
Das Erfolgsmodell SC Langenthal
«Trotz fählender Atmosphäre und lääre Räng – Dr SCL wird kämpfe und siege – gäng wie gäng.» Das Transparent der Langenthaler Fans im Stadion Schoren ist in diesen Tagen unübersehbar – und es verkörpert die Situation im Oberaargau exemplarisch: Beim SCL herrscht ein Selbstverständnis des Gewinnens, das kaum zu übertreffen ist. Während der EHC Olten einmal mehr im Mittelfeld herumdümpelt und sich bisweilen sogar schwertut, sich auf einem gesicherten Playoffplatz zu klassieren, resultieren beim SC Langenthal aus den letzten 11 Spielen nicht weniger als 9 Siege, darunter zwei Mal gegen den grössten Aufstiegsanwärter Kloten: 38 Punkte aus 19 Spielen, Platz 2 für die Langenthaler!
Wirft man einen Blick zurück, ist dies besonders beeindruckend: Nach dem Meistertitel im Frühling 2019 liess das Jahresergebnis den SC Langenthal in den Grundmauern erschüttern. Auf den Verlust von 550000 Franken musste das ohnehin schon eher durchschnittliche Budget um über eine Million auf 3,5 Millionen Franken – den Nachwuchs nicht einberechnet – reduziert werden. Als eine der Auswirkungen davon soll, so wird kolportiert, ausser Captain Stefan Tschannen keiner mehr als 100000 Franken verdienen. Es erstaunt deshalb nicht, dass der Klub in dieser Saison bloss die Teilnahme an den Playoffs als Ziel bekannt gab. Doch nun ärgert der SCL wiederum eine ganze Liga und tritt so auf, als hätte nie ein finanzielles Desaster stattgefunden. Als würden sie am Meistertitel 2019 anknüpfen wollen. Wie ist so etwas möglich? Was ist es, das dem SCL immer wieder den Erfolg bringt?
Schläpfer: «Eine Winnermentalität aufgebaut»
Sportchef Kevin Schläpfer muss, darauf angesprochen, ein wenig schmunzeln. In den letzten zehn Jahren sei in Langenthal ein Glaube an das Unmögliche entwickelt worden, der es eben möglich mache, auch als Aus- senseiter gewinnen zu können. «Der SC Langenthal hat in der Swiss League eine Winnermentalität und Winnerkultur aufgebaut, die nicht vom einen auf den anderen Tag erarbeitet werden kann», sagt Schläpfer.
Der Baselbieter übernahm das Sportchef-Zepter just mit dem Meistertitel 2019, als die Kostenbremse gedrückt wurde. Schläpfer gelang es trotzdem, ein Team zu formen, das einerseits von einem harten Kern getragen wird, aber auch von talentierten, jungen Wilden lebt. Mit diesem Konstrukt hatte sich der SC Langenthal nach einer durchzogenen Qualifikation (6. Platz) im Playoff-Viertelfinal im Frühjahr gegen den damals favorisierten EHC Olten 4:1 nach Siegen durchgesetzt, worauf die Saison abgebrochen wurde.
Immer wieder streicht Kevin Schläpfer im Gespräch den harten Kern heraus: Captain Ste-fan Tschannen, Vincenzo Küng, Hans Pienitz, Dario Kummer oder auch Yves Müller seien wichtige Zugpferde. «Ich denke, wir profitieren heute enorm von der Vergangenheit, der Erfahrung der Spieler. Sie haben alle diese Winnermentalität. Viele bringen den unbändigen Glauben an sich mit. Sie wissen, dass vieles möglich ist, weil sie es schon selber erlebt haben.»
Jeff Campbell: «Grossartige Rivalität»
Dieser harte Kern trägt dieses Selbstbewusstsein im Team weiter und steckt damit die Jungen an, meint Schläpfer weiter. Womit wir bei einem weiteren Punkt sind: Aufgrund des Spardrucks ist Schläpfer mitunter dazu verdammt worden, auf Ausleihespieler zu setzen, die er dank guten Beziehungen von den National-League-Teams Bern, Biel oder Langnau in Langenthal einsetzen kann. Diese guten Beziehungen zu den Topklubs seien «sicher kein Nachteil, aber es ist auch kein entscheidender Faktor», glaubt Schläpfer. Denn auf diese Beziehungen könnten ja ohnehin alle Klubs zurückgreifen. «Man kennt sich ja.» Nur: Ohne intakte Beziehungen wäre wohl auch die Verpflichtung des zuletzt so wertvollen Finnen Eero Elo nicht möglich gewesen, dessen Vertrag gestern verlängert werden konnte.
Bevor Kevin Schläpfer einen Spieler verpflichte, schiesse ihm stets die eine zentrale Frage durch den Kopf: Kann dieser Spieler seinen Teil zu einer positiven Dynamik beitragen? Eine Frage, die von aussen niemand beantworten könne, weiss Schläpfer. «Ich glaube, in Zukunft wird der Charakter eines Spielers noch viel wichtiger sein. Die inneren Werte sind matchentscheidend. Spieler, die Tag für Tag bereit sind, zugunsten des Teams alles zu geben.»
Als cleveren Schachzug rund um die Budgetreduktion erwies sich bereits in der Saison zuvor die Ernennung Jeff Campbells zum Headcoach. Der 39-Jährige zeigt sich in den Trainings so aktiv wie kaum ein anderer Headcoach auf Schweizer Eis, fordert etwa seine Spieler zu Spielchen in Zweikämpfen mit ihm heraus. «Ich versuche, aktiv zu bleiben. Es macht Spass, mit den Jungs auf dem Eis zu stehen.» Probleme, dass Jeff Campbell ehemalige Teamkameraden coachen muss, sind keine auszumachen. «Wir haben ein grossartiges Team – wertvolle Leader, gute Ausländer, aber auch Junge, die sich beweisen wollen. Diese Formel ging zuletzt für uns auf. Wir haben viel Selbstvertrauen tanken können und verfolgen die Einstellung, jedes einzelne Spiel gewinnen zu wollen», sagt Campbell. Dem heutigen Derby fiebert er gespannt entgegen. Die Spiele gegen Olten seien nach wie vor etwas Spezielles für ihn. «Wir pflegen eine grossartige Rivalität.» Nur ungern erinnern sich die EHCO-Fans an das Jahr 2010 zurück, als Jeff Campbell und Brent Kelly nach einer grandiosen Saison mit Olten und 196 (!) Skorerpunkten im Gepäck nach Langenthal abwanderten und sich dort in neun Jahren zu Klublegenden hochspielten.
Für heute erwartet Jeff Campbell ein schnelles und körperbetontes Derby. «Ich habe das Spiel von Olten in La Chaux-de-Fonds gesehen: Ich zähle Olten zu den besten Teams der Liga. Es wird eine grosse Challenge sein, wofür wir bereit sein müssen.» Der SC Langenthal wird mit viel Selbstvertrauen im Kleinholz auftreten. Gäng wie gäng.
Eero Elo unterschreibt bis Saisonende
Der befristete Vertrag von Eero Elo beim SC Langenthal wurde bis zum Ende der Saison verlängert. Der Finne erzielte in 19 Meisterschaftsspielen 26 Skorerpunkte. «Wir sind sehr glücklich, dass sich Eero und seine Familie bei uns wohl fühlen und der Vertrag verlängert werden konnte», sagt Kevin Schläpfer, «Eero hat sich zu einer wichtigen Teamstütze entwickelt.» Die Finanzierung von Elo wird aus dem SCL-Umfeld sichergestellt und belastet das Budget nicht.