Der Rothrister Kickboxer Philipp Siegrist holt an der Junioren-WM Bronze

«Ehrlich gesagt spüre ich noch Nachwehen», sagt Philipp Siegrist. Muskelkater und Müdigkeit erinnern den Rothrister an die Woche an den Junioren-Weltmeisterschaften in Jesolo. «Extrem aufregend war es», sagt er. Eine Art Kampf war schon die fast achtstündige Autofahrt nach Italien, auf der er «sehr angespannt» gewesen sei. Als Erstes stand im Palazzo del Tourismo nämlich der Gang auf die Waage an. Philipp Siegrist startet in der Gewichtsklasse Junioren bis 79 Kilogramm, darf also nicht schwerer sein als diese Marke. «Und allzu viele Reserven habe ich da nicht», so der 17-Jährige. Schliesslich stimmte das Gewicht, «und ich durfte etwas essen». Am «freien» Montag fieberten die Schweizer der Auslosung entgegen, bis die Coaches ihnen die Gegner bekannt gaben. Allzu viel will Philipp Siegrist jeweils nicht wissen über den Kontrahenten, um auf der Matte nicht zu verkrampft zu agieren. Philipp Siegrist tritt im Pointfight an. Dort lautet das primäre Ziel, definierte Punkte durch kontrollierte, erlaubte Techniken schnell, agil und fokussiert zu erzielen.

Gegen Amerikander, Polen, Ungaren

In der unmittelbaren Vorbereitung auf einen Kampf lege der mehrfache Nachwuchs-Schweizer-Meister bereits viel Reife an den Tag, findet sein Vater Daniel Siegrist, der im Kickboxing Club Lotos Rothrist dessen Trainer ist und dort auch als Präsident amtet. Und so nahm sich Philipp Siegrist vor dem Duell mit dem Amerikaner Casey Montgomery nach dem Aufwärmen und letzten Tipps der Coaches wie gewohnt Zeit für sich, um sich zu konzentrieren. Mit 8:7 wies der Rothrister seinen Kontrahenten in die Schranken, nachdem er acht Sekunden vor Schluss noch in Rückstand gelegen hatte. Eine Niederlage hätte das Turnieraus bedeutet. Der Druck ist hoch für die jungen Sportler. «Der erste Kampf ist immer der schlimmste», formuliert es Philipp Siegrist. Du weisst: wenn du verlierst, ist alles vorbei, nachdem du dich Monate auf genau jenen Moment vorbereitet hast.» Er bewahrte die Nerven und bezwang in der zweiten Runde den Polen Klaudiusz Swistulski in einem engen Fight mit 11:10. Den Einzug ins Finale verpasste er durch die 4:12-Niederlage gegen den Ungaren Szasz Kristof. «Ich kassierte einen harten Schlag. Dann ging es mental etwa eine halbe Minute lang bergab, bis ich mich fing. Aber da hatte ich schon zu viele Treffer kassiert», so Siegrist, der wie der andere Halbfinal-Verlierer auf dem Bronzeplatz klassiert wurde.

Späte, aber grosse Freude

Die Enttäuschung über den verpassten Fight um Gold war beim ehrgeizigen Sportler zuerst gross. «Aber am nächsten Tag, bei der Siegerehrung, konnte ich mich dann über Bronze freuen.» Auch, weil Philipp Siegrist bewusst wurde, dass er mitten in der Weltspitze angekommen war. 2200 Kämpfer aus 62 Nationen, die Besten der Besten im Nachwuchsbereich, waren in Jesolo am Start. «Die Medaille ist mein bisher grösster Erfolg und motiviert mich sehr», sagt Philipp Siegrist heute. Sein Edelmetall war nicht das einzige, das die sieben angetretenen Schweizer heimbrachten. Roy Cipriano, Sohn von Verbands-Sportchef Rocco Cipriano, ist Weltmeister bei den Old-Cadets bis 63 kg. Dillon Hegarty gewann Silber bei den Junioren Kicklight bis 79kg. «Damit ein solcher Erfolg möglich ist, muss alles zusammenpassen», betont Daniel Siegrist, der seinen Sohn vor Ort unterstützte, während die Mutter zuhause den Liveticker verfolgte.

Nur wenn alles stimmt, klappt es

Die Schweizer Junioren profitieren enorm von den Nationalteamzusammenzügen, von qualifizierten Trainern wie Philipp Siegrists Coach Andrea Faggiano und vom Teamspirit im Kader. «Die Mädels und Jungs motivieren sich gegenseitig», sagt Daniel Siegrist. Wer es an die Spitze schaffen wolle, brauche zum einen Trainingsfleiss – sein Sohn trainiert dreimal pro Woche im KBC Lotos, monatlich mit dem Kader. Daneben feilt er an seiner Ausdauer und an der Technik. Und auch das Umfeld muss stimmen: «Es braucht nur eine kleine Hürde, Schwierigkeiten in der Lehre oder in der Schule, familiäre Sorgen, eine Verletzung, schon ist man weg vom Fenster.»

Bei Philipp Siegrist, der in Zofingen die KV-Ausbildung absolviert, stimmt derzeit anscheinend alles. Seine grosse Stärke liegt laut den Trainern im mentalen Bereich. Auf nationaler Ebene tritt er bereits gegen die Erwachsenen an, die zum Teil grösser und muskulöser sind. «Das muss man erst packen», betont Daniel Siegrist.