachen können.»
Aufgewachsen in Davos, B-Meister mit Langenthal
Daniel Carbis durchlief in seiner Heimat Davos sämtliche Juniorenstufen und kämpfte sich als Höhepunkt bis in die erste Mannschaft, für welche er in der Saison 2009/10 45 Spiele absolvierte. Noch heute hat er einen Bezug zum Klub und pflegt einzelne Kontakte wie etwa zu den Wieser-Brüdern. Doch noch in seiner ersten NLA-Saison wurde er an den SC Langenthal ausgeliehen, es zeichnete sich ab, dass sich Carbis zu einem Liftspieler entwickeln würde, auf der Schwelle zwischen NLA und NLB. «Als junger Spieler sieht man manchmal die Beweggründe der Coaches noch nicht so recht, weshalb man ausgeliehen wird. Aber ich konnte das gut wegstecken und bekam in Langenthal auch sofort eine gute Rolle. Heute bin ich völlig zufrieden, wie meine Karriere verlaufen ist.»
In Langenthal absolvierte er eine Saison als Ausleihe, ehe er definitiv einen NLB-Vertrag unterschrieb – und in dieser ersten offiziellen Saison als Swiss-League-Spieler prompt sein bislang grösstes Karrierehighlight erlebte: Daniel Carbis wurde 2012 mit dem SC Langenthal B-Meister. «Das war eine coole Erfahrung. Wir hatten einen grossartigen Zusammenhalt im Team.» Als Basis zum Erfolg hätten sie das Kunststück zustande gebracht, dass «jeder den anderen herausgefordert, aber gleichzeitig auch jedem Mitspieler alles gegönnt hatte». In seinem fünften Jahr als SCL-Stürmer verlor Carbis aber das Vertrauen bei Coaches und Staff, weshalb er sich zu einem Wechsel beschloss. In La Chaux-de-Fonds blühte er noch einmal richtig auf. Rückblickend hat ihm der Wechsel in den Neuenburger Jura vor die Augen geführt, dass «eine Eishockeykarriere erst zu Ende ist, wenn man den Rücktritt gibt.» Denn statt Karrierenende avancierte der Bündner wider erwarten noch einmal zu einem Teamleader, füllte in der Saison 18/19 zudem das Captainamt aus. «Es hat mir gezeigt, dass man seine Ziele erreichen kann, wenn man alles daran setzt.»
Kein Wunder also, dass sich La Chaux-de-Fonds im vergangenen Jahr um eine Carbis-Vertragsverlängerung bemühte, doch der Stürmer sehnte sich nach einer Veränderung – und fand sie in Olten. Erst zum dritten Mal wechselt der als klubtreue und loyale bekannte Stürmer die Klubfarben. Hier in Olten will der 31-Jährige noch einmal angreifen und mit seiner Erfahrung eine wichtige Stütze im Team sein.
Die Ziele als Team? Daniel Carbis, der sich mit einem Bachelor in Wirtschaft für die Zeit nach dem Eishockey gerüstet hat, denkt primär an die Vereine: «Grundsätzlich möchten wir wohl alle, dass mal regulär gespielt wird, damit die Klubs überleben. Gehts dann in die Playoffs, dürfte jedes Team seine Chancen riechen – das wird auch bei uns der Fall sein.»