
Das Energiegesetz scheidet die Geister
«Super Sunday» würde in den USA das heissen, was den Aargauer Stimmbürgerinnen und -bürgern am 27. September geboten wird. Neben fünf Vorlagen des Bundes stehen drei kantonale Abstimmungen an. In einer von ihnen geht es um das Referendum gegen Anpassungen am Aargauer Energiegesetz. Mit den vom Grossen Rat beschlossenen Änderungen und Verschärfungen sollen Aargauer Haushalte – respektive deren Wohnungen und Häuser – fit für die Energiewende und die Klimaziele gemacht werden.
Wie immer, wenn es in unserer auf den Pfeilern Konkordanz und direkte Einflussnahme der Stimmberechtigten basierenden Demokratie um Gesetzesänderungen geht, sind Kompromisse nötig. Das Resultat befriedigte – aus entgegengesetzter Sichtweise – glp sowie EDU und SVP nicht, während sich CVP, FDP, Grüne und SP im Grossen Rat hinter das Ausgehandelte gestellt haben. Gegen den mit 80 Ja zu 50 Nein gefassten Parlamentsbeschluss hat die SVP das sogenannte Behördenreferendum – 35 Stimmen waren nötig – ergriffen, womit das Volk das letzte Wort hat.
Umgehend für ein Nein zum aufgegleisten Gesetz hat sich der Aargauer Hauseigentümerverband (HEV) ausgesprochen, welcher durch SVP-Ständerat Hansjörg Knecht präsidiert wird. 12 400 Mitglieder und damit Gebäudeeigentümer hatten zuvor in einer Befragung zu 80 Prozent gegen das Gesetz votiert – weil es in die Eigentumsfreiheit der Hausbesitzerinnen und -besitzer eingreife.
Unerwartete Unterstützung bekam das Referendum letzte Woche durch einen Teil der Delegierten der SP Aargau. Diese waren sich nicht einig. 39 Genossinnen und Genossen standen 25 gegenüber, welche ein Nein empfehlen – das neue Gesetz hat ihnen zu wenig Biss.
Ihr ursprüngliches Nein hat die glp inzwischen revidiert – gestützt auf einen Beschluss des Parteitags. Mit dem letzte Woche gefällten Ja des Bundesparlaments zum CO2-Gesetz «habe sich die Dynamik in der Diskussion verändert», gab Barbara Portmann, im Grossen Rat Fraktionspräsidentin der glp, zu Protokoll. Sie sagte auch, dass man nicht mit EDU und SVP eine unheilige Allianz eingehen wolle.
An was konkret scheiden sich die Geister? An der Pflicht, Neubauten mit Solaranlagen ausrüsten zu müssen? Primär an der Ölheizung. Während Elektro-Boiler 15 Jahre nach Inkrafttreten des revierten Gesetzes durch Wärmepumpen-Systeme ersetzt werden müssen, gilt das für Ölheizungen so nicht. Was allerdings schon heute – also ohne Ja zum Gesetz – Geltung hat, ist, dass neue Heizungen mit fossilen Brennstoffen nur installiert werden dürfen, wenn es keine zumutbare Alternative mit einem geringeren CO2-Ausstoss gibt.
Hier hätte sich Links-Grün ein absolutes Verbot gewünscht. Dennoch: Der Zofinger Grossrat und Kantonalparteipräsident der Grünen, Daniel Hölzle, kann damit leben. Er sagt: «Mit Erdöl heizen wird auch mit dem vorliegenden Gesetz unattraktiv.»
Das Hauptproblem liegt darin, dass zwischen Investitionen und Kosten unterschieden werden muss. Über die Lebensdauer einer Anlage gesehen, ist Heizen mit Wärmepumpen günstiger als mit Erdöl. Nur, wer investiert, wenn die bisherige – und abgeschriebene – Ölheizung tadellos funktioniert? Nicht falsch ist auch die Feststellung des HEV, dass die Aargauer Haushalte zwischen 1980 und 2017 ihren Erdölverbrauch – trotz massivem Bevölkerungswachstum – um 54 Prozent gesenkt haben.