Der gemolkene Idiot

Auf den Schweizer Strassen ist seit einiger Zeit ein neuer Typus Rowdy unterwegs: der rücksichtslose Velofahrer. So ein Velo ist eine grossartige Sache, ich besitze selbst eines. Eines, das man ruckzuck zusammenfalten und in den Kofferraum schieben kann. Ich erwähne das hier, weil beim Lesen dieser Zeilen der Verdacht aufkommen könnte, ich sei grundsätzlich gegen die Förderung des gemächlichen Verkehrs. Das bin ich natürlich nicht. Was mich aber zunehmend ärgert, ist die zunehmende Verwilderung der Sitten auf unseren Strassen, weil sich unzählige Zweiradfahrer nicht mehr bemüssigt fühlen, sich an elementare Regeln zu halten. Aus Sicht des Velorowdys gelten diese nur für Autofahrer und Idioten. 

Es fängt damit an, wenn ich morgens aus dem Haus gehe. Ich lebe in einem sehr belebten Wohnquartier, durch das ein Fussgänger- und Veloweg führt. Kaum habe ich einen Fuss vor die Tür gesetzt, donnert ein E-Bike-Fahrer mit Maximalgeschwindigkeit an mir vorbei – also mit 45 km/h. Man wundert sich, dass nicht mehr schwere Unfälle passieren – oder ist dies eine Frage der Zeit? Immer häufiger beobachte ich, dass bei Fussgängerstreifen Velofahrer aus dem Nichts auftauchen und mit einem Affenzahn die Strasse queren – gerne noch mit Stöpseln in den Ohren. Neulich habe ich abends, als ich nach Einbruch der Dunkelheit noch unterwegs war, eine kleine Statistik geführt. Die Mehrheit der gesichteten Radler war ohne Licht unterwegs. Das Wort Licht existiert in deren Wortschatz offenbar sowieso nicht – das schliesse ich aus deren Verhalten vor Rotlichtern. 

Kürzlich bin ich in der Unterführung Nigglishäuserstrasse wieder mal an einer Radarfalle vorbeigefahren. Auf der abschüssigen Strasse passiert es natürlich ruckzuck, dass es blitzt. Das ist einfach, da klingelt die Kasse. Und als Autofahrer darf man sich als gemolkener Idiot vorkommen.