
Das Telefon von Seelsorger Sepp Hollinger läuft heiss in der Krise
Die Kirchen sind zwar geöffnet und die Bevölkerung hat jederzeit Zugang, doch Predigten oder Messen finden keine statt. Was aber tut Diakon Sepp Hollinger, der die Klosterkirche von St. Urban seinen Arbeitsort nennen darf, in dieser schwierigen Zeit? Hollinger hatte eigentlich eine dreimonatige Auszeit geplant – als Einstimmung auf seine Pensionierung. Die Spezialzeit fällt wegen der Corona-Pandemie aber aus. Er arbeitet reduziert weiter.
ZT: Herr Hollinger, wie muss man sich den Tagesablauf des Pfarrers oder Diakons in der heutigen schwierigen Situation vorstellen?
Sepp Hollinger: Am Morgen gehe ich für ein Gebet in die Kirche, und dann durchschreite ich den Raum in einem Ritual mit Weihrauch. Bereits in alten Zeiten wurde Weihrauch als Desinfektionsmittel verwendet. So zum Beispiel auch in der Kirche am Ende des Jakobsweges in Santiago de Compostela.
Die Kirche ist geöffnet. Finden sich denn auch regelmässig einige Besucher ein?
Meist sind zwei bis drei Menschen anwesend – auf Distanz. Ich führe kurze Gespräche mit ihnen. Anschliessend starte ich den PC auf, lese und beantworte Mails. Das Telefon läuft «heiss» mit ganz unterschiedlichen Ansinnen und Fragen – eigentliche Seelsorge – halt einfach per Telefon.
Wie halten Sie die Menschen in der Kirchgemeinde auf dem Laufenden, was aktuell geschieht?
Ich verschicke spirituelle Impulse und Anregungen per Mail an die Pfarreiangehörigen und lege diese in der Kirche auf. Es gibt täglich Fragen zur besonderen Situation zu klären, Sitzungen per Telefon oder auch Gespräche im kleinen Rahmen auf Distanz.
Wann können gewisse Aktivitäten wie Jahreszeitmessen oder Gedächtnisfeiern und in welchem Rahmen wieder stattfinden?
Es hängt halt stark davon ab, wie und wann das Feiern der Sakramente oder Gedächtnisfeiern und grössere Anlässe wieder in der Kirche stattfinden können. Wir bereiten uns laufend auf die neue Situation vor, um den Menschen zu zeigen, dass wir für sie da sein möchten.
Wie können vor allem auch ältere Menschen an spirituellen Angeboten teilnehmen?
Jeden Freitag läuten die Glocken und laden zu «Hausgebet und Meditation» von 19.30 bis 20.30 Uhr ein. Es nehmen jeweils ca. 70 Leute teil, sie zünden daheim Kerzen an. Wer per Internet Texte und Gebete erhalten hat, kann so mitmachen. Wir haben viel Lob bekommen, weil die Menschen sich auf diese Weise verbunden fühlen.
Es heisst, dass sie nach der Pensionierung noch etwas weiterarbeiten. Wie sieht das Pensum aus?
Wie auf der Homepage und in Publikationen erwähnt, bin ich seit 1. Mai als Diakon in einem reduzierten 50-Prozent-Pensum in den Pfarreien Langnau, Richenthal, Pfaffnau und St. Urban im Einsatz. Aber nicht in derselben Funktion als Gemeindeleiter wie vorher.
