In Olten gibt es schon wieder einen Jahresanfang ohne Budget: Darauf muss die Bevölkerung verzichten
Keinen Neujahrsapéro, keine Gebührenerlasse für den Gebrauch des öffentlichen Grunds, keine freiwilligen Beiträge für Kultur- oder Sportanlässe und Bibliotheken ohne neue Bücher – die Stadt Olten kennt sich aus mit Zeiten ohne Budget. Bereits die ersten Monate im Jahr 2019, weil das Referendum gegen den Voranschlag 2019 mit Steuererhöhung zustande kam, stand die Verwaltung ohne rechtskräftiges Budget da.
Ab 1. Januar 2022 ist es sicher für rund eineinhalb Monate, bis zur Abstimmung am 13. Februar, wieder soweit: Das Gemeindeparlament hat das Budget 2022 mit Steuererhöhung von sich aus an die Urne gebracht. So braucht die Verwaltung nicht die 30-tägige Referendumsfrist abzuwarten und kann mit der Planung der budgetlosen Zeit gleich loslegen.
Streng genommen dürften in solchen Fällen gar keine Ausgaben getätigt werden, toleriert werden aber gebundene Ausgaben, weil die Einwohnergemeinde ansonsten nicht mehr handlungsfähig wäre, wie es in einer Mitteilung von Mitte Dezember 2018 hiess.
Das bedeutet, gebunden ist eine Ausgabe, wenn gemäss damaliger Mitteilung «durch Gesetz, Verordnung, Gemeindereglement, Gemeindebeschluss oder Urteil festgelegt ist und wenn bezüglich Höhe oder Umfang, Zeitpunkt oder andere Modalitäten kein Entscheidungsspielraum besteht».
Sobald die Gemeinde selbstständig entscheiden könne, ob eine Ausgabe getätigt, wie eine Aufgabe erfüllt und wann ein Vorhaben ausgeführt werde, werde nicht von einer – zumindest vollumfänglich – gebundenen Ausgabe ausgegangen. Gebundene Ausgaben seien etwa Löhne, kantonale Abgaben und Beiträge an den Lastenausgleich der Sozialhilfe, Versicherungsprämien oder dringende Reparaturen. Nicht dazu gehörten allerdings die eingangs erwähnten Ausgaben vor allem im Bereich Bildung und Sport.
Die Stadt könnte ein Déjà-vu erleben
Welche Angebote fallen nun ab dem neuen Jahr ohne rechtskräftiges Budget zum Opfer? Es könnte zu einem ein Déjà-vu kommen: Laut Finanzverwalter Urs Tanner blühen der Stadt wieder die gleichen Streichungen wie vor drei Jahren. Also: Keinen Neujahrsapéro, keine Gebührenerlasse für den Gebrauch des öffentlichen Grunds, keine freiwilligen Beiträge für Kultur- oder Sportanlässe und Bibliotheken ohne neue Bücher.
Voraussichtlich am Montag. 6. Dezember, wird der Stadtrat gewisse Vorgaben zum Notbudget beschliessen, die dann der Stadtverwaltung als Vorlage dienen. Darin wird etwa festgehalten, dass die Direktionen gebundene Ausgaben vornehmen dürfen, Ausgaben mit gewissem Entscheidungsspielraum aber vor den Stadtrat kommen. Tanner sagt:
«Bei Einzelfällen mit Präzedenzcharakter wird der Stadtrat entscheiden müssen.»
Die Stadtverwaltung profitiert zudem von der Erfahrung der letzten budgetlosen Zeit vor drei Jahren. «Wir haben die Vorgaben ergänzt mit den Erkenntnissen aus dem Jahr 2019», sagt Tanner. Ausserdem ist dank der Beschwerde von Rolf Sommer auch geklärt, dass gewisse Investitionen trotz Notbudget getätigt werden dürfen.
Vor drei Jahren hat der SVP-Kantonsrat erfolglos bemängelt, dass die Stadtverwaltung Investitionen in Höhe von fünf Millionen Franken beschlossen hat. Es ging dabei etwa um das Hochwasserschutzprojekt Wilerfeld oder die Sanierung und Aufwertung des linken Aareufers zwischen Gäubahnbrücke und Pontonierhaus. Der Stadtrat begründete diese mit «drohenden Schäden» und «wachsendem Zeitdruck». Rolf Sommer war hingegen der Meinung, dass die Begründungen des Stadtrats nicht glaubhaft seien und die erwähnten Projekte «schon seit Jahrzehnten oder Jahren hätten ausgeführt werden können».
Der Kanton hat die entsprechenden Projekte nicht geprüft, weil die Eintretensvoraussetzungen nicht erfüllt waren. Er habe aber bestätigt, dass dringliche Ausgaben im Sinne von dringlichen Nachtragskrediten auch während der budgetlosen Zeit zulässig seien, sagt Tanner. Daher sei die Rechtssituation nun klarer, was mit einem Notbudget erlaubt sei und was nicht.
«Erheblicher Mehraufwand» für Finanzdirektion
Für die Stadtverwaltung ergebe sich wegen des steigenden Abklärungs- und Prüfungsaufwands ein «erheblicher Mehraufwand», wie er auf Anfrage sagt. Man sei besonders in der Finanzverwaltung personenmässig relativ knapp aufgestellt, da vertrage es nicht viele Zusatzarbeiten. Laut Tanner wird sein Team deswegen Überstunden leisten müssen.
Ob die Direktion zusätzliche Ressourcen braucht? Bis zur Abstimmung Mitte Februar werde dies nicht nötig sein, danach lässt er es offen: Je nachdem, ob das Budget 2022 angenommen oder abgelehnt wird. Tanner: Die Frage werde dann sein, in welcher Tiefe bei einem möglichen Volks-Nein das Budget angepasst werden solle.
«Wenn nur die beiden Zahlen in den Steuerfüssen geändert werden, ist dies keine grosse Sache.»
Müsste aber nochmals das ganze Budget überarbeitet werden, sehe es anders aus.