
«Der Aargau nimmt nicht klar genug Stellung und drückt sich um eine Aussage»
Nun sind die Antworten auf den Vorstoss des Zofinger Stadtammanns und Grossrats Hans-Ruedi Hottiger zum Lidl-Bauvorhaben da. Unter anderem wollte er wissen, ob der Bau des etwa 640 Meter langen Warenverteilzentrums auf dem Gugelmann-Areal in Roggwil tatsächlich nur eine Nutzungsplananpassung und keine Richtplanänderung benötigt. Davon geht der Kanton Bern aus. Darum hat er die Kantone Aargau und Luzern nicht über das Vorhaben in Roggwil in Kenntnis gesetzt. Erst vier Arbeitstage vor Ablauf der Mitwirkungsfrist für die Änderung der Roggwiler Nutzungsplanung am 25. November 2019 erfuhr der Kanton Aargau durch einen informellen Hinweis des Regionalplanungsverbands zofingenregio vom Vorhaben. Für eine «fachlich ausreichend qualifiziert und stufengerecht verabschiedungsfähige Stellungnahme» sei die Zeit dann zu knapp gewesen, schreibt der Regierungsrat in der Antwort auf die Interpellation.
Projekt könnte im Aargau richtplanrelevant sein
Fakt ist, dass rund 50 Prozent der geplanten 710 Lastwagen- und 520 Personenwagenfahrten pro Tag über Aargauer Gebiet zum Autobahnanschluss Rothrist führen werden. Daher schätzt der Regierungsrat des Kantons Aargau das Projekt in Roggwil mit Blick auf den zusätzlichen Verkehr als «nicht unproblematisch» ein. Im Aargau gilt der Schwellenwert von 200 Fahrten von Lastwagen und Lieferwagen pro Tag. Damit ist der Standort in Roggwil aus Aargauer Sicht ein Standort mit hohem Verkehrsaufkommen. Der Regierungsrat des Kantons Aargau hält jedoch fest, dass dieser Schwellenwert nicht der einzige Faktor sei, um ein Vorhaben im Richtplan festzusetzen. Trotzdem findet der Regierungsrat, dass «die Kriterien für einen Miteinbezug des Kantons Aargau erfüllt sind». Die Abteilung Raumentwicklung und die Abteilung Verkehr des Departements Bau, Verkehr und Umwelt hätten darum mit der zuständigen kantonalen Raumplanungsfachstelle des Kantons Bern bereits Kontakt aufgenommen. Bei den weiteren Verfahren sei dann «insbesondere die Frage zu klären, ob auf eine Richtplananpassung tatsächlich verzichtet werden kann».
Zusätzlicher Verkehr nicht nur im Kanton Bern
Anders als beim Kanton Aargau sieht man die Angelegenheit im Kanton Bern. Gemäss den dort im Rahmen der öffentlichen Mitwirkung aufgelegenen Unterlagen wird das Verkehrsaufkommen im Zusammenhang mit dem Lidl-Verteilzentrum in Roggwil als «aus verkehrlicher Sicht unproblematisch» angesehen. Das Projekt erzeuge Zunahmen im Tagesverkehr von 2 bis 4 Prozent. Der Aargauer Regierungsrat hält hingegen fest, dass das zusätzliche Verkehrsaufkommen nicht nur vor Ort stattfinde, sondern unter anderem auch in Richtung der Autobahnanschlüsse Rothrist und Reiden ein gemäss dem Richtplan des Kantons Aargaus hohes Güterverkehrsaufkommen verursache, das richtplanrelevant sein könnte.
Hottiger will vom Kanton klarere Stellungnahme
Grossrat Hans-Ruedi Hottiger, der die Interpellation eingereicht hat, ist enttäuscht von der Antwort des Kantons. «Ich finde, der Aargau bezieht nicht klar genug Stellung. Er drückt sich um eine Aussage», sagt Hottiger, der auch Präsident des Regionalplanungsverbandes zofingenregio ist. Er verweist auf den Kanton Luzern, der auf eine ähnlich formulierte Anfrage von Kantonsrat und Zofingen-Regio-Vize Thomas Grüter viel klarer Stellung bezogen und vom Kanton Bern die Durchführung eines Richtplanverfahrens verlangt habe. Darum wird Hottiger an einer der nächsten Grossratssitzungen die Diskussion zum Thema verlangen. «Ich bin der Meinung, dass auch der Kanton Aargau vom Kanton Bern klar ein Richtplanverfahren verlangen müsste.» Schliesslich entsprächen die 2 bis 4 Prozent zusätzlicher Verkehr, die das Verteilzentrum verursacht, einem Jahreswachstum.