
Der leidende Luca wurde über Nacht zum berühmtesten Nati-Fan – das ist kein Zufall
Keiner bringt die emotionale Berg-und-Tal-Fahrt der Fans während des Fussball-EM-Spiels Schweiz-Frankreich besser auf den Punkt als Luca Loutenbach. Den Namen des Jurassiers kennt noch kaum jemand, aber sein Bild ging via Instagram und Twitter um die Welt. In der neunzigsten Minute sieht man ihn leiden. Er kneift die Augen zusammen, beisst auf die Zähne und greift sich mit beiden Händen an den Kragen. Es sieht aus, als würde es ihn gleich zerreissen. Es steht zu diesem Zeitpunkt 3:2 für die Franzosen.
Das zweite Bild entstand nur 34 Sekunden später. Nun sind Augen und Mund weit aufgerissen. Das T-Shirt hat er sich mittlerweile ausgezogen. Freude pur! Er rastet total aus. Das Foto entstand kurz nachdem Mario Gavranovic für die Schweiz ausgeglichen und damit die Grundlage für den späteren Sieg im Penalityschiessen gelegt hatte.

Es war kein Zufall, dass Luca Loutenbach derart ausrastete.
Die beiden Bilder verbreiteten sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer. Sogar der Bürgermeister von London Sadiq Khan teilte es und schrieb dazu: «Mann des Spieles».
In der französischen Ausgabe des «Blick» sagt der 28-jährige Luca Loutenbach nun, er wisse gar nicht, wie im geschehe. Schon im Stadion habe er von anderen Fans erfahren, dass er zu einer grossen Nummer in den sozialen Medien geworden sei. Die welschen Blick-Journalisten waren es auch, die als erste über die Identität des Fans berichteten.
Die Vorgeschichte des Gefühlsausbruchs
Über das Spiel sagt Loutenbach bei «Blick»:
«Das ist der schönste Tag der Schweizer Fussballgeschichte.»
Ist es ein Zufall, dass gerade Luca Loutenbach zur Symbolfigur des Schweizer Sieges über Frankreich wurde? Nicht unbedingt. Dies zeigt ein Essay, das der Fan auf der westschweizer Sportseite «Carton Rouge» veröffentlicht hat. Dort schreibt er, dass er seit über zehn Jahren an die Spiele der Nationalmanschaft reist. Die Spiele, die er sah, hätten seine «bedingungslose Liebe für das mythische rote Leibchen mit weissem Kreuz» gefestigt, schreibt er.
Loutenbach breitet seine Sehnsucht nach einer Qualifikation für ein Viertelfinale an einer Europa- oder Weltmeisterschaft aus. Etwas, das es seit 1954 nicht mehr gegeben hat.
Er beschreibt Momente, in denen es um ein Haar geklappt hätte. Das Spiel gegen Schweden an der WM 2018 in Russland, das 0:1 verloren ging. Oder 2014 in Brasilien gegen Argentinien (ebenfalls 0:1). Und dann wird Loutenbach prophetisch:
«Aber vielleicht ist es im nächsten Sommer während der Euro 2020 soweit, bei der diese berühmte Fussballergeneration eine letzte Chance hat, endlich die schönste Seite ihrer Geschichte zu schreiben.»
Loutenbach meint damit die Generation von Granit Xhaka, Haris Seferovic oder Ricardo Rodriguez, die als Nationalmannschaft der unter 17-Jährigen im Jahr 2009 Weltmeister der Junioren wurden.
Liest man Loutenbachs Essay versteht man, warum er im Stadion derart mitfieberte. Sein Gefühlsausbruch wäre nicht irgendeine Laune während eines feuchtfröhlichen Fussballabends. Für ihn ging da kein Spiel zu Ende, sondern ein über zehn Jahre gehegter Traum in Erfüllung.