
Der geniale Schachzug von FCA-Trainer Stephan Keller
Rekordmeister GC, Winterthur, Xamax, Thun – klingende Namen tummeln sich in dieser Saison in der Challenge League und man müsste meinen, eine dieser Mannschaften wäre bis dato der härteste Gegner des FC Aarau gewesen. Bis am 11. Dezember Stade Lausanne-Ouchy ins Brügglifeld reist und uns eines besseren belehrt. Trotzdem: Nach dem Schlusspfiff gehen die Aarauer mit enttäuschten Gesichtern in die Kabine. Verständlich nach diesem Spielverlauf.
Der Reihe nach: 65 Minuten lang verblüffen die Gäste mit Fussball aus dem Lehrbuch. In der Vorwärtsbewegung sauber und zielstrebig, ohne Ball perfekt eingestellt auf die Spielanlage des FC Aarau, die diesem in den ersten zwölf Saisonspielen von der Ligakonkurrenz den Status eines Aufstiegsfavoriten eingebracht hat. Doch Ouchy lässt in den ersten zwei Dritteln der Partie nur eine Aarauer Torchance zu, ein Zufallsprodukt nach einem Corner.
In die andere Richtung stellen die Romands den Gegner mit klugen Steilpässen vor Probleme, das 1:0 durch Gazzetta in der 33. Minute nach einem der vielen hübsch vorgetragenen Angriffe ist die logische Folge.
Und als 16 Sekunden nach der Pause der überragende Lahiouel nach einem Fauxpas des jungen FCA-Innenverteidigers Binjamin Hasani auf 2:0 erhöht, scheint es für das Heimteam nur noch um Schadensbegrenzung zu gehen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Ouchy in der Folge zwei Topchancen auf das 3:0 vergibt. Aarau versucht zwar leidenschaftlich, ins Spiel zu finden – vergeblich.
Eine auf den ersten Blick verrückte Idee
Dann bringt Trainer Stephan Keller in der 62. Minute Kevin Spadanuda für den glücklosen Stojilkovic. Ohne Stossstürmer ein 0:2 aufholen? Die auf den ersten Blick verrückte Idee entpuppt sich als genialer und entscheidender Schachzug. Spadanuda, ein Kraftpaket, bringt mit seinen Wühlerqualitäten den lange vermissten Schwung und ins Offensivspiel – grosses Kino, wie er in der 67. Minute dem mitgelaufenen Hammerich das 1:2 auflegt.
Dieses Tor ist viel mehr als eine kleine Änderung auf der Resultattafel. Plötzlich ist die Souveränität der Gäste wie weggeblasen, plötzlich ist Aarau wach. Nur vier Minuten später kommt an der Strafraumgrenze Hasani an den Ball, verschafft sich freie Schussbahn und trifft zum 2:2. Ausgerechnet Hasani, der mit dem Ausgleichstreffer nicht nur seiner Mannschaft hilft, sondern auch seinen Fehler vor dem 0:2 ausbügelt.
Aarau nun im Rausch. Die Angriffe, über eine Stunde lang zahm wie ein Stubenkätzchen, überrollen nun den Gegner, der wehrlos zuschauen muss. Und dann folgt die 74. Minute, in der Aarau den Zauberstab auspackt. Jäckle in die Gasse zu Spadanuda, der leitet weiter zu Rrudhani, dieser wiederum umkurvt einen Gegenspieler und passt uneigennützig zu Balaj, der den Ball zum 3:2 über die Linie drückt. Aus 0:2 wird 3:2 – innert sieben Minuten. Was passiert noch in diesem verrückten Match?
Antwort: Ouchy, schwer getroffen, steht wieder auf. Bereits in der 89. Minute fällt das vermeintliche 3:3, doch Schiedsrichter Cibelli entscheidet zurecht auf Abseits. Vier Minuten später jedoch hat Cibelli keine andere Wahl, als nach einem dämlichen Handspiel von FCA-Captain Zverotic auf den Elfmeterpunkt zu zeigen. Lahiouel tritt an, 3:3.
Ein spektakuläres und gemessen an den Spielverhältnissen gerechtes Schlussverdikt. Das werden mit etwas Abstand auch die Aarauer einsehen.