Der Attelwiler Gemeinderat, der als Reitnauer abtritt
Am 1. Januar werden Attelwil und Reitnau drei Jahre lang fusioniert sein. Unvergessen bleibt der Startschuss der neuen Gemeinde im Resort Widenmoos, wo sich sonst die Wirtschaftsprominenz die Hände schüttelt. Der Feier vorausgegangen waren jahrelange Vorbereitungen und angespannte Monate, in denen viele Attelwiler mit aller Kraft gegen den Zusammenschluss kämpften. Alle drei Phasen – das Davor, das Mittendrin und das Danach – hat Markus Baumann (57) als Gemeinderat begleitet. Als Attelwiler wurde der Parteilose 2009 erstmals gewählt, als Reitnauer tritt er Ende Jahr ab.
An der Reitnauer Gemeindeversammlung vom 29. November 2021, der letzten für Markus Baumann, sind keine Anzeichen von Ablehnung gegenüber der neuen Gemeinde zu spüren. «Einzelne sagen mir aber immer noch, dass sie stets Attelwiler bleiben werden», sagt er. Auch er ist Ur-Attelwiler, kennt von den Skeptikern und Befürwortern noch manche aus der Schulzeit. Viele aber würden das Positive sehen, das diese Fusion gebracht hat. Die Gemeindeverwaltung habe grosszügigere Öffnungszeiten, wenn man etwas brauche, sei meist jemand da. Gerne hätte er noch weiter aus politischer Sicht beobachtet, wie sich Reitnau entwickelt, doch bei ihm stehen jobmässige Änderungen an. Dem Servicetechniker reicht die Zeit nicht mehr aus.
Er verstand sich auch mit «dene zAarau»
Auf die Legislatur 2010/14 hin traten in Attelwil gleich drei Gemeinderäte ab. Auf der Suche nach Nachfolgern erinnerte man sich, dass Markus Baumann eben gerade seinen Abschied aus der Feuerwehr gegeben und mehr Zeit zur Verfügung hatte. Im Dorf mit keinen 300 Einwohnern blieb nichts verborgen. Eigentlich war es damals Baumanns Ziel, etwas mehr Freizeit zu haben. Als man ihn anfragte, war die Antwort dann doch ein «Moll!». Bereut hat er es nie, «das Amt hat mir immer Freude gemacht und ich habe es mit Stolz ausgeführt». Im Gemeinderat mitzuarbeiten sei Lebensschule und gratis Weiterbildung zugleich. Im damaligen Ressort Gemeindeverband Wasserversorgung Attelwil-Reitnau als Vize-Vorsteher fiel das neue Reservoir in seine Mitverantwortung, das 2018 fertiggestellt wurde. Noch vor der Fusion kümmerte er sich in Attelwil um das komplexe Projekt «Hausnummerierung» – statt der bisherigen unzusammenhängenden Nummern der Gebäudeversicherung bekamen Attelwil und Reitnau fortlaufende Strassennummern. Auch mit den Kantonspolitikern habe er sich immer gut verstanden, obwohl man als Gemeinderat eines kleinen Dorfs gewarnt werde: «die zAarau onde» wären etwas überheblich. Selber habe er diese Erfahrung nicht gemacht.
Für den Gemeinderat war Markus Baumann ein Gewinn. Er verkörpert als Organisator von grossen Festen, Mitglied des Musikvereins Reitnau und als grosser Fan des Bergrennens Reitnau die Gemeinde. Selbst Ammann Katrin Burgherr sagte bei der Verabschiedung an der Gemeindeversammlung: «Wenn wir etwas nicht wussten, schauten wir alle auf Markus – und er wusste es immer.» Entsprechend enttäuschte Stimmen musste der Abtretende hören, nachdem er seinen Entscheid kommuniziert hatte. Präsent sein wird Markus Baumann weiterhin. Als junger Bursche ist er mehrmals im Go-Kart am Bergrennen die Strecke hinaufgefräst, später als Zuschauer und Helfer. Sobald die Pandemie die Welt aus ihren Klauen lässt, wird wohl der Organisator in ihm wieder geweckt. Anders würde man ihn nicht kennen.