
Das Luzerner Musik- und Kulturzentrum «Sedel» wird 40 Jahre alt
Von der Strafanstalt zum Musiktempel
Der Sedelhof gehört ursprünglich zum Kloster Rathausen. 1838 kauft der Kanton Luzern das Gebäude, um es anfänglich als Arbeitshof, ab 1884 als kantonale Strafanstalt zu nutzen. 1932 erfolgt der Neubau zum bis heute markant sichtbaren Zellentrakt-Riegel und die Strafanstalt Sedel erfüllt ihre Aufgabe bis zur Schliessung. Amtsstellen beginnen anschliessend, im Sedel ihre Akten einzulagern. In den Achtzigerjahre flammen in Schweizer Städten Jugendproteste auf – so auch in Luzern. Der Brand des «Kriegerhauses», einem Probelokal für Luzerner Bands auf der Luzerner Allmend, im Februar 1980 verschärft die Situation unerwartet. Der Luzerner Stadtrat kann trotz verschiedener Raumabklärungen keine Lösung in Aussicht stellen, auch erste Verhandlungen mit dem Kanton bezüglich des Sedels verlaufen im Sand. Nach weiteren Protesten reagiert der Stadtrat jedoch und nimmt die Verhandlungen über den Sedel mit dem Kanton wieder auf . Mit Erfolg. Am 19. Januar 1981 treten die kantonalen Behörden den Osttrakt des Gebäudes provisorisch ab. 1983, nach zwei erfolgreichen Jahren als Provisorium, stellen die Behörden auch die andere Hälfte des Sedels den Musikerinnen und Musikern sowie Künstlerinnen zur Verfügung. (rzu)



Heute vor 40 Jahren übergab der Luzerner Stadtrat der IG Luzerner Musikerinnen und Musiker den Schlüssel für den «Sedel». 25 Bands probten fortan in den Zellen der ehemaligen Strafanstalt. Das markante Gebäude liegt auf einem Hügel ausserhalb des Stadtzentrums beim Rotsee. Mittlerweile ist der Sedel ein Musikzentrum mit 55 Proberäumen, einem Konzertlokal und einem hauseigenen Tonstudio. Der Trägerverein ILM zählt heute gegen 400 Mitglieder, die an rund 100 Musik- und Kunstprojekten arbeiten. Seit Jahrzehnten gibt es Wartelisten für die Proberäume.
Diese Woche feiert der Sedel offiziell sein 40-Jahr-Jubiläum. Jedoch nicht ganz wie geplant. «Wir haben eigentlich viele Anlässe geplant, wegen der Pandemie aber alle auf nächstes Jahr verschoben», sagt Vorstandsmitglied Elina Willener auf Anfrage. Für nächstes Jahr ist zum Beispiel ein Konzert der Band Leech aus Zofingen geplant (siehe «Nachgefragt» rechts). Als Trost gibt es nun jedoch eine Podcast-Serie mit «Sedel-Originalen». Zum Auftakt ist seit Donnerstag ein Gespräch mit Werner Heller, dem ersten Abwart des Musikzentrums online.
Clubbetrieb für 250 Besucherinnen und Besucher
Auf politischer Ebene und in gesellschaftlichen Zusammenhängen vertritt der Vorstand der ILM ehrenamtlich die Interessen der Mitglieder. Die mit aktuell auf 180 Stellenprozente dotierte Betriebsgruppe wiederum verwaltet die Proberäume und Ateliers und organisiert jährlich rund 120 Fremd- und Eigenveranstaltungen im hauseigenen Club für 250 Besucherinnen und Besucher. Der Schwerpunkt der Veranstaltungen bilden dabei nebst Partys vor allem Livekonzerte im Bereich Punk, Rock, Metal, Electronica, IDM, Independent, Hip-Hop, Reggae, SKA und experimenteller zeitgenössischer Musik. Der Sedel als Club habe sich über die Jahrzehnte national, wie auch international in der Musikszene einen unverfänglichen und authentischen Ruf erarbeitet, schreibt der Verein in einer Medienmitteilung.
Der Club ist zurzeit aufgrund der Corona-Beschränkungen noch zu. «Wir sind zum Glück kein reiner Konzert- und Club-Betrieb. Proben war schnell wieder möglich, und wir hatten damit Einnahmen durch die Vermietung der Proberäume», sagt Elina Willener. «Uns geht es eigentlich nicht schlecht. Wir erhalten Kurzarbeitgelder und Ausfallentschädigungen.» Der Konzertbetrieb werde erst langsam wieder zum Laufen kommen. Ab Montag sind zwar Veranstaltungen in Innenräumen wieder möglich, das Publikum ist jedoch auf 50 Personen beschränkt. «Internationale Bands können wir dieses Jahr wahrscheinlich noch nicht buchen. Das kann aber auch eine Chance für nationale Bands sein.»
Serge Olar von «Leech». Bild: zvg
Damaliger Stadtrat Robert Schiltknecht übergibt den «Sedel»-Schlüssel an die IG Luzerner Musikerinnen und Musiker. Bild: zvg
Nachgefragt
«Der Sedel ist Kult – und zwar nicht nur für Luzern»
Serge Olar ist Drummer der Zofinger Band Leech. Die Post-Rock-Band, die 1995 in Strengelbach gegründet wurde, spielte in den Neunzigerjahren das erste Mal im «Sedel» in Luzern – noch bevor sie ein Album veröffentlicht hatte. Leech hat 2020 ihre erste Live-Platte «Live 06.06.2020» veröffentlicht.
Serge Olar, welche Bedeutung hat der Sedel für eine Zofinger Band?
Serge Olar: Der Sedel ist Kult – und zwar nicht nicht nur für Luzern, sondern für die ganze Schweiz. Der Ort bietet alles für eine Band: Proberaum, Aufnahmestudio und Konzertraum. Ich mag den Sedel persönlich sehr gut. Er ist wilder und punkiger als die meisten anderen Konzertlokale in der Schweiz.
Wie kam es zum ersten Auftritt von Leech im Sedel?
Wir durften in den Neunzigerjahren an der Plattentaufe der Band Yukon auftreten. Wir waren also die Vorgruppe einer unserer Idole, einer grossartigen Band! Zudem hat uns der Sedel damit eine erste grosse Plattform gegeben.
Wie oft habt ihr im Sedel gespielt?
Wir haben wahrscheinlich schon rund zehn Mal im Sedel gastieren dürfen.
Was wünschst du dem Sedel zum 40-Jahr-Jubiläum?
Ich hoffe, dass der Sedel noch viele Jahre so weiterexistiert. Die Kultur, die dort geschaffen und konserviert wurde, ist einzigartig. Ich wünsche dem Sedel, dass er weitere Jahre drauflegt! (rzu)